Schenefeld. Busfahrer werden händeringend gesucht. Die VHH in Schenefeld hat jetzt mit Nico Patschinski einen prominenten Mitarbeiter gefunden.

Er war als Caterer, Paketzusteller und zuletzt als Bestatter tätig. Der ehemalige St. Pauli-Profi Nico Patschinski hat nach dem Ende seiner Fußballkarriere viel ausprobiert. Sein neuer Job führt ihn nach Schenefeld – zu den Verkehrsbetrieben Hamburg-Holstein (VHH). Dort ist er seit dieser Woche als Busfahrer tätig – dank einer Umschulung der Agentur für Arbeit.

Nach Angaben des Bundesverbands Deutscher Omnibusunternehmen haben viele Betriebe Probleme, Fahrer zu finden. Bei den VHH arbeiten konzernweit 1300 Chauffeure. „80 bis 90 Mitarbeiter aus dem Bereich verlassen uns pro Jahr. Jeweils ein Drittel geht in Rente, kündigt von selbst oder wird von uns gekündigt“, sagt VHH-Personalchefin Verena Bouquet. Weil ihr Unternehmen mehrere neue Projekte startet, suche es in diesem Jahr 100 neue Busfahrer. „Das wird nicht einfach, weil auch die Hochbahn als unser Mitbewerber die gleiche Anzahl an Stellen besetzen will.“

Der Markt ist laut der Personalchefin zunehmend leer. „Wir haben gemeinsam mit der Marketingabteilung erste Ideen entwickelt, um diese Herausforderung zu bestehen“, sagt Verena Bouquet. Die Firma werbe auf Flyern, auf den Monitoren in den Bussen und auch auf den Bussen selbst um neue Fahrer. Auch seien die Mitarbeiter angehalten, im Bekannten- und Verwandtenkreis nach geeigneten Bewerbern zu suchen. „Außerdem arbeiten wir sehr intensiv mit der Arbeitsagentur zusammen“, so die Personalchefin.

Über diese Schiene kam der einstige St. Pauli-Profi zu den VHH. „Die Frau vom Arbeitsamt schlug mir vor, eine Umschulung zum Busfahrer zu machen“, sagt Patschinski. Er habe nach der Karriere viele Jobs gemacht, jedoch nie Fall langfristige Verträge erhalten. Bei den VHH sei das der Fall. „Wir bieten unbefristete Arbeitsverträge, wollen erreichen, dass unsere Mitarbeiter so lange wie möglich bei uns bleiben“, sagt Personalchefin Bouquet. Die Sicherheit nennt Patschinski als Hauptgrund, warum er sich, ohne groß nachzudenken, für die Umschulung entschieden hat.

Bei der KViP arbeiten 110 Busfahrer

2340 Euro brutto verdient ein Busfahrer bei den VHH. Nach drei Jahren Tätigkeit ist eine Steigerung auf 2511 Euro im Monat wahrscheinlich. Das Unternehmen verfügt über einen Haustarifvertrag.

Die Kreisverkehrsgesellschaft in Pinneberg (KViP) als zweiter Anbieter hat keinen Haustarif, sondern zahlt den etwas höheren Tariflohn. „Wir beschäftigen 70 Busfahrer in Uetersen und 40 in Elmshorn“, sagt Prokuristin Birgit Riemenschneider. Die Fluktuation sei gering, das Unternehmen habe keine Probleme, die Stellen zu besetzen.

Zuletzt seien über eine Anzeige sowie im Freundes- und Bekanntenkreis der aktuellen Busfahrer neue Mitarbeiter rekrutiert worden. „Wir sind dicht an den Kollegen dran. Die Mitarbeiter fühlen sich bei uns wohl, weil sie keine Nummer sind“, so Riemenschneider.

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Der ehemalige Fußballprofi, mittlerweile dreifacher Familienvater, hat fünfeinhalb Monate Fahrschule, eine Prüfung in Theorie und Praxis und eine weitere Prüfung bei der Handelskammer hinter sich. Seit dieser Woche ist er mit Fahrgästen unterwegs – begleitet von Lehrfahrer Stefan Biesterfeldt. „Ich bin sehr dankbar, dass noch jemand da ist, der mir helfen kann“, so Patschinski.

Denn einfach ist der Job im anstrengenden Schichtdienst nicht. Der 41-Jährige muss nicht nur von der „Bergziege“ bis zum Gelenkbus alle Fahrzeuge der Firma beherrschen, er muss auch die Streckenführung der 27 Linien kennen, die vom Betriebshof Schenefeld bedient werden. Sie führen quer durch den Kreis Pinneberg bis nach Norderstedt, aber auch durch große Teile Hamburgs. „Bei uns fahren alle Fahrer alle Linien“, sagt Lehrfahrer Biesterfeldt. Hilfe gibt es nicht vom Navigationssystem, sondern lediglich in Papierform. Der 37-Jährige hält viel vom neuen Kollegen. „Ende Februar, spätestens Mitte März kann er allein fahren.“

Patschinski freut sich darauf. „Der Job ist abwechslungsreich, ich bin ein bisschen so was wie mein eigener Chef und kann selbstständig arbeiten“, sagt er. Anfangs sei alles sehr ungewohnt und auch nervenaufreibend. „Da kommt alles auf einmal. Man ist mit 100 Dingen gleichzeitig beschäftigt.“ Als Busfahrer sei man Einzelkämpfer, müsse das Fahrzeug sicher durch die Stadt chauffieren, mit den Fahrgästen kommunizieren und an den Haltestellen Fahrkarten verkaufen. „Das Handling mit dem Fahrkartendrucker ist eine der größten Herausforderungen neben dem Auswendiglernen der Linien“, sagt Patschinski.

Er kenne aus seinen früheren Jobs alle Sportplätze und Friedhöfe der Stadt, was ein Vorteil sei. „Menschen durch die Stadt gefahren habe ich ja vorher auch, wenn auch keine Lebenden. Außerdem ist jetzt der Wagen natürlich viel größer.“ Er könne den Job als Busfahrer nur weiterempfehlen. „Ich hätte das mal viel früher machen sollen.“ Erkannt worden sei er bisher nicht, so der 41-Jährige. Das kann sich schnell ändern. So führt die Linie 3 der VHH quer durch St. Pauli. Und das Unternehmen ist auch für den HSV-Shuttle zwischen Bahnhof und Stadion zuständig, den Patschinski demnächst mit seinem Lehrfahrer übernehmen wird. „Ich bin gespannt, was passiert, wenn da ein alter St. Paulianer am Steuer sitzt.“