Tornesch. Die Kandidaten für den Chefsessel im Tornescher Rathaus stellen sich in der Klaus-Groth-Schule den Fragen von 450 Zuhörern.
Der Bürgermeisterwahlkampf geht in die heiße Phase. Und für die viel beschworene Politikverdrossenheit gibt es zumindest in Tornesch keine Anzeichen: Etwa 450 Bürger pilgern am Mittwochabend in die Aula der Klaus-Groth-Schule. Sie wollen sehen, wofür die drei Bewerber für das Bürgermeisteramt stehen, welche Qualifikationen sie vorweisen können, wie sie Tornesch gestalten wollen. Rund zweieinhalb Stunden stellen sich Sabine Kählert, Maike Münster (beide parteilos) und Bernhard Janz (CDU) den Fragen der Bürger. Und die haben viele Fragen im Gepäck.
Klare Positionen beim Thema Polizeistation
Der Auftritt der Kandidaten könnte unterschiedlicher kaum sein. Münster steht auf der Bühne, leger in Jeans gekleidet und locker kumpelhaft plaudernd. Sie gibt sich familiär. Janz hingegen steht im dunklen Anzug auf der Bühne, propagiert sich als heimatnahen, wirtschaftskompetenten und humorvollen Menschen.
Die Tornescher Amtsleiterin Sabine Kählert tritt auf, wie man sie in Tornesch kennt: Korrekt gekleidet mit Kleid und Blazer, sachlich, manchmal etwas kühl, mit zunehmender Dauer locker und witzig. Dass sie über enorme Fachkompetenz verfügt, diesen Trumpf spielt sie an diesem Abend mehrfach aus.
Etliche Punkte beschäftigen die Tornescher. Die Verkehrslage, die Finanzen der Stadt, Sicherheit, Wirtschaftsförderung, schnelles Internet, Vereinsnachwuchs, Kitas und Schulen sind nur einige Punkte. Wie sollen die Probleme, die Tornesch hat, gelöst werden?
Das sind die Kandidaten
Beispiel Verkehr: Bei der Verkehrssituation, so Kählert, gebe es wenig Spielraum hinsichtlich der Entlastungsstraße K 22 und drittem Bahngleis, die Entscheidungen hierzu würden von Kreis, Land und Bund gefällt. Die K 22 sei auf dem Weg, aber eine Tunnelung bei Prisdorf sei zusätzlich nötig, ebenso mehr Park+Ride Flächen, mehr Unterstützung für die Bürgerinitiative „Starke Schiene“ und mehr sowie bessere Radwege. Viele Entscheidungen müssten aber von der Politik gefällt werden. Die Verwaltung setze nur Beschlüsse um. Janz sieht die Sache ähnlich, glaubt aber, ein Schienenbus nach Uetersen könne helfen. „Ich finde den charmant“, sagt Janz. Münster hingegen glaubt, dass intelligente Ampelsysteme und Rechtsabbiegerpfeile helfen könnten. Auf bestehende Gutachten zum Verkehr vertraut sie nicht. Den Sinn vieler Gutachten bezeichnet sie als „fragwürdig“. Sie seien kostspielig und brächten wenig.
Thema Polizei: Hinsichtlich der Sicherheit in Tornesch will Janz Druck auf Ministerpräsident Daniel Günther ausüben, damit wieder eine Polizeistation eingerichtet wird. Kählert will dies nicht. „Ich möchte mehr Personal in die Polizeistation in Uetersen bekommen“, sagt sie. Das sei möglich und würde Tornesch helfen. Dass das Rad zurückgedreht werde, sei unrealistisch. Münster, die bei der Polizei arbeitet, sieht auch wenig Optionen. „Die Einsparungen sind vom Land beschlossen“, sagt sie. Dennoch: „Sicherheit und Ordnung müssen wieder her.“
Beispiel Bildung: Einer Reform bedürfe es bei der Ausbildung an Kitas, sagt Kählert. Die Ausbildung für Erzieher müsse einfacher werden, ein duales System eingerichtet werden und die Bezahlung stimmen. Nur so sei der Mangel an Erziehern zu bekämpfen. „Wir brauchen andere Gesetze.“ Dafür müsse geworben werden. Ohne eine Ausbildungsreform könne Tornesch noch so viele Kitas bauen, das Problem des Fachkräftemangels würde bestehen bleiben.
Kritik: Zu wenig umsetzbare Ideen der Kandidaten
Janz glaubt, dass ein „kleines Stipendium“ der Stadt mehr Bewerber nach Tornesch locken könnte. Es sei im Konkurrenzkampf mit anderen Kommunen um Fachkräfte einen Versuch wert. Münster glaubt, dass generell mehr Praktika angeboten und Kitas und Schulen mit Puffer für die Zukunft gebaut werden müssten.
Viele weitere Fragen gibt es und noch mehr Antworten. Aber war das den Bürgern konkret genug? Den Kandidaten wird vorgeworfen, sie „eiern viel herum“, es gebe wenig konkrete Ideen, die umgesetzt werden könnten. „Ich bin weit davon entfernt, etwas zu versprechen, was wir nicht halten können“, sagt Kählert. Bürgermeister könnten vieles in die Wege leiten, aber nicht alles. Der Großteil der Entscheidungen obliege der Politik.