Wedel. Anwohner berichten bei einer SPD-Veranstaltung von unzumutbaren Zuständen. Eine Abschaltung bis 2022 hängt von vielen Faktoren ab.

Mit Dreck überzogene Autos und Terrassen, Lackschäden, eine aus Sicht der Anwohner ungeklärte Gefahrensituation, eine komplizierte bis ablehnende Schadensregulierung und keine Hilfe in Sicht: Die Schilderungen von Kerstin Lueckow waren eindrücklich. „Das ist eine absolute Zumutung“, sagte die Sprecherin der Bürgerinitiative und sprach damit offensichtlich vielen Anwohnern aus dem Herzen. Sie waren zahlreich zur Veranstaltung der SPD geströmt, die am Donnerstagabend im Hotel Freihof am Roland zur Debatte über das Wedeler Heizkraftwerk geladen hatte. Lueckow übernahm dabei den Part, die Sicht der Anwohner zu erläutern.

Fragt man die Bewohner am Elbhochufer sollte das Kraftwerk am besten gestern stillgelegt werden. Sie haben von ihrem Nachbarn, der seit einer Revision im Juli 2016 durch Partikelausstöße auffällt, die laut Anwohnern ätzende Schäden auf Autos, Terrassen sowie Wintergärten hinterlässt, genug. „Das ist ein unhaltbarer Zustand. In ganz Deutschland gibt es so etwas nicht. Das ist eine Dauerstörung und muss sofort aufhören“, forderte Lueckow und wird darin sowohl von der Wedeler SPD als auch vom Landtagsabgeordneten Thomas Hölck unterstützt.

Dabei gab es zahlreiche Messungen, Um- und Aufrüstungen des Kraftwerks und verschiedene Gutachten: Allein der Partikelregen geht unvermindert weiter. Viele der Anwohner fühlen sich von der zuständigen Aufsichtsbehörde in Flintbek, dem LLUR (Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume) und der Wedeler Stadtverwaltung im Stich gelassen. Und so setzen viele ihre ganzen Hoffnung auf die ebenfalls anwesende Monika Schaal.

Die Sozialdemokratin ist Mitglied in der Hamburger Bürgerschaft, stellvertretende Vorsitzende nach Andreas Dressel und in der SPD umweltpolitische Sprecherin. Sprich: Schaal hat im rot-grün regierten Hamburg Gewicht, und sie brachte Fachwissen nach Wedel mit. Schleswig-Holstein ist für die Betriebsgenehmigung und Überwachung des Wedeler Kraftwerks verantwortlich, in Hamburg wird aber über die Zukunft der Anlage entschieden, die den Hamburger Westen mit Wärme versorgt.

Doch was Schaal während eines Kurzvortrags zum neuen Hamburger Wärmekonzept erläuterte, schmeckte den wenigsten. Denn der Vortrag der Politikern ließ erahnen, was für ein weiter und schwieriger Weg es bis zum geplanten Ersatz des Wedeler Kraftwerks durch verschiedene neue Erzeugungsquellen sein wird. Das erste große Hindernis: Hamburg und Vattenfall müssen sich bis Ende dieses Jahres über den Rückkauf des Wärmenetzes zu einem für die Stadt vertretbaren Preis verständigen. Zweitens müsste eine neue Fernwärmetrasse vom Hafen, unter der Elbe entlang durch die Elbvororte bis nach Bahrenfeld gebaut werden, damit der Hamburger Westen an die Wärmequellen im Süden der Stadt angeschlossen werden kann. Erst dann gehen in dem alten Wedeler Kraftwerk wie geplant 2022 die Lichter aus. Allerdings sind in dem Zeitplan keine Verzögerungen eingeplant, die zum Beispiel während des aufwendigen Genehmigungsverfahrens durch mögliche Klagen gegen die Trasse entstehen können. „Der Zeitplan ist sportlich“, räumte Schaal auf Nachfrage dann auch ein.

Umso mehr sorgten sich die Anwohner, wie sie bis dahin mit dem „kaputten Kraftwerk“ leben sollen und hofften auf ein Eingreifen Hamburgs. Ob man von den Problemen in Wedel wisse, wollten die Anwohner daher auch wissen. „Das ist bekannt“, sagte Schaal. Es fiel auf, dass sie sich laufend Notizen machte, während die Anwohner von den Problemen und ihren Versuchen, sich dagegen zu wehren, berichteten. Hölck versprach, das Anliegen erneut nach Kiel mitzunehmen.