Wedel . Hausbesuch bei Claudia Wittburg. Die 35-Jährige fordert als einzige Bürgermeisterkandidatin den Amtsinhaber Niels Schmidt heraus.

Frida ist drei Jahre alt. Und sie himmelt ihre Mutter an. Anders lässt es sich wohl nicht erklären, dass ihr momentaner Berufswunsch Mama und Bürgermeisterin lautet. Das sollte zumindest zuletzt im Poesiealbum stehen. „Davor wollte sie schon Ärztin und Feuerwehrmann werden. Das ändert sich schnell“, erklärt Claudia Wittburg. Frida und ihre zwei Jahre jüngere Schwester Lila sind aber auch Schuld daran, dass sich die 35-Jährige um den Posten an der Spitze von Wedels Stadtverwaltung bewirbt. Wittburg kämpft mit zahlreichen Wedeler Eltern für eine Entlastung der Familien.

In den vergangenen Jahren trafen einige Sparmaßnahmen gerade sie. Zu den in Wedel ohnehin hohen Lebenshaltungskosten allein durch die Mieten kamen somit weitere Kita-Kosten hinzu. Wittburg gehörte zu denen, die sich wehrten, versuchten dem Anliegen der Familien bei Politik und Verwaltung Gehör zu schaffen. Ohne Erfolg. Aus ihrer Sicht fühlte sich niemand zuständig. Der Bürgermeister verwies auf die Politik, die Kommunalpolitiker auf die Kreispolitik und diese auf Entscheidungen auf Landesebene. „Das machte mich wütend“, sagt Wittburg.

Einzige Herausforderin des Amtsinhabers

Sie sitzt auf dem türkisblauen Sofa im Wohnzimmer des gemütlich eingerichteten Einfamilienhauses. Das Wandregal ziert ein Steuerrad, ein Hochzeitsgeschenk für die Segler. 2013 zog die Familie hierher. Die in Mainz aufgewachsene 35-Jährige kam aus beruflichen Gründen in den Norden. Seit 2008 arbeitet die Bankkauffrau und Medienwirtin in einer Hamburger Agentur als Projektleiterin. Ehrenamtlich engagiert sie sich als Elternratsvorsitzende, auch auf Kreisebene.

Ihre Frustration und das Gefühl der Ohnmacht ließen sie jedoch nicht aufgeben. Sie bewarb sich stattdessen als parteilose Kandidatin um das Amt des Bürgermeisters von Wedel, das am 28. Februar zur Wahl steht. Nach dem Rückzug des SPD-Kandidaten Eckhard Frahm ist Wittburg die einzige verbliebene Herausforderin von Amtsinhaber Niels Schmidt. Er gilt als Favorit. Wittburg nimmt ihre Rolle kämpferisch. Ihr Ziel? „Am Anfang war das Ziel, eine Lobby für die Familien zu schaffen. Das habe ich schon erreicht. Jetzt ist mein neues Ziel, Wedels erste Bürgermeisterin zu werden“, sagt sie.

„Ich finde das unheimlich mutig von ihr“

In der Wedeler Wohnsiedlung Lühlanden ist der Abend eingekehrt. Es ist Essenzeit. Am Tisch haben sich drei Generationen Wittburgs versammelt. Claudia Wittburg genießt den Rückhalt ihrer Familie. So ist Schwiegervater Jürgen da, um auf die Kinder aufzupassen. Ihr Mann Mark Oliver will sie zu einem der zahlreichen Termine fahren, die für die Bürgermeisterkandidatin derzeit anstehen. Nicht zum ersten Mal wird der Nautiker, der als Produktmanager für ein norwegisches Unternehmen arbeitet, im Publikum sitzen und seine Frau tatkräftig unterstützen. Auch die Großeltern waren für die Kandidatur. „Ich finde das unheimlich mutig und toll von ihr“, sagt Jürgen Wittburg, der im Vorstand der Yachthafen-Gemeinschaft in Wedel aktiv ist.

Seine Schwiegertochter blickt bei diesen Worten auf. Sie hatte sich in Listen zur Vorbereitung auf die Veranstaltung vertieft, die auf ihren Beinen liegen. Darunter finden sich Themen wie Finanzen, Transparenz, Familienpolitik, Mobilität. Zwischen ihrer Arbeit, dem Interview und dem anstehenden Termin ist wenig Zeit. Trotzdem wird zwischendurch Fridas Rennauto bewundert, eine Wurst gegessen und Lilas Windel gewechselt.

Wittburg ist nicht auf den Mund gefallen

Wie sie ihr Familienleben mit den Aufgaben eines Bürgermeisters vereinbaren möchte, der zahlreiche Abend- und Wochenendtermine hat? „Wenn ich ein Mann wäre, würde mich das keiner fragen“, kontert Wittburg. Das sei eben alles eine Frage der Organisation. Auf den Mund gefallen ist die Wedelerin zumindest nicht. Ob das reicht, um gegen den amtierenden Bürgermeister zu bestehen? Immerhin ist er Verwaltungsexperte, seit 2004 im Amt, wird von CDU und FDP unterstützt und zudem noch ein Wedeler Jung’.

Wittburg hält dagegen. Durch ihre Arbeit in der Landesbank Rheinland-Pfalz habe sie Verwaltungserfahrung gesammelt und kenne zudem die andere Seite. Unterstützung ziehe sie aus Elterninitiative und Gesprächen. „Ich spüre eine Wechselstimmung“, so Wittburg. Und Wedelerin sei sie allemal. „Unsere Familie lässt sich bis 1726 in Wedel zurückverfolgen.“ Es gebe zahlreiche Verwandte, die hier noch leben. Was sie sich für das „Kanzlerduell“ an diesem Mittwoch, 27. Januar, vorgenommen hat? „Ich möchte Niels Schmidt zeigen, was die Bürger in Wedel wirklich bewegt.“