Holm. 82 Mitarbeiter bangen um Existenz der Holmer Vorzeigebaumschule. Betrieb geht weiter, Gespräche mit Investoren folgen.

Eine der größten und renommiertesten Baumschulen des Kreises Pinneberg befindet sich in einer schweren Krise. Am Freitag hat BKN Strobel mit Sitz in Holm beim Amtsgericht Pinneberg Insolvenz angemeldet. Inzwischen wurde die Hamburger Rechtsanwältin Jennie Best als vorläufige Insolvenzverwalterin für die Produktions- und die Pflanzenhandelsgesellschaft des Betriebes eingesetzt. Sie verschaffte sich Montag einen Überblick über die wirtschaftliche Situation.

Nach der Insolvenz der Euro-Baumschule Rudolf Schmidt aus Halstenbek ist BKN Strobel bereits der zweite Traditionsbetrieb aus dem Kreis Pinneberg, der 2015 in schweres Fahrwasser gerät. Beide Firmenpleiten sind jedoch nicht vergleichbar: Während die Euro-Baumschule Rudolf Schmidt aufgrund des Russland-Embargos und der damit einhergehenden Rubel-Abwertung wichtige Absatzmärkte in Osteuropa verlor, bekam BKN Strobel ein Problem im Inland: Das Holmer Unternehmen war einer der Hauptlieferanten der Max Bahr/Praktiker-Baumarktkette. Die Baumarktpleite soll BKN Strobel hohe Verluste beschert haben, gleichzeitig blieben die Holmer auf ihren Pflanzen sitzen.

Insolvenzverfahren werden voraussichtlich am 1. Dezember eröffnet

Laut der vorläufigen Insolvenzverwalterin Jennie Best von der Hamburger Kanzlei Reimann Rechtsanwälte werden die Insolvenzverfahren für beide Gesellschaften voraussichtlich am 1. Dezember 2015 eröffnet. Ziel ist eine nachhaltige Sanierung – und damit der Erhalt der insgesamt 82 Arbeitsplätze. Die Löhne und Gehälter der Beschäftigten sind zunächst bis Ende November 2015 durch das Insolvenzgeld der Bundesagentur für Arbeit gesichert.

„BKN Strobel besitzt mit seinen hochmodernen und nachhaltigen Produktionsverfahren einen ausgezeichneten Ruf in der Branche. Ich bin zuversichtlich, rasch eine zukunftsfähige Lösung für den angesehenen Traditionsbetrieb zu finden“, sagt Jennie Best.

Anfang Oktober würden bereits erste Gespräche mit Investoren stattfinden. Für die Kunden seien keine Nachteile aus der Insolvenz zu erwarten, der Geschäftsbetrieb werde in unverändertem Umfang fortgeführt. BKN Strobel ist spezialisiert auf die Anzucht von Freiland- und Container-Rosen und zählt auf diesem Geschäftsgebiet zu den größten Unternehmen Europas. Die Produktpalette setzt sich aus 300 verschiedenen Rosensorten zusammen, die ganzjährig versendet werden. Über die Pflanzenhandelsgesellschaft, die auch Produkte zukauft, beliefert das Holmer Unternehmen auch Gartencenter in ganz Deutschland.

Wurzeln des Unternehmens reichen bis in die 1920-Jahre zurück

Die Wurzeln des Unternehmens reichen bis in die 20er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts zurück, als Gustav Strobel in Pinneberg die Firma Strobel und Co Baum- und Rosenschulen gründete. Sie befasste sich zunächst mit der Produktion von Freilandpflanzen. 1951 übernahm Strobel und Co die Generalvertretung der französischen Rosenzüchter-Firmengruppe Meilland. Seit 1963 werden neben Rosen auch Baumschulgehölze im Container gezogen. 1987 übernahm das Rellinger Baumschulenkontor Nord (BKN) Strobel und Co. Seitdem lautet der neue Firmenname BKN Strobel. 2002 zog der Betrieb auf ein 60 Hektar großes Firmengelände nach Holm, wo heute 80 Hektar bewirtschaftet werden.

Das Unternehmen wurde mehrfach ausgezeichnet, erhielt unter anderem 2006 den „Taspo Award“, der als „Oscar“ der Baumschulbranche gilt. Trotz der Insolvenz der beiden Branchengrößen sieht Frank Schoppa, Geschäftsführer des Landesverbands Schleswig-Holstein im Bund deutscher Baumschulen (BdB), die Branche nicht in einer Krise. „Insolvenzen hat es immer schon gegeben, auch von großen Betrieben.“ Schoppa spricht von einem Strukturwandel in der Branche. „Es sind Überkapazitäten auf dem europäischen Markt vorhanden, und es herrscht ein enormer Kostendruck.“ In diesen Zeiten zeige sich, welche Betriebe überlebensfähig sein und welche nicht. Gerade kleine oder ältere Betriebe, die nicht mehr über die neuesten Produktionstechniken verfügen, seien gefährdet. Auch größere Betriebe hätten es zunehmend schwerer, weil sie aufgrund ihrer Größe auf Krisen nicht so flexibel reagieren könnten.

Im Kreis Pinneberg, aus dem mehr als 90 Prozent aller Forstpflanzen aus Schleswig-Holstein stammen, geht laut BdB die Zahl der Betriebe zurück. Aktuell sind im Kreis 239 Baumschulbetriebe ansässig, 1990 waren es noch 462. Allerdings steigt die Anbaufläche pro Betrieb stetig an. Laut BdB geht die Tendenz dahin, dass sich die verbleibenden Betriebe flächenmäßig deutlich vergrößern. So betrage die mittlere Betriebsgröße im Bereich Pinneberg inzwischen 15 bis 20 Hektar.