Schenefeld. Kreisverwaltung weist Schenefeld an, die Radwegebenutzungspflicht an einigen Straßen aufzuheben. ADFC will über Rechtslage aufklären.

Die Frage, wie der Radverkehr entlang vieler Hauptverkehrsadern geführt werden soll, spaltet Schenefeld. Wie bisher auf dem Radweg oder entsprechend moderner Erkenntnisse lieber auf der Fahrbahn? Darum ist ein erbitterter Glaubenskrieg entbrannt. Bereits im Januar hat der Kreis ein Machtwort gesprochen und die Stadt angewiesen, die Pflicht zur Benutzung der ohnehin viel zu schmalen und holprigen Radwege an gleich sechs zum Teil stark befahrenen Straßen zügig aufzuheben.

Doch die Umsetzung lässt auf sich warten. Die blauen Gebotsschilder („Fahrrad-Lollis“), die die Radfahrer eindeutig auf die Radwege verweisen, leuchten nach wie vor an Blankeneser und Halstenbeker Chaussee, Hauptstraße, Mühlendamm, Lornsenstraße und Kameruner Weg. Gleichzeitig gehen immer mehr Radler davon aus, dass sie die Fahrbahn bereits regulär benutzen dürfen. Und tun das, ernten dafür aber häufig wütende Kommentare der motorisierten Kollegen. Die Verwirrung auf den Straßen wächst.

Entsprechend intensiv ringt die Politik um das Radverkehrskonzept. Doch die konkrete Umsetzung bleibt ein Geduldsspiel. Statt wie geplant darüber zu diskutieren, vertagte der Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt das Thema jetzt auf Antrag der CDU auf die zweite April-Hälfte. Zunächst wolle man das für den 13. April geplante interfraktionelle Gespräch über die Entwicklung des Stadtkerns abwarten, so CDU-Mann Holm Becker.

ADFC will über die Rechtslage informieren

Allerdings einigten die Ausschussmitglieder sich darauf, die Bürger besser über die aktuelle Rad-Rechtslage zu informieren. So sollen an alle Haushalte im Laufe der kommenden Wochen Infobroschüren des Bundesverkehrsministeriums, Faltblätter des ADFC Pinneberg zum sicheren Radeln und Flyer über Schenefelds Veloroute „Grüner Ring“ verteilt werden.

Auch der Austausch der blauen „Fahrrad-Lollis“ gegen eine Beschilderungskombi „Gehweg“ und „Radfahrer frei“, die den unsicheren Zweiradfahrern die Benutzung des Bürgersteigs erlaubt – allerdings im Schritttempo – rückt näher. Nach Angaben von Melf Kayser, Büroleitender Beamter im Schenefelder Rathaus, hat die Verwaltung die neuen Schilder bestellt, und sie sollen voraussichtlich noch im März angebracht werden.

Das müssen Radfahrer beachten

Auf die Fahrbahn gehören Radfahrer laut Straßenverkehrsordnung grundsätzlich – weil sie dort von Autofahrern besser zu sehen und deshalb sicherer unterwegs sind.

Das belegen zahlreiche Unfallstatistiken. Das gilt sowohl in Tempo-30-Zonen als auch dort, wo Tempo 50 erlaubt ist.

Den Radweg müssen sie nur dort benutzen, wo die blauen Gebotsschilder („Lollis“) aufgestellt sind. Dann dürfen sie nicht mal auf die Fahrbahn.

Die weit verbreitete Annahme, dass ein vorhandener Radweg in jedem Fall benutzt werden muss, ist falsch.

Ebenso falsch – und gefährlich – ist es, den linken Radweg zu benutzen, weil es an der rechten Fahrbahnseite keinen gibt.

Auf der linken Seite darf ein Radweg nur benutzt werden, wenn es durch ein Schild angeordnet oder erlaubt ist.

Kinder bis zum vollendeten achten Lebensjahr müssen auf dem Gehweg radeln.

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Gleichzeitig will die Stadt ihre verunsicherten Bürger besser für das Thema sensibilisieren. Der ADFC Pinneberg bietet dazu am Sonnabend, 9. April, von 10 Uhr an einen Info-Stand am Stadtzentrum an.

„Aufklärung ist das A und O bei diesem Thema“, sagt Ulf Brüggmann, Vorsitzender des ADFC Pinneberg. „Die Rechtslage hat sich in den vergangenen Jahrzehnten enorm geändert, aber das wird nicht gut kommuniziert. Das kommt beim Bürger nicht an.“ Er sehe hier die Verwaltung stärker in der Pflicht.

Brüggmann begrüßt es, dass die Radler als gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer die Fahrbahn benutzen dürfen. „Wir halten das für eine sinnvolle Maßnahme und haben uns dafür bei vielen Terminen auch mit der Kreisverwaltung starkgemacht.“ Es sei objektiv sicherer, auch wenn viele Radler sich subjektiv auf der Fahrbahn unsicherer als auf einem Radweg fühlten. „Ich kann jedem Zweifler nur raten, dranzubleiben und nicht zu dicht am Bordstein, sondern mit einem guten Meter Abstand dazu selbstbewusst auf der Fahrbahn zu radeln“, sagt der ADFC-Chef.

Noch droht Radlern ein Verwarngeld

Sein Verband plädiert auch für markierte Schutzstreifen und Aufstellflächen an Kreuzungen vor dem motorisierten Verkehr, um die Sicherheit des Radverkehrs zu verbessern.

Sollte Schenefeld das geplante Radverkehrskonzept umsetzen, sei die Stadt kreisweit ganz vorn, sagt Brüggmann. Elmshorn habe zwar gute Ansätze, doch es fehlten ein roter Faden und die konsequente Umsetzung des Konzepts. Pinneberg habe zwar an fast allen Nebenstraßen die Benutzungspflicht aufgehoben, aber insgesamt keine guten Ansätze. Wedel bleibe in der Umsetzung halbherzig, in Tornesch und Uetersen rege sich ohnehin nichts.

Wer allerdings glaubt, sich als Radler kulanterweise schon jetzt aussuchen zu können, ob er auf der Fahrbahn oder auf dem Radweg unterwegs ist, der irrt. „Die Benutzungspflicht ist noch nicht aufgehoben in den entsprechenden Straßen, die Radwege sind weiterhin zu benutzen“, sagt Polizeisprecher Nico Möller. Wer beim Radeln auf der Fahrbahn erwischt wird, muss mit einem Verwarngeld von 20 Euro rechnen.