Kreis Pinneberg. Die Opferschutzorganisation Weißer Ring spricht von Alarmsignalen im Kreis Pinneberg. Politiker fordern mehr Polizeipräsenz.
Die Zahl der Wohnungseinbrüche im Kreis Pinneberg ist dramatisch gestiegen. Zugleich werden Polizeistationen wie die in Tornesch und Uetersen zusammengelegt, Polizeipräsenz auf der Straße sei kaum noch wahrnehmbar, Justiz und Gerichte wären zunehmend überlastet, während der Schutz der Opfer in den Hintergrund gedrängt werde. Für die Opferschutzorganisation Weißer Ring, die 2015 im Kreis Pinneberg 140 Menschen ehrenamtlich betreute, sind das Alarmsignale, die das Sicherheitsgefühl der Bürger stark beeinträchtigten. Das hat die Verantwortlichen zu einem klärenden Gespräch mit der Landtagsabgeordneten Barbara Ostmeier (CDU) veranlasst, die dem Innen- und Rechtsausschuss des Landtages vorsitzt.
„Beim Sexualstrafrecht fordern wir, dass der Grundsatz gilt: ,Nein heißt nein’ und dass die Beweislast umgekehrt wird“, nennt Sönke-Peter Hansen, Kreisvorsitzender des Weißen Ringes, zwei Kernforderungen seiner Organisation. Nur jede zehnte angezeigte Vergewaltigung führe zur Verurteilung der Täter, sagt Hansen. „Das ist eine nicht mehr hinnehmbare Diskrepanz.“ Darum müsse die „Beweislast eindeutig zugunsten der Opfer umgekehrt“ werden. Der Täter müsse beweisen, dass er unschuldig ist, und nicht das Opfer, dass es tatsächlich missbraucht wurde.
Doch damit stößt der Weiße-Ring-Chef auf wenig Unterstützung in der Politik. „Wir müssen an dem rechtsstaatlichen Prinzip der Unschuldsvermutung festhalten“, betont die Abgeordnete aus Hetlingen. Dieser Grundsatz dürfe nicht für bestimmte Straftaten aufgeweicht werden. „Darüber herrscht Einvernehmen in der Politik auf Bundes- und Landesebene.“
Sie begrüße es aber sehr, dass laut dem Gesetzentwurf des Bundesjustizministers Heiko Maas das Sexualstrafrecht so geändert werden solle, dass vom Vergewaltigungsopfer nicht mehr verlangt werde, dass es sich gegen den Übergriff gewehrt haben müsse, damit der Täter verurteilt werden kann. Dann sollte auch der Straftatbestand wegfallen, der eine Nötigung nur dann unter Strafe stelle, wenn sie erheblich war, fordert Ostmeier auch in diesem Punkt Klarheit für mehr Opferschutz.
Im Kreis Pinneberg habe sich bewährt, dass Opfer von Vergewaltigungen sich anonym in den Regio Kliniken untersuchen lassen können, ohne dass eine Strafanzeige ausgelöst wird. „Dann ist zumindest der sexuelle Übergriff medizinisch dokumentiert und das Opfer kann sich in Ruhe überlegen, ob es sich strafrechtlich dagegen wehren will“, sagt Ostmeier. Dies werde dazu führen, dass sich mehr Opfer zu offenbaren trauten. „Denn es ist kein leichter Gang für sie, solche Prozesse durchzustehen.“ Zumal die Täter oft aus dem engeren Beziehungskreis der Opfer kämen.
Hierbei dürfe aber nicht der immer häufiger von Gerichten genutzte Täter-Opfer-Ausgleich dazu führen, dass die Täter einen Freifahrtschein für weitere Taten bekämen, warnt Peter Wieruch vom Weißen Ring. So hätten solche außergerichtliche Klärungsgespräche, durch die das Verfahren gegen den sich reuig zeigenden Täter eingestellt wurde, den Effekt gehabt, dass er Opfer erneut misshandelt wurden. Auch in diesem Punkt stimmt Ostmeier voll zu. Genau das schüre Misstrauen in der Bevölkerung, der Rechtsstaat handele nicht konsequent genug. „Auch die Strafverfahren müssen beschleunigt werden“, fordert Ostmeier. Darum habe sie vor Monaten fünf zusätzliche Staatsanwälte fürs Land gefordert, was die Landesregierung jetzt mit sieben neuen Planstellen aufgenommen habe.
Bei der Polizeiausstattung begrüße die CDU, dass Innenminister Stefan Studt den Personalabbau für beendet erklärte und 400 zusätzliche Stellen schaffen wolle, sagt Abgeordneter Peter Lehnert aus Bilsen. Die CDU habe, als sie an der Regierung war, zwar kleinere Polizeiwachen zusammengelegt, aber Polizei und Justiz vom Sparzwang ausgenommen, betont Ostmeier. So weit wie ihr Fraktionskollege Axel Bernstein, der jüngst bei der Gewerkschaft der Polizei forderte, in zwölf Jahren 1200 zusätzliche Polizeibeamtenstellen zu schaffen, geht sie nicht. „Wir brauchen mehr Polizei, müssen aber an die Haushaltskonsolidierung denken.“
Der Weiße Ringverfügt im Kreis Pinneberg über kein festes Büro, steht aber nach Vereinbarung für Beratungen zur Verfügung. Telefonisch erreichbar ist Sönke-Peter Hansen unter 0151/55 16 46 37.