Tornesch. Roland Krügel ist der dienstälteste hauptamtliche Bürgermeister in Schleswig-Holstein. Bei der Wahl am 6. Mai tritt er nicht wieder an.
Den schelmischen Blick eines kleinen Jungen, den hat er nie verloren. Auch nach 32 Jahren harter, oftmals mühsamer, manchmal auch frustrierender Arbeit nicht. Inzwischen ist er dienstältester hauptamtlicher Bürgermeister im Land. Wenn Roland Krügel über seine Zeit als Bürgermeister in Tornesch redet, dann ist da immer wieder dieses Funkeln in den Augen. Dass „König Roland I.“, auch „König von Tornesch“ genannt, schon bald nicht mehr in der Stadt die Fäden ziehen wird, daran werden sich viele erst gewöhnen müssen. Krügel selbst auch.
„Das ist für mich noch völlig irreal“, sagt Krügel und hält seinen Antrag für Rentenansprüche in die Luft. Die Zeit nach der Wahl eines Nachfolgers am 6. Mai (offizielles Ende der Dienstzeit ist am 30. Juni) wird eine Zäsur darstellen – in mehrfacher Hinsicht. Für Krügel bedeutet es, Abschied und Abstand von der aktiven Politik nehmen. Für die Stadt bedeutet es, dass sie ihren wichtigsten Strippenzieher verliert. Denn wenn Krügel etwas in all den Jahren als Verwaltungschef gelernt hat, dann ist es, Kontakte aufzubauen, zu pflegen und zum Nutzen der Stadt einzusetzen. Unzählige Förderanträge für städtische Projekte hat der inzwischen 65-Jährige an Land gezogen. Denn im Laufe der Jahre hat er verstanden, kreative Lösungen zu erarbeiten, die der Bewilligung von Förderanträgen gerecht werden. „Ich weiß halt, wie Lyrik mit ü funktioniert“, sagt er mit diesem typischen Funkeln in den Augen. Was er meint, ist „Bürokratie-Lürik“, die zwar nichts mit Lügen zu tun hat, aber schon mit der für einen positiv zu bescheidenden Antrag passenden Formulierung. Für viele Projekte brauchte Krügel den Rückhalt im Rat und den Ausschüssen. Und den bekam er oft.
Dabei war der Start in Tornesch alles andere als einfach für ihn. 1986 wurde Krügel Bürgermeister, damals noch in der Gemeinde Tornesch. Die SPD mochte ihn zunächst gar nicht. „Die Ablehnung, die mir anfangs entgegenschlug, die machte es mir schon schwer“, sagt er. Inzwischen, so sagt er, komme er, der ein CDU-Parteibuch besitzt, mit der SPD sehr gut klar. Das liege sicher auch daran, dass er nie Parteipolitik gemacht habe. „Das ist nicht meins. Mir war ein Projekt wichtig, nicht das politische Drumherum“, betont Krügel. Was lässt sich umsetzen? Wenn nötig, ist er „mit der Ölkanne“ bei allen Parteien vorstellig geworden. „Alle Parteien wollen am Ende gut dastehen.“ Kompromisse auszuhandeln, das habe ihm Spaß gemacht. Und auch, dass er die Parteien öfter geschickt in seinem Sinne lenken konnte. „Was ich gut konnte, ist, allein durch meine Wortbeiträge zu erreichen, dass meine Wünsche letztlich umgesetzt wurden.“ Das habe oft funktioniert. Manchmal, so gibt er zu, aber auch gar nicht.
Zwei Frauen und ein Mann kandidieren
Auch seine schnelle Auffassungsgabe habe es ihm oft ermöglicht, Dinge in neue Bahnen zu lenken. Weniger positiv beurteilt Krügel seine Ungeduld. Vieles hätte er gern schneller gemacht, zügiger Ergebnisse gesehen. Das sei nicht immer gut angekommen. Doch die Ungeduld hatte einen Grund. Etwa bei der Umgehungsstraße K 22. „Wir haben früh unseren Teil getan“, sagt er. Dass Kreis und Land und die Gerichte das Prozedere hinausgezögert haben, wurmt ihn. Denn den Verkehrsstau, den er täglich vor dem Rathaus sieht, der müsste nicht sein. Seine Nachfolgerin oder sein Nachfolger wird bei dem Thema Verkehr viel Arbeit vor sich haben. Aber auch die Planungen für das Neubaugebiet Tornesch Am See müssen abgeschlossen werden, der Gewerbepark Oha II, der Ausbau der Schulen und die Entwicklung des Stadtzentrums. Viel, viel Arbeit.
Mehr als Bürgermeister von Tornesch wollte er nie werden
Aber vieles habe die Verwaltung unter seiner Führung gut umgesetzt. Etwa den guten Zustand der Feuerwehren, den Bau der Klaus-Groth-Schule, die Baugebiete am Pinnauring oder auf der Struckschen Koppel, die Ansiedlung von Hawesko, HellermannTyton, Medac – es gäbe noch so viel zu erzählen.
Den Drang zu Höherem – Landrat, Landtag, Bundestag – hatte Krügel nie. „Ich bin hier glücklich“, sagt er. Ein Wechsel auf einen anderen Posten hätte nämlich bedeutet, dass er sich wieder von Null hätte einarbeiten müssen. „Ich wollte lieber Projekte weiterführen, gestalten. Das kann ich hier gut“, sagt er. Auch, weil er mit Zeitgenossen in der Region ein sehr gutes Miteinander pflegte. „Mit Uetersens Bürgermeister Karl Gustav Tewes habe ich mich sehr gut verstanden. Damals wollten wir eine Städtefusion“, sagt Krügel. Der erste Versuch scheiterte, genauso ein zweiter und dritter. Das ärgert ihn, es seien Chancen vertan worden.
Sieben Ministerpräsidenten hat Krügel im Laufe seiner Karriere miterlebt. Barschel, Schwarz, Engholm, Simonis, Carstensen, Albig und nun Günther. Einige seien „nur Schnacker“ gewesen, hätten Versprechungen nicht eingehalten. Als „Schnacker“ will Krügel selbst nur einmal im Leben auftreten: Bei der internen Abschiedsfeier im Rathaus. „Wir machen hier eine Party.“ Dann wird er allen „Tschüs“ sagen – und Dauerurlaub machen. Und dann? „Weiß noch nicht“, sagt Krügel und lacht – mit diesem schelmischen Blick.