Wedel. Die renommierte Werbefilmproduktionsfirma und großer Gewerbesteuerzahler zieht nach Hamburg. Ein schwerer Verlust für die Rolandstadt.

„Let’s move“ ist die Pressemitteilung der Wedeler Markenfilm überschrieben. Auf die Bewegung, die das Traditionsunternehmen in der kurzen Erklärung ankündigt, hätte Wedels Bürgermeisters Niels Schmidt gern verzichtet: Markenfilm verlässt nach 58 Jahren die Rolandstadt und zieht ins Hamburger Karoviertel. „Für uns ist das ein schwerer Schlag“, sagt Schmidt. Die Stadt verliere nicht nur ein bedeutendes Unternehmen und großen Arbeitgeber, sondern auch einen wichtigen Gewerbesteuerzahler.

In einer ehemaligen Strumpffabrik hatte Johannes Bittel 1957 die Markenfilm GmbH & Co. KG gegründet. Seitdem befand sich der Hauptsitz des Familienunternehmens in einer idyllisch gelegenen Villa am Schulauer Moorweg, nur einen Steinwurf vom Wildtiergehege entfernt. Von dort aus eroberte Markenfilm den deutschen Markt. Heute gilt das Unternehmen als größte Werbefilmproduktion bundesweit, unterhält am Standort Wedel gleich vier Studios.

Markenfilm sitzt bereits mit Tochterunternehmen in Hamburg

Seit einigen Jahren ist die Markenfilm-Gruppe bereits am Standort Hamburg vertreten, wo die Tochterfirmen Markenfilm Crossing, Virus und Infected ihren Sitz haben. Markenfilm Co-Chef Johannes Bittel, dessen gleichnamiger Großvater das Unternehmen einst am Standort Wedel begründete, spricht von einer „immer enger werdenden, inhaltlichen Verzahnung der einzelnen Firmen“. Früher habe es eine strenge Trennung der Bereiche gegeben, heute müssten jedoch alle Teile als Einheit verstanden werden. „Kurze Kommunikationswege und kein Streuverlust – das ist die Art, wie heute produziert werden muss. Und dazu bedarf es räumlicher Nähe“, heißt es in der Erklärung weiter.

„Wir arbeiten in einem People-Business“, sagt Bittel. Und er fügt hinzu: „Die Nähe zu unseren Agenturen ist bei der heutigen Geschwindigkeit und Intensität der Projekte unerlässlich.“ Daher würden die 65 Mitarbeiter von Markenfilm zum Neuen Pferdemarkt umsiedeln, wo bereits die Tochterfirmen residieren und der wichtigste Agenturpartner seinen Sitz hat.

Damit würden alle Firmen der Gruppe so eng zusammen rücken wie sie es in den Anfängen einmal waren. Für viele Kreative sei Markenfilm immer „die Produktion weit weg im Wald gewesen“, sagt Bittel in der Erklärung über sein Unternehmen. Dies werde sich nun spürbar ändern. „Natürlich hängt auch ein Hauch Wehmut in der Luft. Aber die Vorfreude auf die neue Situation überwiegt bei weitem.“

Schmidt wurde von den Plänen überrascht

Von Freude kann dagegen bei Wedels Bürgermeister nicht die Rede sein. „Ich habe am Freitagvormittag von den Plänen erfahren und bin davon völlig überrascht worden“, so Schmidt. Noch vor kurzem habe er mit Markenfilm Kontakt gehabt und der Firma helfen können. „Von einem Umzug war da keine Rede.“ Nach seiner Kenntnis sollte dieser in ein bis zwei Jahren über die Bühne gehen. Er wolle jetzt versuchen, so schnell wie möglich mit der Geschäftsführung einen Termin zu bekommen. „Es gibt aus meiner Sicht eine realistische Chance, dass zumindest Teile der Firma hierblieben“, sagt Schmidt. Er denke an die Produktionsstudios, die viel Platz beanspruchen und offenbar nicht mit ins Karoviertel ziehen sollen. Genaueres wisse er jedoch nicht, so Schmidt weiter.

Das Gelände, auf dem Markenfilm aktuell residiert, befindet sich im Besitz des Hauptgesellschafters des Unternehmens. Nach Abendblatt-Informationen soll kein Verkaufsdruck bestehen. 2014 betrug der Umsatz der Markenfilmgruppe mehr als 60 Millionen Euro. In Wedel gingen über die Jahrzehnte viele Prominente, die in den Werbespots mitwirkten, ein und aus. Unter anderem entstand in den Anfangsjahren hier ein Werbespot für „Pepsodent“. Die Kessler-Zwillinge warben für die Zahnpasta. Später folgten illustre Herren wie Sky Dumont, Thomas Gottschalk oder einst auch Max Schmeling. Doch der Promi-Auflauf dürfte bald der Vergangenheit angehören.