Elmshorn. Einer Verkettung von Zufällen ist es zu verdanken, dass die Elmshornerin Elke Franke die Grubenlampe ihres verstorbenen Opas bekommt.

Elke Frankes Großvater Josef Michels stirbt im Oktober 1969. Da ist sie vier Jahre alt. Den beiden, Opa und Enkelin, war also nur eine kurze gemeinsame Zeit vergönnt. Trotzdem weiß die heute 50-Jährige noch genau, wie er ausgesehen hat. Großeltern und Eltern bewohnten gemeinsam ein Haus. Das Verhältnis war innig. Einmal besuchte sie Opa Josef in seinem Büro. „Das ist meine letzte Erinnerung an ihn. Dort saß ich dann an einem der beiden großen Holzschreibtische und durfte stempeln mit dem großen runden Stempelkissen“, erzählt Elke Franke.

Ihr Großvater war nach dem Krieg zur Zeche Pörtingsiepen, einem Steinkohlenbergwerk in Essen, gegangen, denn die Bergwerke brauchten Arbeiter. Er fing als Bergmann an, arbeitete sich hoch zum Steiger und bildete als solcher auch aus. Da er vor dem Krieg Notariatsangestellter gewesen war, bekam er schließlich eine Stelle in der Verwaltung, und das war dann dort, wo ihn die kleine Enkelin besuchen kam. Dass die Zeche und ein besonderes Utensil noch eine Rolle in ihrem Leben spielen würden, konnte sie zu diesem Zeitpunkt nicht ahnen.

Rund 40 Jahre später wohnt Elke Franke mit ihrer Familie weit weg von Essen, in Uetersen. Es ist Oktober 2007, ihr Ehemann Reiner ist beruflich auf der Schuhmesse in Schnelsen. Er betreut dort den Stand seiner Firma. So kommt er ins Gespräch mit einem Standnachbarn. Der kommt aus Stuttgart, ist schon im Rentenalter und für einen erkrankten Kollegen eingesprungen. „Man tauscht sich ja aus und fragt auch, wo der andere herkommt“, beschreibt Elke Franke die Situation.

Ihr Mann erzählt dem Kollegen, dass er aus Herne und seine Gattin aus Essen stammt. Das wiederum freut den Standnachbarn. „Mensch, in Essen, da habe ich eine Lehre angefangen“, erinnert sich dieser, „auf der Zeche Pörtingsiepen.“ Was ein Zufall! Reiner Franke kennt die Familiengeschichte seiner Frau genau. Er weiß: Das ist die Zeche, in der ihr Großvater gearbeitet hatte. Das erzählt er seinem Gegenüber natürlich sofort. „Ja, wie heißt der denn?“, will der Kollege aus Stuttgart wissen. „Josef Michels“, antwortet Franke. Der Standnachbar ist baff: ausgerechnet Michels, sein Lehrherr!

Grubenlampe hat eine symbolische Bedeutung

Dann erzählt er Franke eine Geschichte: Michels habe ihm während seiner Lehrzeit etwas versprochen. „Wenn du die Prüfung bestehst, bekommst du meine Grubenlampe“, soll Michels gesagt haben. Da er die Prüfung erfolgreich abschließen konnte, habe sein Lehrherr tatsächlich sein Versprechen eingelöst. „Eine große Ehre“ sei das Geschenk für ihn gewesen.

Elke Franke vermutet, dass die beiden, ihr Großvater und sein Lehrjunge, ein besonders gutes Verhältnis gehabt haben müssen, denn eine Grubenlampe hat eine große persönliche und symbolische Bedeutung für die Bergleute. Licht ist unter Tage natürlich überlebenswichtig. Jeder Bergmann hat daher sein persönliches Exemplar, für das er verantwortlich ist. Am Ende der Dienstzeit unter Tage darf er es dann mit nach Hause nehmen, als Glücksbringer.

Umso erstaunlicher, dass Josef Michels sein Exemplar dem Lehrling schenkte. Vielleicht war er sein letzter, bevor er selbst in die Verwaltung ging.

Der Mann aus Stuttgart weiß das Geschenk zu schätzen. Er hält die Lampe seit zirka 60 Jahren in Ehren. Reiner Franke berichtet seiner Frau von den Neuigkeiten. Sie trifft den Ex-Lehrling selbst und freut sich zu hören, dass er das Geschenk ihres Großvaters zu würdigen weiß. Sie selbst hat bis auf ein paar Fotos keine persönlichen Gegenstände von ihm. Was ihr Mann nicht erzählt, ist ein Satz, den der Stuttgarter ihm zum Abschied gesagt hat: „Die Enkelin soll die Grubenlampe von ihrem Opa haben.“ Reiner Franke gibt ihm seine Adresse und wartet.

Der Oktober vergeht, der November kommt – kein Zeichen des Standnachbarn von der Messe. Im Dezember hat Franke die Hoffnung, dass noch etwas kommt, schon lange aufgegeben.

Es ist der Morgen des 22. Dezember 2007. Elke Franke sitzt beim Frühstück am Tisch und beißt gerade in ihr Brötchen, als es klingelt. Der Paketbote steht vor der Tür. „Was bringen Sie mir denn da?“, will Elke Franke wissen. „Ich habe doch gar nichts aus Stuttgart bestellt.“

Das Stück hat Ehrenplatz in Frankes Haus

Als sie das Päckchen öffnet, „bin ich fast umgefallen“, sagt Franke. Der Absender hat ein Kärtchen dazugelegt: „Wir wünschen Ihnen alles Gute mit der Grubenlampe“, steht darauf.

Heute wohnt Elke Franke in Elmshorn. Die Lampe hat einen Ehrenplatz in ihrem Haus. Für sie ist es das allerschönste Weihnachtsgeschenk ihres Lebens, und sie ist dem Vorbesitzer dafür sehr dankbar. „Diese Grubenlampe wollte wohl irgendwie zurück. Es gibt tatsächlich ein paar Dinge zwischen Himmel und Erde, die wir nicht erklären können.“ So viele Zufälle haben schließlich für ein kleines Weihnachtswunder gesorgt.