Barmstedt. Das Theater im Kino Barmstedt erweckt den Klassiker „Gott des Gemetzels“ zum Leben und feierte Freitag eine gelungene Premiere.

Eigentlich ist doch alles nicht so schlimm. Zugegeben, der Anlass könnte schöner sein, aber immerhin haben Veronique und Michel Houillé Alain Reille und seine Frau Annette zu sich eingeladen. Dort wollen sie nun klären, wieso der elfjährige Ferdinand Reille seinem Klassenkameraden Bruno Houillé zwei Zähne ausgeschlagen hat. Die unzivilisierte Tat soll zivilisiert und vernünftig besprochen werden. Soll. Wird sie aber nicht.

„Der Gott des Gemetzels“ ist ein anspruchsvoller Stoff. Roman Polanski hat ihn 2011 verfilmt. Die Messlatte liegt also hoch für Regisseur und Schauspieler Dieter Meyn und sein Team. Um es vorwegzunehmen: Es lohnt sich unbedingt, das Stück anzusehen. Die vier Darsteller wirken glaubhaft in der Verkörperung ihrer Rollen: Anfangs bemüht rational und später entfesselt emotional, selbst dramatisch zugespitzte Szenen entbehren nicht einer gewissen grotesken Komik. Zusehends entgleist ihnen die Situation. Als auch noch Alkohol ins Spiel kommt, brechen sich die unterdrückten und aufgestauten Gefühle und Ängste Bahn.

Zu Anfang des Stückes nimmt vor allem Gislinde Zietlow in der Rolle der Veronique für sich ein. Veronique ist Brunos Mutter, arbeitet als Schriftstellerin und sammelt Kunstbände. Sie wirkt souverän, scheint alles im Griff zu haben und hat immer ein Lächeln auf den Lippen. Später kann aber auch das Lächeln nicht mehr die sich auftuenden Gräben überbrücken, es verzerrt sich. Zietlow zieht mimisch, gestisch und mit klarer Stimmmodulation alle Register.

Die Mutter des Missetäters wird von Sina Strunk gespielt. Die Gestalt der Annette erscheint gegen Veroniques Präsenz erst einmal blass. Wie sollte es auch anders sein, Annette ist Anlageberaterin, wirkt engagiert und moralisch-politisch korrekt, führt aber in Wirklichkeit ein langweiliges Leben an der Seite ihres Mannes Alain. Das kotzt sie im wahrsten Wortsinn an und sie sich aus. Auf ihrem Weg zur Selbsterkenntnis nimmt sie immer mehr Kontur an, was darin gipfelt, dass sie sich ihres ganzen Elends bewusst wird und beschließt, ihren Kummer in Alkohol zu ertränken und das Handy ihres Mannes in der Blumenvase.

Ein roher Akt, ist doch das Handy für ihren Mann, einen Anwalt, das Wichtigste überhaupt. In den Fokus rückt er das erste Mal, als es klingelt: Für seinen Auftraggeber bahnt sich gerade ein Pharmazieskandal an, eine schnelle Reaktion ist gefordert.

Methodisch plant er am Telefon die Verschleierung des Skandals um ein blutdrucksenkendes Mittel. Dumm nur, dass Michels Mutter dieses Mittel nimmt. Überhaupt Michel: Der so ruhig und bedacht Agierende hat auch einige Leichen im Keller beziehungsweise einen Hamster. Das Haustier hat er aufgrund persönlicher Abneigung im Rinnstein ausgesetzt. Michel ist es auch, der den Alkohol ins Spiel und somit die Handlung voranbringt.

Nächster Aufführungstermin ist der 22. Oktober. Das Stück wird außerdem am 5. und 19. November sowie am 4. und 18. Dezember, jeweils um 20 Uhr, in der Kulturschusterei gezeigt. Karten gibt es für zehn Euro in der Buchhandlung Lenz sowie für zwölf Euro an der Abendkasse.