Wedel . Nach siebenjähriger Wohnungssuche konnte die fünfköpfige Familie nun mit Helfern ihren Umzug in eine neue Bleibe feiern.

Die Stimme zittert. Kokou L. ist ein wenig aufgeregt. Er hat sich für seine Ansprache vom Tisch erhoben, blickt ernst in die Gesichter seiner Gäste. Was er zu sagen hat, liegt ihm sehr am Herzen. Er bedankt sich bei jedem einzelnen Besucher, der heute da ist, um mit der fünfköpfigen Familie ihr neues Glück zu feiern. Denn sie alle sind irgendwie Schuld daran. Am Tisch sitzen Helfer, Vermittler, Spender, Wegbegleiter und Freunde, die alle ihren Teil dazu beitrugen haben, dass die Familie mit afrikanischen Wurzeln nach sieben Jahren Suche nun in ihrem neuen schönen Zuhause sitzt.

Das wird an diesem Tag gefeiert. Aber es gibt noch mehr gute Gründe für die festliche Stimmung. Die Familie hat ein Dach über dem Kopf, die Kinder endlich eigene Zimmer und genug Platz, Hausaufgaben zu machen und Freunde nach Hause einzuladen. So viel Ablehnung wie die Familie einst erfuhren, so viel Hilfsbereitschaft wurde ihnen nun zuteil. Fremde schenkten ihnen Möbelstücke oder unterstützen sie beim Umzug. Der Uetersener Werner Hammerschmidt meldete sich spontan und vermachte ihnen 1000 Euro, um damit neue Betten für die Kinder zu kaufen. Und zu all dem Glück hat Sohn Risto vor kurzem die Zusage für einen Ausbildungsplatz als Mechaniker bekommen. Die Stimmung ist dementsprechend glänzend.

Vor vier Monaten sah das noch ganz anders aus. Die Sorge keine Wohnung zu finden, die Belastung zu fünft auf 55 Quadratmetern zu leben, machte allen zu schaffen. Am meisten aber litt Kokous Frau Massan. Die ständige Suche nach einer Wohnung, die ständigen Absagen machten sie krank. Die Last lag allein auf ihren Schultern, weil ihr Mann Vollzeit als Lagerarbeiter in Ahrensburg beschäftigt ist und keine Zeit für die Wohnungssuche vor Ort hatte. Die musste das neben dem Minijob im Supermarkt stemmen.

Und so bedankte sich Kokou auch am Innigsten bei seiner Frau. „Danke, dass du so stark bist“, sagte er. Denn ihrer Stärke ist es zu verdanken, dass sie nicht nachließ und am Ende mit ihrem Appell an die Ratsversammlung den Stein ins Rollen brachte. Während der Einwohnerfragestunde ihre eindringliche Bitte an die Ratsmitglieder und die Stadtverwaltung formulierte. Sie erklärte, wie lange die Familie nun schon nach einer etwas größeren aber bezahlbaren Bleibe sucht. Sie erzählte, wie viel Ablehnung der Familie, die einst aus Togo floh, dabei entgegengebracht wurde. Und sie berichte von der Hiobsbotschaft, dass ihr damaliger Vermieter Eigenbedarf angemeldet hatte und sie bis Ende des Jahres hätten ausziehen müssen. Sie machte das Problem damals öffentlich. „Das war mutig“, sagte ihr Mann, der rassistisch motivierte Übergriffe fürchtete. Doch es kam ganz anders.

Aufgrund eines Zeitungsberichts meldete sich eine Wedelerin bei der Familie, die bereit war ihnen sofort eine Wohnung zur Verfügung stellen. Eine Vierzimmerwohnung mit 90 Quadratmetern in einem Neubau in der Wedeler Altstadt: Das wäre normalerweise für die Familie unerschwinglich. Doch die Wedelerin war bereit, ihnen mit dem Mietpreis entgegen zu kommen. „Als ich den Bericht gelesen habe, stand fest: Diese Familie bekommt die Wohnung“, erklärt die 49-Jährige, die gern anonym bleiben möchte. Sie hätte ohnehin vorgehabt, die Wohnung nicht meistbietend zu vermieten, sondern weil sie sozial eingestellt sei, wollte sie die eigens barrierefrei gestaltete Wohnung entweder an Menschen mit Behinderung oder Bedürftige vergeben.

Ihre Idee, die Wohnung nun der Familie mit afrikanischen Wurzeln zu vermieten, stieß bei ihren Eltern anfangs auf wenig Gegenliebe. Mit dem Vater gab es sogar Streit. Er hatte Vorurteile. Heute sitzt er mit am Tisch und schämt sich dafür, was er einst dachte. In den vergangenen Wochen hat er die fünfköpfige Familie kennen und schätzen gelernt. So half er beim Umzug mit, sah die engen Lebensverhältnisse und die Möbelstücke. Bis ihm der Kragen platzte. Er weigerte sich das Sofa mitzunehmen. „Das ist schrott, sagte er“, erinnert sich Kokou, der damals schockiert war und heute darüber lachen kann. Was er damals nicht wusste, der Wedeler besorgte neue Möbel, tauschte das schwarze Ledersofa mit dem tiefen Riss gegen ein braunes. Das steht nun im sonnendurchfluteten Wohnzimmer, in dem am Feiertag sogar fast alle Freunde und Familienmitglieder Platz fanden.