Haselau. Die schlechte Ernte macht den Obstbauern an der Unterelbe zu schaffen. Das Frühjahr war zu kalt. Steigen jetzt die Preise?

Die Stimmung ist schlecht bei den Obstbauern an der Unterelbe. „So etwas habe ich in meiner mehr als 40-jährigen Berufspraxis noch nicht erlebt“, sagt Georg Kleinwort. Ein Drittel weniger Äpfel und nur die Hälfte der Birnen eines normalen Jahres hängen an den Bäumen. Richtig schlimm sieht es bei Pflaumen und Zwetschgen aus. „Da liegt der Ertrag bei nur fünf bis zehn Prozent eines normalen Jahres“, sagt der Obstbauer aus Haselau.

Die erheblichen Ernteausfälle führt Kleinwort auf das viel zu kalte Frühjahr zurück. „Die Insekten konnten nicht fliegen, die Blüten wurden nicht bestäubt“, sagt er, der sich auch als Vorsitzender des Kreisbauernverbandes für die Belange seiner Kollegen einsetzt. Bienen fliegen erst, wenn es wärmer als 13 Grad Celsius sei, erklärt er. Im April bis Anfang Mai lagen aber

die Temperaturen für längere Zeit deutlich darunter. Einige Bauern setzten verstärkt Hummeln ein, die bereits ab sechs Grad Celsius die Blüten bestäuben. Das hat ihre Verluste ein bisschen gemindert.

Von Anlage zu Anlage können die Ernteeinbußen unterschiedlich ausfallen, sagt der Seniorchef des Obstgutes Deekenhörn. So ist es am Geesthang bis zu drei Grad wärmer als auf den Plantagen in Elbnähe. Der Hof der Kleinworts liegt direkt hinter dem Elbdeich.

Zu schaffen machen den Landwirten noch andere Wetterkapriolen. „15 bis 20 Prozent der Äpfel sind verhagelt“, sagt Kleinwort. Der Hagel hinterlässt Spuren auf den Früchten, „für den Markt ist das nichts mehr“. Das Obst kann nur noch zu Saft vermostet werden. Für diese Äpfel bekommt der Erzeuger einen deutlich geringeren Preis.

Die Erträge gehen in diesem Jahr europaweit zurück

Im vergangenen Jahr war die Ernte sehr gut ausgefallen. Bei einige Sorten, wie Elstar und Boskop folgt auf einem Jahr mit gutem häufig ein Jahr mit schlechtem Ertrag. In diesem Frühjahr sah es anfangs jedoch nicht danach aus. „Diese Sorten haben so viele Blüten getragen, dass es für eine gute Ernte gereicht hätte“, sagt Kleinwort. Doch die Bestäubung fehlte.

Die Erträge gehen in diesem Jahr auch in anderen Ländern zurück, so die ersten Schätzungen von Fachleuten. Durchschnittlich elf Millionen Tonnen Äpfel werden jährlich europaweit produziert. 2017 wird mit einem Ertrag von zehn Millionen Tonnen gerechnet.

Angesichts der sinkenden Erträge rechnet der erfahrene Landwirt mit steigenden Erlösen, die sein Berufsstand von den Abnehmern, den großen Handelsketten, bekommt. Ob das bis auf die Preise in den Supermärkten durchschlägt, ist aus seiner Sicht noch nicht ausgemacht. Gut möglich, dass der Handel auf einen Teil der Erlöse verzichtet und die Preise stabil hält.

Von den Handelsketten gab es schon den Hinweis, die Erzeuger sollten die Preisspiralen nur nicht überdrehen, berichtet Kleinwort. „Als die Preise sanken, hat uns der Handel auch nicht geholfen“, hält er dagegen.

Für ihn ist es dringend notwendig, dass die Obstbauern mehr für ihre Produkte bekommen. „Wir haben zwei Jahre unter unseren Herstellungskosten verkaufen müssen“, sagt der Haselauer. Viele seiner Kollegen hätten geplante Investitionen auf die lange Bank geschoben. Grundsätzlich ist aus seiner Sicht der Apfel zu billig. „Seit der Einführung des Euro vor 15 Jahren liegt der Kilopreis im Supermarkt bei 1,98“, sagt er. Legt man eine Lohnsteigerung von zwei bis drei Prozent pro Jahr zugrunde, müsste der Preis deutlich gestiegen sein. Um den Ertrag zu steigern, wurde in bessere Lagertechnik oder kleinere Bäume investiert. Diese Bereiche sind nach Aussage des Experten jedoch weitgehend ausgereizt.

Junge Menschen kaufen immer weniger Obst

Ein weiterer Trend macht den Obstbauern im Kreis Pinneberg zu schaffen. „Die Direktvermarktung wird immer schwieriger“, sagt Kleinwort. Die Bauern verkaufen weniger Äpfel ab Hof oder auf den Wochenmärkten. Es gebe immer mehr Singles, die in der Kantine essen oder holen sich etwas vom Imbiss holen. Das Obst hat seinen Platz im Speiseplan verloren. Einige jüngere Menschen empfänden zwar den Einkauf auf dem Wochenmarkt als Event. Sie kauften jedoch deutlich geringere Mengen ein, sagt Kleinwort.

Wer die neue Ernte testen will, der kann schon die Frühsorten wie Alkmene und Delbarestivale kaufen. Die ersten Früchte der Hauptsorten werden voraussichtlich ab der zweiten Septemberwoche gepflückt.