Wedel. Bei Markenfilmin Wedel drehten schon Gottschalk und Schmeling. In vier Studios entstehen Werbespots für Edeka, Audi, Ikea und Saturn.
Es war eine der aufwendigsten Aktionen, die die Wedeler Werbespezialisten der Firma Markenfilm GmbH & Co. KG in ihren Studios auf die Beine stellten. Immerhin bauten sie für Drehaufnahmen gleich ein ganzes Haus nach. Wobei eine Seite fehlte und so der Blick hinein in die Wohnstube der ungewöhnlichen Art möglich wurde. Das riesige Puppenhaus war Teil einer Werbekampagne für einen Internetdienstanbieter, der in seinem Werbespot zeigen wollte, welche Möglichkeiten das neueste Produkt bietet. Unter anderem können in einem Haus bis zu sechs Personen gleichzeitig telefonieren und schnell im Internet surfen.
Die Aufgabenteilung ist klar. Der Kunde hat eine Idee oder fordert eine von einer Agentur ein. Mit dieser und dem Szenenbuch im Gepäck geht es auf die Suche nach einer Produktionsfirma für die Umsetzung. In vielen Fällen landen die Kunden dann bei dem Unternehmen Markenfilm mit Hauptsitz in Wedel. „In Deutschland sind wir die größte Werbefilmproduktion“, sagt Sabrina Willmann als Assistentin der Geschäftsführung bei Markenfilm. Für die Firmengruppe, die auch Standorte in Berlin, Hamburg und Zürich hat, sind 200 Mitarbeiter tätig, 80 davon arbeiten in Wedel.
In der idyllisch gelegenen Villa am Schulauer Moorweg, nur ein kurzes Stück vom Wildtiergehege entfernt, befindet sich das Herzstück und die Keimzelle des Familienunternehmens. Denn hier in einer ehemaligen Strumpffabrik begann 1957 die Erfolgsgeschichte: Johannes Bittel gründete die erste Werbefilmproduktion in Deutschland. Unter anderem entstand in den Anfangsjahren hier ein Werbespot für „Pepsodent“. Die Kessler-Zwillinge warben für die Zahnpasta – damals noch mit einem Lächeln in Schwarz-Weiß. Seitdem haben sich zahlreiche Prominente wie Sky Dumont, Thomas Gottschalk oder Max Schmeling in Wedel die Klinke in die Hand gegeben.
Über vier Studios verfügt Markenfilm in Wedel. Jeden Tag werde gedreht, so Willmann. Trotzdem seien die Studios derzeit weniger frequentiert als einst. „Der Trend geht nach draußen“, erklärt Willmann. Gefragt sind Drehaufnahmen vor Ort.
Ein erst kürzlich gedrehter Werbespot wird demnächst deutschlandweit über die Bildschirme flimmern. Darin wirbt Michael „Bully“ Herbig für goldige Gummibärchen. Aus der Wedeler Kreativwerkstatt stammen unter anderem auch die aktuellen Spots für Lufthansa, Audi, Mercedes, Ikea und Saturn. Hinzu kommen Projekte für Social Media, sprich: Internetportale, die von den darauf spezialisierten Tochterunternehmen übernommen werden.
Eine von Markenfilm umgesetzte Kampagne, die gerade über die digitalen Medien stark verbreitet wurde, war zum Beispiel die sogenannte Kassen-Symphonie. Für die ungewöhnliche Melodie, die für die Einzelhandelskette Edeka entstand, gaben Kassiererinnen am Band alles. Am Ende wurden die zahlreichen Pieptöne, die beim Einscannen der Ware ertönen, so zusammengeschnitten, das sich daraus eine Melodie ergab.
Das Ideenreichtum zahlt sich aus. 2014 betrug der Umsatz der Markenfilmgruppe mehr als 60 Millionen Euro. Tendenz steigend. Mit dem Erwerb der C-Film Deutschland im Jahr 2011 ist die Firma zudem in das Spielfilmgeschäft eingestiegen.
Das Geheimnis des Erfolgs erklärt sich Willmann auch mit der Nachwuchsarbeit der Firma. „Die Kreativität bei der Umsetzung wird immer wichtiger.“ Die Regisseure spielen die Hauptrolle. Junge Talente suchen, fördern und ans Unternehmen binden: Das übernehmen firmeneigene Scouts. Deutschlandweit arbeiten derzeit 30 Regisseure mit Markenfilm zusammen. Jeder von ihnen hat ein Spezialgebiet. Der eine kann besser mit Kindern, der andere mit Tieren arbeiten.
Im Ergebnis zählt laut Geschäftsführer Johannes Bittel vor allem gute Unterhaltung: „Werbung wird als Unterhaltung begriffen. Da sich Kanäle und somit die Auswahlmöglichkeiten des Users verändert haben, muss Werbung nicht nur kreativ, sondern auch unterhaltsam sein. Content is king!“