Elmshorn. Die Regionalleitstelle alarmiert qualifizierte Ersthelfer, wenn in deren Nähe ein Herz-Kreislauf-Stillstand gemeldet wird.
Wer zum App-Retter wird, wird unter Umständen zum Lebensretter. Seit wenigen Tagen greift die Regionalleitstelle in Elmshorn auf ein Netz von aktuell 1200 App-Rettern zurück. Sie werden alarmiert, wenn sich in der Nähe ihres Aufenthaltsortes ein Patient mit einem Herz-Kreislauf-Stillstand befindet. „Wenn drei Minuten nach Eintritt eines Herz-Kreislauf-Stillstands nicht mit den Wiederbelebungsmaßnahmen begonnen wird, kommt es zu irreversiblen Schäden, die wir im weiteren Verlauf der Rettungskette nicht mehr aufholen“, sagt Leitstellenleiter Stephan Bandlow.
Bundesweit könnten pro Jahr schätzungsweise 10.000 Menschenleben gerettet werden, wenn bei einem plötzlichen Herztod unverzüglich eine Herzdruckmassage eingeleitet werden würde. So schnell sind jedoch nur in den seltensten Fällen Notarzt oder Rettungssanitäter zur Stelle. „Wir können so kurze Reaktionszeiten nur dann erreichen, wenn wir qualifizierte Ersthelfer in der Nähe des Einsatzortes alarmieren“, so Bandlow weiter. Dieses Konzept werde mit den App-Rettern in den Kreisen Pinneberg, Steinburg und Dithmarschen – für sie ist die Elmshorner Leitstelle zuständig – erprobt. „Wichtig sind aktuelle Kenntnisse darüber, was bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand zu tun ist.“
Die Idee: Qualifizierte Ersthelfer akkreditieren sich mittels einer App auf ihrem Smartphone. Sie kann kostenlos bei Google Play oder im App-Store von Apple heruntergeladen werden. Eine Freischaltung erfolgt nur, wenn der App-Retter einen Qualifikationsnachweis vorweisen kann. Dieser kann eingescannt und über das Internet übermittelt werden. Die Überprüfung erfolgt durch das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), einem der Projektpartner. Das UKSH hat das Pilotprojekt namens „Meine Stadt rettet“ in Lübeck begleitet, das nun sukzessive landesweit zur Anwendung kommt.
In der Westküstenregion haben sich seit Beginn der Akkreditierungsphase Ende September mehr als 1200 qualifizierte Menschen in das Netzwerk der ehrenamtlichen Lebensretter aufnehmen lassen. Es sind Ärzte, Krankenschwestern, Arzthelferinnen, Rettungssanitäter oder auch Feuerwehrleute mit medizinischen Kenntnissen.
50.000 Fälle
Geht in der Leitstelle ein Notruf mit dem Stichwort Herz-Kreislauf-Stillstand ein, überprüft das Computersystem automatisiert, ob sich ein App-Retter im Radius von 500 Metern um den Notfallort aufhält. Ist das der Fall, erhält er eine Anfrage, ob er einsatzbereit ist. Erfolgt die Bestätigung, bekommt der App-Retter die Daten des Einsatzes übermittelt und ein Routingsystem führt ihn auf schnellstem Wege zum Einsatzort. Kann ein weiterer App-Retter in der Nähe lokalisiert werden, wird er zu einem Defibrillator gelenkt, um diesen zum Einsatzort zu bringen. Auf diese Weise verbessern sich die Überlebenschancen der Patienten – vorausgesetzt, es befinden sich App-Retter in der Nähe.
„Es müssen noch mehr werden“, sagt Volker Böhm, Leiter des Fachbereichs Einsatzdienst bei der Rettungsdienstkooperation in Schleswig-Holstein (RKiSH). Sein Unternehmen, das für den Rettungsdienst auch im Kreis Pinneberg zuständig ist, habe alle Mitarbeiter aufgefordert, sich als App-Retter registrieren zu lassen. „Die lebensrettenden Maßnahmen der ersten Minuten nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand sind an keiner anderen Stelle in der Rettungskette zu ersetzen, sie sind schnell zu erlernen und hoch effektiv“, sagt Dr. André Gnirke, ärztlicher Leiter der RKiSH.
Bereits seit zehn Jahren praktiziert die Leitstelle die telefonische Wiederbelebung. Personen, die einen solchen Notfall melden, werden telefonisch angeleitet, Herzdruckmassage zu leisten. Sie sollen nun durch die App-Retter wichtige Unterstützung erhalten.