Haseldorf. Haseldorfer Landwirt setzt auf neue Pflaumen-Sorte. Überdachte Anlagen sollen Qualität und Ertrag verbessern. Der Apfelverkauf sinkt.

Reneklode ist für Wolfgang Krieger und seinen Sohn Torben das Zauberwort. Damit wollen die Obstbauern aus der Haseldorfer Marsch neue Kunden gewinnen. „Die Edelpflaume schmeckt süßlicher als ihre Verwandten. Sie ist kleiner und weicher“, erklärt der Seniorchef. Der Kunde muss nicht kräftig kauen, sondern kann die Frucht vielmehr zwischen Gaumen und Zunge zerdrücken.

„Das funktioniert ähnlich wie einen Hamburger zu essen“, sagt Krieger. Als potenzielle Kunden hat er Eltern im Blick, die bereits seit ihrer eigenen Jugend das Geschmackserlebnis Hamburger kennen und mögen. Die gut Verdienenden unter ihnen sind nach seinen Beobachtungen auch eher bereit, für sich und ihre Kinder mehr Geld für gesunde Ernährung auszugeben. Die grünen bis gelben Renekloden sind teurer als Pflaumen und Zwetschgen.

Drei Jahre vom Pflanzen bis zu der ersten Ernte

Der 54-jährige Krieger und sein Sohn sind auf der Suche nach neuen Absatzmöglichkeiten. Jedes Jahr sinke der Apfelabsatz in den Supermärkten bundesweit um zwei Prozent, erklärt er. 80 bis 90 Prozent seiner Ernte gehe an den Zwischenhandel und von dort in die großen Läden. Den Rest vermarkten die Kriegers in ihrem Hofladen am Altenfeldsdeich. Außer Äpfeln verkaufen die Kriegers auch Süß- und Sauerkirschen, Zwetschgen und Erdbeeren.

Bald fangen die Kirschen an zu blühen

Die Vegetation hinkte nach der ungewöhnlich harten Kälteperiode im März in der Haseldorfer Marsch noch hinterher, sagt Obstbauer Wolfgang Krieger. Doch angesichts der vergangenen warmen Tage bewegt sich die Entwicklung wieder im Mittel der zurückliegenden Jahre.

Der Beginn der Kirschblüte zeichnet sich bereits ab, die Apfelblüte soll ein paar Tage später kommen. Erst danach will Krieger eine Prognose über die bevorstehende Obsternte wagen.

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Ein wenig warten muss der experimentierfreudige Obstfreund, bis er die ersten Renekloden bei Krieger kaufen kann. Gerade erst sind die Bäumchen gepflanzt worden, und es dauert drei Jahre, bis sie Ertrag abwerfen. Ein entscheidendes Detail fehlt auch noch. Die Reneklodenbäume sollen überdacht werden. „Wir hatten bereits Renekloden, doch wir waren mit dem Ertrag nicht zufrieden“, sagt Torben Krieger. Die Früchte wuchsen nicht richtig aus, waren nicht so süß, und durch Regen entstand erheblicher Schaden. Durch die Überdachung sollen die Bäume besser geschützt, der Ertrag besser werden.

Über ein Nischenprodukt wird die zur Familie der Rosengewächse gehörende Frucht auch bei den Kriegers nicht hinauskommen. „Wir sind bisher die Einzigen in der Haseldorfer Marsch, die auf Renekloden setzen“, sagt Wolfgang Krieger.

Neue Sorten sind bei den Obstbauern voll im Trend

Torben Krieger pflanzt ein Reneklodebäumchen
Torben Krieger pflanzt ein Reneklodebäumchen © HA | Thomas Pöhlsen

Eine selten angebaute Frucht ist die Edelpflaume auch in anderen Gebieten, weiß Matthias Görgens, stellvertretender Leiter der Obstbauversuchsanstalt Jork (Landkreis Stade). Seine Kollegen und er beraten die Obstbauern nicht nur im Alten Land, sondern auch in Schleswig-Holstein. Und doch liegen die Kriegers voll im Trend. Obstbauern setzen auf Innovationen und dabei besonders auf den überdachten Anbau. „Vor 40 Jahren wurden erstmals Netze über die Bäume geworfen“, erinnert sich Görgens. Damit sollten die süßen Früchte vor Vögeln geschützt werden. Vor ungefähr zehn Jahren begannen die ersten Landwirte, mit Überdachungen zu arbeiten, die im Frühjahr auf- und nach der Ernte wieder abgebaut wurden. Insbesondere bei Kirschen hat sich dieser Trend durchgesetzt. 50 Prozent aller Kirschplantagen in Schleswig-Holstein und Niedersachsen verfügen derzeit über diese Innovation, sagt der Anbaufachmann.

Die Überdachung kommt der Qualität der Früchte zugute. Das Steinobst wird größer und bekommt ein intensiveres Aroma. „Der Kunde will das bestmögliche Produkt“, sagt Görgens. Außer der Qualität spielt auch der Ertrag eine Rolle. Es gibt weniger Verlust durch Wettereinflüsse. „Bei nicht überdachten Anlagen gab es im vergangenen Jahr bei Süßkirschen rund 50 Prozent Verlust durch die starken Regenfälle“, sagt Görgens.

Rockit-Äpfel sind die nächste Innovation

Wie die Kriegers suchen die Obstbauern aber auch nach immer neuen Sorten, mit denen der Kunde gelockt werden kann. Eine Vorreiterrolle kam der Apfelsorte Pink Lady zu. Die wurde mit viel PR-Aufwand als neue Sorte auf dem Markt etabliert. Wer die süße, mit wenig Säure ausgestattete Frucht anbauen will, muss eine Lizenzgebühr entrichten, anders als bei altbekannten Sorten wie Boskop, Jonagold oder Elstar. Dafür ist aber auch ein höherer Preis erzielbar. „Pink Lady wächst allerdings bei uns nicht“, berichtet Görgens. Hierzulande sei es nicht warm genug.

Mit den Rockit-Äpfeln steht nach Aussage des Obstbauexperten schon die nächste Innovation in den Startlöchern. Die Früchte sind klein, süß und haben wenig Säure. Geschmacklich kommen sie damit den geänderten Bedürfnissen der Kunden entgegen.

Die Äpfel en mi­ni­a­ture sollen gesunder Snack zwischendurch sein und werden in Plastikröhren im Raketenlook – ähnlich der Dosen für Tennisbälle – verkauft. Eine neuseeländische Firma hat Rockit erfunden. Die findigen Unternehmer wollen jetzt auch den nordamerikanischen und europäischen Markt erobern.

Bei der Suche nach neuen Sorten spielt den Obstbauern auch der Klimawandel in die Karten. „Vor einiger Zeit dachten wir noch, den Braeburn können wir nie bei uns anbauen“, sagt Görgens über den in Neusseeland gezüchteten Apfel. Doch eine Erwärmung um drei Kelvin innerhalb von 30 Jahren macht es möglich, den einstigen Exoten auch hierzulande anzubauen. „Heute ist jeder zehnte Apfelbaum an der Unterelbe ein Braeburn.“