Wedel/Itzehoe. Beweislage ignoriert, Gutachten vergessen: Schwere Vorwürfe der Anwälte. Angeklagte äußern sich am zweiten Prozesstag nicht zu der Tat.

Schweigen auf der Anklagebank: Am zweiten Prozesstag vor dem Landgericht Itzehoe um die Wedeler „Disco-Brandstiftung“ wollte sich keiner der drei Angeklagten zu den Vorwürfen äußern. Dafür ergriffen die Verteidiger Michael Gubitz und Martin Lembke das Wort. Sie vertreten den Hauptangeklagten Deniz B. (37), der laut Anklage die von ihm betriebene Disco an der Rissener Straße anstecken ließ – und sie rechneten knallhart mit der Ermittlungsarbeit der Kripo und dem Verhalten von Staatsanwaltschaft und Gericht ab.

„Die Ermittlungen verliefen einseitig, es wurde immer nur versucht, Herrn B. zu überführen“, so Gubitz. Trotzdem gebe es nur einen Beweis – nämlich das Geständnis des Mitangeklagten Peter S. (38) im Ermittlungsverfahren. „Viermal hat die Polizei ihn nach dem Brand vernommen, viermal hat er alles abgestritten“, so Gubitz. Erst beim fünften Mal, als die Beamten mit einem Durchsuchungsbefehl anrückten und bei Peter S. der Eindruck einer Verhaftung entstehen musste, habe er sich eingelassen.

Weil alle Telefonüberwachungen erfolglos geblieben wären, hätte die Polizei Peter S. mit einem versteckten Mikrofon ausgestattet zu einem Treffen mit Deniz B. geschickt. „95 Minuten haben sie sich unterhalten, aber es ergab sich kein Täterhinweis auf Herrn B.“ Gubitz warf Polizei und Staatsanwältin auch Ermittlungsmanipulationen vor. So seien zwei Brandgutachter der Versicherung zu unterschiedlichen Erkenntnissen gelangt, was die Ursache des Feuers angeht. Gubitz: „Aber kein Gutachten passt zur Aussage des Herrn S.“ Die Staatsanwaltschaft habe es dagegen ganz versäumt, ein eigenes Brandgutachten erstellen zu lassen. „Erst vorige Woche hat das Gericht einen Gutachter bestellt – elf Monate nach dem Feuer.“

Mitverteidiger Lembke ergänzte, dass sein Mandant 300.000 bis 400.000 Euro von der Versicherung erhalten hätte. „Ihm lag ein Kaufangebot eines seriösen Geschäftsmanns vor, das bei mehr als 400.000 Euro lag. Warum hätte er den umständlichen Weg wählen sollen, die Disco abzubrennen, statt sie zu verkaufen?“ Der Laden sei gut gelaufen, Veranstaltungen für die Zeit nach dem Brand seien terminiert gewesen.

Das bestätigte als erste Zeugin Sevgi T. (30), die Freundin des Disco-Betreibers. Sie habe am Vormittag nach der Brandnacht von den Ereignissen erfahren. „Ich konnte Deniz nicht erreichen, bin dann mit einer Freundin nach Wedel gefahren.“ Dort habe sie den Mitangeklagten Peter S. getroffen, der laut Anklage gemeinsam mit Mehmet P. (36) das Feuer gelegt haben soll. „Er war für mich viel zu gelassen.“

Anders sei es mit ihrem Freund gewesen, als sie ihn abends traf. „Er war total weg, hatte knallrote Augen. Sein Laden war sein Ein und Alles, er war so stolz drauf.“ Es habe in der Disco häufig technische Probleme gegeben. „Deniz sagte, er habe keine Ahnung, was passiert ist. Er vermutete einen technischen Defekt.“

Laut ihrer Aussage hatten Deniz B. und Peter S., der als eine Art Hausmeister agierte, als einzige einen Schlüssel zu der Disco. „Das Verhältnis zwischen den beiden war gut, so wie es zwischen Chef und Mitarbeiter üblich ist.“ Auch Gürkan E. (24) arbeitete für Deniz B., war am Brandabend als DJ in B.s anderem Club in Hamburg eingesetzt. „Ein Bekannter hat ihn angerufen und von dem Brand erzählt. Er ist sofort zum Auto gelaufen.“ Er selbst sei wenig später gemeinsam mit einem Kollegen auch nach Wedel gefahren, um sich die Brandstelle anzusehen. „Wir sind dort auf Deniz getroffen, er hat geweint. Ich war da, um ihn zu trösten.“

Zwei weitere geladene Zeugen waren nicht erschienen. Der Prozess wird am 14. Mai fortgesetzt.