Kreis Pinneberg/Uetersen. Der Kreis strebt eine Sondergenehmigung beim Land an, um eine Sammelunterkunft im alten Krankenhaus in Uetersen zu ermöglichen.
Der Kreis Pinneberg gibt sein Vorhaben noch nicht auf, das leer stehende Bleekerstift und ehemalige Krankenhaus in Uetersen als Sammelunterkunft für 200 Flüchtlinge zu nutzen. Landrat Oliver Stolz hat der Politik nun vorgeschlagen, bei der Landesregierung eine Ausnahmegenehmigung zu erwirken, um auch ohne das gemeindliche Einvernehmen der Kommune die von den Regio-Kliniken zu kaufende Immobilie umnutzen und umbauen zu dürfen.
Der Hauptausschuss des Kreistages berät darüber auf seiner Sitzung am Mittwoch, 3. Februar. Eine politische Mehrheit zeichnet sich dafür ab. „Wir dürfen Uetersen damit nicht durchkommen lassen, sich so schäbig zu verhalten“, sagt FDP-Fraktionschef Klaus G. Bremer. „Das torpediert die Solidargemeinschaft mit Städten und Gemeinden.“
Der Uetersener Rat hatte im Dezember mit elf gegen zehn Stimmen die Pläne des Kreises durch eine Veränderungssperre zunächst verhindert. Dass ein Kreis gegen eine Stadt beim Land in diesem Zusammenhang eine solche Abweichung vom Baugesetzbuch einfordere, sei landesweit ein bislang einmaliger Vorgang, sagte Patrick Tiede, Sprecher im Innenministerium.
Landrat Stolz begründet diese Initiative weiterhin mit dem Druck, die große Zahl an Flüchtlingen im Kreis Pinneberg angemessen unterzubringen. Auch wenn die Januarzahlen (308 Zuweisungen) sich im Vergleich zum Dezember (692) abgeschwächt haben: Bis Ende März dürften bei zurzeit 3700 Flüchtlingen in vielen Städten und Gemeinden die Angebote für eine dezentrale Unterbringung erschöpft sein. Darum müsse es im Kreis zumindest eine zentrale Unterkunft geben, die den Kommunen einen Zeitpuffer von bis zu vier Wochen einräume, um in ihren Orten eine Wohnung für die Flüchtlinge zu finden. „Zu dieser Ausgleichsfunktion ist der Kreis Pinneberg bereit“, heißt es in der Beschlussvorlage, über die auch der Kreistag am 10. Februar abstimmen wird.
Geplant ist demnach, das Bleeker-stift mit seiner Grundfläche von 3300 Quadratmetern für etwa eine Million Euro von den Regio-Kliniken zu erwerben und für eine weitere Million Euro zwecks Aufnahme von 200 Flüchtlingen umzubauen und einzurichten, so die Verwaltung. Der Betrieb der Sammelunterkunft und die Betreuung der Asylsuchenden würden etwa 800.000 Euro im Jahr kosten, wovon das Land 70 Prozent übernehmen müsste. Das ehemalige Krankenhaus solle längstens fünf Jahre für diesen Zweck genutzt werden und dann wiederum an die Stadt Uetersen verkauft werden, die es dann neu entwickeln oder an einen Wohnbau-Investor verkaufen könnte.
Uetersener Politiker wollen einem Investor Wohnbebauung ermöglichen
Für das 8000 Quadratmeter große Grundstück an der Bleekerstraße liege kein rechtskräftiger Bebauungsplan vor, so die Verwaltung. Somit könne laut Baugesetzbuch von dem Grundsatz abgewichen werden, dass sich die Nutzungsänderung in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge. Dies gelte insbesondere für Flüchtlingsunterkünfte bis Ende 2019. Zudem sprächen keine öffentlichen Belange dagegen, und mit dem Jugendzentrum in der Parkstraße gebe es bereits eine soziale Einrichtung in unmittelbarer Nähe, argumentiert die Verwaltung.
Die Abweichung von den Bauvorschriften sei „in diesem konkreten Fall geboten, weil die dringend benötigten Unterkünfte in Uetersen ohne diese Abweichung nicht rechtzeitig bereit gestellt werden können“, so der Landrat. Dies solle bis zum Sommer 2016 geschehen sein.
In der Politik findet dieses Vorgehen weitgehende Unterstützung. „Wir sollten die Linie des Landrats weiter verfolgen“, sagt FDP-Fraktionschef Bremer. Grünen-Fraktionschef Thomas Giese sagt: „Wir müssen alle möglichen Maßnahmen treffen, um das Bleekerstift für den Kreis zu ermöglichen.“ SPD-Fraktionschef Hannes Birke meint: „Vor dem offensichtlich flüchtlingsfeindlichen Mehrheitsbeschluss der Stadt Uetersen darf der Kreis gerade im Interesse der Städte und Gemeinden nicht einknicken.“ Nur CDU-Fraktionschefin Heike Beukelmann äußert sich kritisch. „Ich halte es für schwierig, als Kreis das Land einzuschalten, um gegen einen gültigen Ratsbeschluss einer Kommune vorzugehen.“ Dies sei „ein Armutszeugnis in der Kommunikation.“
Auch Uetersens CDU-Fraktionschef Andreas Stief zeigt wenig Verständnis für diese Initiative. Es seien gesetzliche Regeln zu beachten, von denen der Kreis nicht abweichen dürfe, nur weil sie ihm nun nicht passten. Uetersen habe die Veränderungssperre erlassen, nicht um die Flüchtlinge zu verhindern, sondern um einem Investor die geplante Wohnbebauung zu ermöglichen, betont Stief. „Wenn sich das Land hier einschalten sollte, werden wir auch nicht vor einem Rechtsstreit zurückschrecken.“
Bürgermeisterin Andrea Hansen, SPD, sagt, dass die Kommunen den Kreis um Hilfe gebeten und gefordert hätten, sie bräuchten einen Puffer, um die Flüchtlinge unterzubringen. Dies versuche der Kreis nun zu lösen.