Wedel. Bilderschau zum 30-jährigen Bestehen der Einrichtung in Wedel zeigt reale Szenen, die beim Betrachter unter die Haut gehen
Eine Frau weint am Telefon, eine andere tröstet sie. Es ist eine der Szenen, mit denen Fotografin Brigitte Kraemer intime Einblicke ins verborgene Innere von Frauenhäusern eröffnet, die sonst nur deren Bewohnerinnen vorbehalten sind. Anlässlich seines 30-jährigen Bestehens hat das Autonome Frauenhaus Wedel die Ausstellung „Auf der Schwelle“ ins Rathaus geholt. Sie kann bis Donnerstag, 24. November, besichtigt werden.
Eine weitere Schwarz-Weiß-Fotografie zeigt eine der beiden Frauen im Auto. Sie hat es geschafft: Eine eigene Wohnung und ein neues Leben warten auf sie. Auch wenn die Exponate für sich sprechen und daher nicht betitelt sind, werden Besucher der Ausstellung nicht allein gelassen. Die aussagekräftigen Fotografien werden durch Porträts und Auszüge aus den Lebensgeschichten der abgebildeten Frauen ergänzt, Infotafeln informieren über die vielen Gesichter von Gewalt an Frauen und ihren Kindern.
Besonders beeindruckend sind die aufrüttelnden, berührenden, aber auch spontanen Momente voller Lebensfreude. Kein einziges der Motive sei inszeniert, sagt die Fotokünstlerin dazu, die die Bilder analog mit einer Leica-Kamera und Normal- oder 35-Millimeter-Objektiv aufgenommen hat – ohne Blitz. „Der Blitz macht die Atmosphäre kaputt“, meint Kraemer. Die Komposition sei ihr wichtig. Die Herausforderung sei gewesen, diesen Anspruch damit in Einklang zu bringen, nichts an dem Motiv zu verändern, nicht mal den Bildausschnitt zu vergrößern. „Ich bleibe 100 Prozent an der Realität.“
Für ihre Aufnahmen begleitete sie den Alltag in sechs verschiedenen Frauenhäusern. Sowohl Frauen als auch Leitung ließen ihr dabei freie Hand. Allen zusammen ist es zu verdanken, dass diese wichtige Ausstellung in Wedel gezeigt wird.
Ausstellung: bis Do 24.11., Mo–Mi 8.30–16 Uhr, Do 8.30–19 Uhr, Fr 8.30–13 Uhr, Rathaus, Rathausplatz 3–5