Pinneberg. Ein Schweizer rast unbemerkt in den dunklen Wald an der A 23. Verkettung günstiger Umstände führt zu seiner Rettung.

Die Nacht hat ihre Dunkelheit über die Autobahn gelegt, die Piste verläuft schnurgerade, und so weit der Blick auch reicht, ist kein anderer Wagen zu sehen. Dann, womöglich als Folge einer Unachtsamkeit, geschieht es: Das Auto kommt von der Fahrbahn ab, verschwindet in einem dichten Gebüsch.

So sah das verunglückte Auto aus
So sah das verunglückte Auto aus © HA | Alexander Supthut

Verunglückt und verschollen – der Albtraum wohl eines jeden Autofahrers. Auf der A 23 bei Pinneberg ist er am Sonntagabend Realität geworden. Und es ist nur einer Verkettung günstiger Umstände zu verdanken, dass diese Geschichte noch einen verhältnismäßig glimpflichen Ausgang nimmt.

Es muss gegen 20.20 Uhr sein, als ein Schweizer mit seinem Opel GT die Anschlussstelle Pinneberg-Nord passiert; der 49-Jährige in dem im Kanton Aargau zugelassenen Sportwagen ist in Richtung Heide unterwegs. Von diesem Punkt an gilt – nach gefühlt unendlichen Kilometern voller Tempolimits – wieder freie Fahrt. „Der Mann war wahrscheinlich mit einer der feuchten Fahrbahn nicht angepassten Geschwindigkeit unterwegs“, wird Polizeisprecher Lars Brockmann später auf Anfrage mitteilen.

Gerade haben die Retter den Opel GT freigeschnitten
Gerade haben die Retter den Opel GT freigeschnitten © HA | Alexander Supthut

Jedenfalls kommt der GT nach rechts von der Fahrbahn ab und saust in ein Wäldchen. Günstiger Umstand Nummer eins: Die Bäume sind jung und flexibel, sie stoppen den Wagen nicht brutal, sondern biegen sich zur Seite. Allerdings richten sie sich hinter dem Auto auch wieder auf, als sei nichts geschehen.

Um 20.25 Uhr schrillen in Pinneberg die Funkmeldeempfänger der sogenannten Nachtschleife 2. Für 27 Helfer der Freiwilligen Feuerwehr heißt es jetzt: ausrücken. Denn der Opel-Fahrer ist – günstiger Umstand Nummer zwei – bei Bewusstsein und in der Lage gewesen, sein Mobiltelefon zu bedienen und selbst Hilfe zu rufen. Und, drittens, hat er sich ungefähr erinnern können, was auf den letzten Schildern entlang der Autobahn, die er gesehen hat, zu lesen gewesen ist.

So einen Unfall haben die Retter noch nicht erlebt

Kai Halle ist an diesem Abend der Einsatzleiter der Pinneberger Wehr. Er fährt als Erster auf die Autobahn. Was die Einsatzkräfte bis jetzt wissen: Die Unfallstelle soll sich zwischen den Abfahrten Pinneberg-Nord und Tornesch befinden. Das zweite Fahrzeug ist der sogenannte Rüstwagen. „Schon fast am Einsatzort vorbei, sah die Besatzung ein kurzes Aufblinken im Unterholz“, wird der Sprecher der Pinneberger Wehr, Alexander Supthut, später sagen. Es sind die Scheinwerfer und die Rückleuchten des Opel. Jedem, der nicht gesucht hätte, wären sie wohl nicht aufgefallen.

So geht’s richtig

Wie verhalten sich Fahrer, die einen Unfall haben, den niemand bemerkt? „Sich erst mal sortieren“, rät Pinnebergs Feuerwehrsprecher Alexander Supthut.

„Dann in irgendeiner Form für Aufmerksamkeit sorgen, sei es durch Hupen, sei es durch Lichtzeichen.“ Manche neueren Autos setzen selbstständig Notrufe ab.

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„Auf der A 23 haben wir es schon zweimal und auf der LSE einmal erlebt, dass ein verunglücktes Auto von der Straße aus nicht mehr zu sehen war“, sagt Einsatzleiter Kai Halle. „Aber in allen drei Fällen gab es Zeugen, die den Unfall beobachtet hatten.“ Diesmal nicht. „So habe ich das noch nie zuvor erlebt“, sagt Alexander Supthut.

Die Feuerwehrleute erkunden die Lage. Dann nehmen sie Kettensägen zur Hand und schneiden eine Schneise zum verunglückten Auto in den Wald, um „eine patientengerechte Rettung“, wie es offiziell heißt, möglich zu machen. Sie gehen zu diesem Zeitpunkt davon aus, dass der Schweizer in seinem Auto eingeklemmt ist. Dann stellen sie erleichtert fest: Ist er nicht. Sie können mit ihm sprechen, er hilft ihnen sogar dabei, das Cabrioverdeck zu öffnen. „Er hat das Auto dann mehr oder weniger eigenständig verlassen“, sagt Einsatzleiter Kai Halle. Der Schweizer kommt in ein Krankenhaus. Nach Auskunft der Polizei gilt er lediglich als leicht verletzt.