Elmshorn. Nach Erika-Steinbach-Posting nimmt die Polizei Ermittlungen in zehn Fällen wegen Beleidigung, Bedrohung und Volksverhetzung auf.

Nach der Hetze im Internet gegen den Lichtermarkt in Elmshorn ermittelt nun die Polizei in bislang zehn Fällen wegen Beleidigung, Bedrohung und in einem Fall wegen Volksverhetzung. Das hat die Polizeidirektion Itzehoe dem Abendblatt auf Anfrage mitgeteilt. Das Kommissariat der Bezirkskriminalinspektion Itzehoe versucht nun, die Absender der entsprechenden Mails zu identifizieren. Ein Ergebnis lag am Mittwoch noch nicht vor.

Zum Hintergrund: Der Weihnachtsmarkt in Elmshorn heißt seit zehn Jahren aus Gründen des Marketings Lichtermarkt. Nun wurde er von Erika Steinbach politisch instrumentalisiert. Die ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete und AfD-Unterstützerin postete am 14. November auf Facebook ein Plakat vom Lichtermarkt Elmshorn und kommentierte: „Ich kenne kein Land, dass seine eigenen Traditionen und Kultur selbst aufgibt. Deutschland zerstört seine Identität selbst“. Damit befeuerte sie Hetze, die sich gegen den Begriff „Lichtermarkt“ wie auch das Motiv des Plakates richtet, mit dem das Stadtmarketing Elmshorn diesen bewirbt – ein dunkelhäutiges Kind (wir berichteten).

Zahlreiche Hassmails und Gewaltdrohungen richteten sich direkt an Bürgermeister Volker Hatje. Der Verwaltungschef schaltete daraufhin die Kripo ein und erstattete Anzeige. „Einen derartigen Shitstorm und Hass habe ich noch nie erlebt“, sagt Hatje. Die ersten Mails habe er noch beantwortet, doch dann schnell feststellen müssen, dass dies ein unsinniges Unterfangen sei. „Die Absender sind keinen Argumenten zugänglich. Das Einzige, was sie wollen, sind Zweifel und Angst zu säen.“ Er werde das nicht zulassen.

Das sehen auch viele Elmshorner so. Sie kamen zu Tausenden zur feierlichen und friedlichen Eröffnung ihres Lichtermarktes, die von einem einschwebenden Engel begleitet wurde.

Der Lichtermarkt heißt seit 2007 so

Das Elmshorner Stadtmarketing richtet den Lichtermarkt unter diesem Namen seit 2007 in der Innenstadt aus. Der Markt ist Anziehungspunkt für Tausende Besucher.

Der Begriff „Lichtermarkt“ wurde vor zehn Jahren aus Marketinggründen gewählt, um vor allem auf den Betreiberwechsel aufmerksam zu machen und den Weihnachtsmarkt aus seinem Schattendasein zu holen.

Damals beschlossen die in der City ansässigen Immobilieneigentümer, eine neue Weihnachtsbeleuchtung zu finanzieren. Sie ist seitdem einer der Höhepunkte des Marktes.

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Im Zeitalter der Digitalisierung gewinnen das Internet und Computer als Tatmittel an Bedeutung. „Die Hemmschwelle, am heimischen Rechner anonym einer anderen Person zu schaden, ist weniger groß, als dieselbe Tat im persönlichen Kontakt zu begehen“, sagt die Itzehoer Polizeisprecherin Merle Neufeld.

Vereine, die Kirche, die muslimische Gemeinde, die Gewerkschaft Verdi und lokale Medien stehen geschlossen hinter Elmshorns Bürgermeister. Für den Nikolaustag ist eine gemeinsame Kundgebung gegen rechte Hetze und Rassismus geplant.

Rückendeckung kommt auch vom Sprecher für Strategien gegen Rechtsextremismus von Bündnis 90/Die Grünen, Lasse Petersdotter: „Dass sich der Elmshorner Bürgermeister wegen eines trumpesquen Tweets der ewiggestrigen Erika Steinbach mit ernsthaften Bedrohungen aus dem rechten Lager auseinandersetzen muss, ist ein erneutes Zeichen für die gefährliche gesellschaftliche Lage, in der wir uns befinden“, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme vom Mittwoch. Immer wieder würden Kommunalpolitiker Ziel rechter Einschüchterungsversuche werden, so Petersdotter. „Dass diese Bedrohungen ernst genommen werden müssen, zeigte erst kürzlich der Messerangriff auf den Bürgermeister Hollstein im nordrhein-westfälischen Altena. Gerade in solchen Momenten ist es wichtig, als offene Gesellschaft den Betroffenen solidarisch zur Seite zu stehen. Es ist gut, dass das beispielsweise auch auf der Kundgebung ,Elmshorn leuchtet für Toleranz‘ am 6. Dezember passieren wird.“

Weiter führt die Landtagsabgeordnete Aminata Touré (Grüne) aus: „Die Tatsache, dass ein schwarzes Kind auf einem Plakat für ein Fest für so viel Aufregung sorgt, ist krass. Einige Menschen können die Tatsache nicht akzeptieren, dass Deutschsein sich nicht über die weiße Hautfarbe definiert. Wir sollten es nicht zulassen, dass es Menschen gibt, die ein größeres Interesse an der Spaltung als an dem Zusammenhalten unserer Gesellschaft haben. Letztere machen übrigens einen größeren Anteil unserer Gesellschaft aus. Das zeigen auch die Elmshorner, die unsere Meinung teilen und dagegenhalten.“