Kreis Pinneberg. Fast jedes dritte Unternehmen ist voll ausgelastet. Unternehmensverband kritisiert Bürokratie durch Einführung des Mindestlohns.

So gute Konjunkturdaten hat die Umfrage des Unternehmensverbandes Unterelbe-Westküste schon lange nicht mehr gebracht, der zweimal im Jahr seine 400 Mitgliedsbetriebe zwischen Wedel und Sylt nach Auftragslage, Auslastung, Personalbestand und Investitionen befragt. Demnach brummt die Wirtschaft gerade in der Unterelbe-Region, wo sich 58 Betriebschefs daran beteiligt haben. Im Kreis Pinneberg sind 28 Prozent der befragten Unternehmen zurzeit zu 100 Prozent ausgelastet, im Kreis Steinburg sogar 38 Prozent der Betriebe. Solche ausgezeichneten Werte gab es seit Jahrzehnten nicht mehr.

Michael Hentrich (v.l.), Sebastian Koch, Ken Blöcker und Peter Hatje
Michael Hentrich (v.l.), Sebastian Koch, Ken Blöcker und Peter Hatje © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Auch die anderen Eckdaten, die die Verbandsgeschäftsführer Ken Blöcker und Sebastian Koch vorstellten, beschreiben rosigen Zeiten für die regionale Wirtschaft. „Die Auftragsbücher sind voll, und es wird vermehrt Personal eingestellt“, fasst Blöcker zusammen. Jeder fünfte Betrieb im Kreis Pinneberg hat demnach die Mitarbeiterzahl erhöht, nur vier Prozent gesenkt.

Auch für 2016 erwarten die Manager eine weiter florierende Konjunktur. So rechnet jeder dritte Betrieb im Kreis Pinneberg mit mehr Aufträgen im nächsten Jahr. Entsprechend günstig fallen die Umsatzerwartungen aus.

Diese positive Entwicklung bestätigen Michael Hentrich, Prokurist des Tiernahrungsherstellers Salvana in Sparrieshoop, und Peter Hatje, Geschäftsführer der Hacon-Betonwerke in Rellingen: „Wir sind mit der Entwicklung in der Bauwirtschaft sehr zufrieden“, sagt Hatje. Der Jahresumsatz sei um fünf Prozent auf zehn Millionen Euro gestiegen, sagt der Arbeitgeber von 80 Mitarbeitern. Die Salvana-Werke, die an drei Standorten in Deutschland 180 Mitarbeiter beschäftigen, hätten ihr sehr gutes Ergebnis bei 60 Millionen Euro Umsatz aus dem Vorjahr wieder erreichen können, sagt Hentrich, der wie Hatje dem Vorstand des Unternehmensverbandes angehört.

Hatlapa bleibt in Uetersen

Ein Abkommen für MacGregor-Hatlapa sichert den Standort Uetersen. Aber 114 Stellen fallen insgesamt weg.

Diese Vereinbarung haben IG Metall und die Uetersener Geschäftsleitung von MacGregor-Hatlapa bereits im August ausgehandelt. Nun ist sie offiziell als Ergänzungstarifvertrag zur Standort- und Beschäftigungssicherung unterzeichnet worden.

Demnach fallen 84 der 360 Arbeitsplätze in Uetersen weg, weitere 30 befristete Verträge werden nicht verlängert.

Zeitarbeitnehmer müssen den Schiffszulieferbetrieb verlassen, der seit 2013 zum finnischen MagGregor-Konzern gehört.

Für die freigestellten Beschäftigten stehen fünf Millionen Euro für Personalmaßnahmen in der Transfergesellschaft zur Verfügung. Dafür ist der Standort Uetersen bis 2018 gesichert.

Die verbleibenden Mitarbeiter verzichten auf die Hälfte des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes. Der Sonnabend wird Regelwerktag. Hatlapa spart so sieben Millionen Euro ein.

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Doch es gebe Hemmnisse, die die Wirtschaft unnötig belasteten, stellt Verbandsgeschäftsführer Koch dar. „Der steigende Bürokratieaufwand ist die Wirtschaftsbremse Nummer eins.“ Vor allem die zeitraubende Dokumentationspflicht wegen des zum Jahresbeginn eingeführten Mindestlohnes von 8,50 Euro gehöre dazu. Zudem wünschten sich viele Unternehmer, Fachkräfte nach Eintritt ins Rentenalter flexibler für Beratungstätigkeiten einzusetzen, was gesetzlich erschwert worden sei.

Der zunehmende Fachkräftemangel lasse die Unternehmer sorgenvoll in die Zukunft blicken, erklärt Blöcker, was Hatje bereits in seiner Firma kräftig zu spüren bekomme. „Bei uns ist die Zahl der Bewerbungen innerhalb eines Jahres um 70 Prozent zurückgegangen.“ Hentrich ergänzt: „Wir müssen einen enormen Aufwand auf Jobmessen betreiben.“ 40 Prozent aller befragten Betriebschefs hätten bereits die Erfahrung gemacht, dass Schulabgänger ihre Ausbildung nicht antraten, obwohl sie bereits einen Lehrvertrag unterschrieben hätten, erläutert Blöcker. Durch dieses „unsoziale und ungerechte“ Verhalten der Berufseinsteiger bliebe manche Lehrstelle so unfreiwillig unbesetzt. Während der Ausbildung wiederum störe das ständige Hantieren der jungen Leute mit dem Smartphone, ergab die Umfrage. Jeder neunte Chef habe bereits ein Handyverbot im Betrieb erteilt, fast 40 Prozent hielten es für angebracht, um ein konzentrierteres Arbeiten zu ermöglichen.