Pinneberg. Nachdem Hochhausbewohner in Elmshorn wochenlang ohne Heizung auskommen mussten, regt sich auch in Pinneberger Komplex der Protest.
Der rotweiße Plattenbau ist schon von weitem zu sehen. Elf Stockwerke hoch ragen die Hochhäuser am Hindenburgdamm in den Himmel. Hier, unweit der Pinneberger Innenstadt, leben Hunderte Menschen auf engstem Raum. Und in Umständen, die zumindest fragwürdig erscheinen. Im Treppenhaus liegen rostige Rohre offen, draußen vor der Tür stellen herumliegende Kabel gefährliche Stolperfallen dar. Am Eingang zur Hausnummer 72 sucht der Besucher vergeblich einen Knauf. Findige Mieter haben einen Bindfaden an die Tür gehängt – nur wer daran zieht, kann das Hochhaus am Hindenburgdamm betreten.
Conrad Nowak wohnt seit Jahren in dem Komplex. „Früher war das mal eine super Anlage hier“, sagt er. Früher – das war, bevor das größte Wohnungsunternehmen Deutschlands die Häuser am Hindenburgdamm übernahm. Die in Bochum sitzende Vonovia hat ohnehin einen zweifelhaften Ruf. Zuletzt sorgte das Unternehmen Ende 2017 in Elmshorn für Schlagzeilen. An der Beethovenstraße saßen Mieter wegen einer defekten Heizungsanlage wochenlang frierend in ihren Wohnungen.
Die Medienberichte darüber hat Veit Ruppersberg mit Interesse gelesen. Schließlich leidet auch er unter den Zuständen in einem der Vonovia-Hochhäuser am Hindenburgdamm. Ruppersberg berichtet von mangelnder Schneeräumumg im Winter, von sich immer wieder verzögernden Bauarbeiten und von fehlender Beleuchtung vor dem Haus.
Das Urteil von Nachbar Dieter Rase fällt ebenfalls deutlich aus. „Hier wird nur das Nötigste und Billigste gemacht“, sagt der Mann, der seit 30 Jahren in dem Plattenbau lebt. Das tut er eigentlich ganz gern, wie er betont. Vom Hindenburgdamm sei man schnell in der Pinneberger Innenstadt, auch ins Grüne sei es nicht weit – die Banswiesen und der Pinnauwanderweg liegen um die Ecke.
Rase hat eine Vermutung, warum es bei der Vonovia, deren Aktien an der Börse gehandelt werden, nicht läuft. „Das Unternehmen ist zu groß“, sagt er. Der kurze Draht zwischen Mieter und Vermieter sei längst verloren gegangen. Alle Mieter berichten von langen Wartezeiten in der Telefonhotline der Vonovia. Immerhin gebe es seit kurzem die Möglichkeit, sich zurückrufen zu lassen. Rase hofft dennoch, dass sich Pinneberger Bundestagsabgeordnete des Themas annehmen – und für bessere Wohnbedingungen ihrer Wähler kämpfen.
Conrad Nowak steht vor eine Sperrholzplatte, mit der ein Fahrstuhlschacht zugesperrt wurde. Seit langem fährt hier kein Aufzug mehr. Der Lift daneben funktioniert zwar, allerdings gibt es keinen intakten Knopf, um die Kabine zu rufen. Im Inneren des Fahrstuhls, in dem es übel riecht, wird nicht angezeigt, in welchem Stockwerk die Passagiere sich befinden. „Man weiß nie, wo man gerade ist“, so Rase. Zudem bleibe der Lift ständig stecken. Das sei auch kein Wunder, schließlich diene die winzige Kabine Hunderten Mietern und Besuchern als Gefährt.
Auf dem deutschen Wohnungsmarkt ist die Vonovia der größte Anbieter. Das Unternehmen, Nachfolger der mit zweifelhaftem Ruf belegten Deutschen Annington, bietet bundesweit rund 350.000 Wohnungen an. Aktuell besitzt die Vonovia laut Unternehmensangaben rund 18.000 Einheiten im nördlichsten Bundesland. Auf die Anfrage, wann am Pinneberger Hindenburgdamm Besserung zu erwarten sei, gab es am Freitag Antwort von Unternehmenssprecherin Bettina Benner: „Wir bedauern, dass die Arbeiten an der Außenbeleuchtung noch nicht abgeschlossen sind, wir werden veranlassen, dass diese Arbeiten schnellstmöglich fertiggestellt werden.“ Die Vonovia werde Handwerkern nahelegen, Baustellen ordnungsgemäß zu verlassen. Die Aufzüge würden nacheinander saniert, von einem defekten Knopf sei nichts bekannt. „Gern gehen wir dieser Sache nach“, so Benner.