Uetersen . Recherchen zur Ehrenbürgerschaft Adolf Hitlers hatten Stadt politisch in Zugzwang gebracht. Film dokumentiert die Arbeit der Schüler.

Sieben Schüler vom Uetersener Ludwig-Meyn-Gymnasium im Alter von 15 bis 19 Jahren werden am heutigen Mittwoch im Ernst-Deutsch-Theater in Hamburg mit dem renommierten „Bertini-Preis für junge Menschen mit Zivilcourage“ geehrt.

Ganz nach dem Motto des Preises, „Lasst euch nicht einschüchtern“, wagten die Gymnasiasten, staatliche Instanzen in Frage zu stellen und die Augen vor unbequemen Themen nicht zu verschließen. Ihr Engagement hat dazu geführt, dass die Stadt Uetersen im Dezember nachträglich Adolf Hitler die Ehrenbürgerschaft aberkannt hat. Bis dahin war die Ehrenbürgerfrage ungeklärt.

Vor knapp zwei Jahren haben sich die Schüler bei einem Schulprojekt mit der Ehrenbürgerschaftsfrage auseinandergesetzt und bei ihren Recherchen für einen Film zum Thema festgestellt, dass die Ehrenbürgerfrage auch 70 Jahre nach dem Ende des Dritten Reiches völlig ungeklärt gewesen ist. Zwar gab es einen Eintrag im Internetlexikon Wikipedia, in dem von einer Aberkennung der Ehrenbürgerschaft die Rede war, ein stichhaltiger Quellenbeleg fehlte aber.

Uetersen verfügt über kein Stadtarchiv

Nachforschungen beim Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages offenbarten, dass kein Beleg angeführt werden konnte. Die Schüler wurden an das Stadtarchiv verwiesen. Die Krux dabei ist: Uetersen verfügt über kein Stadtarchiv. Für den betreuenden Lehrer und Historiker Sönke Zankel ist das nicht hinnehmbar. „Damit verstößt die Stadt Uetersen gegen geltendes Recht“, so Lehrer Sönke Zankel. „Wenn einer Stadt die eigene Geschichte wichtig ist, dann hat sie ein Stadtarchiv.“

Die Stadt reagierte auf den entstandenen öffentlichen Druck und entzog auf der Ratssitzung am 15. Dezember Hitler offiziell die Ehrenbürgerschaft. Für die Schüler ist es merkwürdig, dass erst der Druck der öffentlichen Meinung eine derartige Reaktion hervorgerufen habe, wo doch die Ehrenbürgerfrage auch den Politikern der Rosenstadt seit Jahren bekannt sei. Für einige Schüler steht fest, dass es bei dem Ratsbeschluss der Stadt lediglich um Rufrettung gehe, dass die Aktion somit scheinheilig sei.

Die Recherchen der Schüler haben einen weiteren Punkt wieder in den Fokus gerückt, nämlich den, dass die Rosenstadt kein Stadtarchiv hat. Wann und wie dieser Makel beseitigt wird, ist nach wie vor ungeklärt.

2010 erhielten LMG-Schüler den Bertini-Preis

Die Uetersener Schüler sind bei ihrer Recherchearbeit nach eigener Aussage um einige Erfahrungen reicher geworden und hätten nebenbei noch so einiges über Quellenarbeit gelernt, wertvolles Wissen, von dem sich sowohl der wissenschaftliche Dienst des Bundestages als auch die Stadt Uetersen „eine Scheibe abschneiden“ könnte, meint Julian Landmann, 19, einer der Preisträger.

Bereits 2010 wurden Schüler des Gymnasiums für ihre Recherchen zur NS-Geschichte mit dem Preis ausgezeichnet. Neun Schüler hatten damals das Verhalten des ersten NS-Rektors Bernhard Pein und seines Nachfolgers Hinrich Apfeld an ihrer Schule, die Verfolgung von Mitgliedern der Zeugen Jehovas, die Verurteilung einer Frau wegen des Hörens eines „Feindsenders“ und den Einfluss des Nationalsozialismus auf die Uetersener Presse untersucht.