Pinneberg. Die Kreisstadt will Asylbewerber künftig zentral unterbringen. Umstrittenes DRK-Heim am Rehmen und Kaserne wären mögliche Standorte.

Kein Platz für Menschen in Not, weil der Bau von Unterkünften stockt. Asylbewerber, die vom Gerichtsvollzieher besucht werden, weil sie für Hotelzimmer zahlen sollen. Geht es um den wachsenden Zustrom von Flüchtlingen, gibt Pinneberg kein gutes Bild ab. Und neue Zahlen steigern den Druck. Bis Ende 2015 soll sich die Anzahl der Asylbewerber von aktuell 290 auf mehr als 500 erhöhen. Während der Ratssitzung könnte daher an diesem Donnerstag ein Tabu gebrochen werden. Stimmt die Politik zu, verabschiedet sich die Kreisstadt vom Konzept der dezentralen Unterbringung. Somit würde der Weg für große Flüchtlingsheime frei gemacht.

Eines davon könnte in einer Halle auf dem Areal der ehemaligen Egger-stedt-Kaserne entstehen, wo nach einem Umbau mehr als 100 Asylbewerber unterkommen könnten. Ein weiteres in einem seit 2012 leer stehenden DRK-Seniorenheim am Rehmen. Das wäre zweifellos eine sensationelle Kehrtwende. Bisher hatten es Politik und Verwaltung strikt abgelehnt, ein seit Monaten vorliegendes Angebot des Roten Kreuzes anzunehmen. Man zog es stattdessen vor, das in den 60er-Jahren dem DRK überlassene Gelände mittels Klage zurückzufordern.

Der Zwist könnte jetzt friedlich beigelegt werden. Das jedenfalls schlägt Pinnebergs SPD vor, die zudem für den 17. September eine Sondersitzung des Hauptausschusses initiiert hat. Das Gremium soll sich ausschließlich um das drohende Desaster bei der Unterbringung von Flüchtlingen kümmern. SPD-Sprecher Herbert Hoffmann begründet die Initiative: „Bei uns brennt die Hütte, in der Vergangenheit ist zu wenig passiert, man fühlt sich nicht gut als Pinneberger.“ Während der Sitzung des Hauptausschusses sei die Stadtverwaltung aufgefordert, „die Hosen runterzulassen“. Schließlich stehe seit langem Geld für den Bau von Flüchtlingsunterkünften bereit. „Dass auch wirklich gebaut und saniert wird, dafür trägt die Stadtverwaltung die ausschließliche Verantwortung“, so SPD-Fraktionschefin Angela Traboldt. Sie spricht von einer unsäglichen und unverantwortlichen Situation, die derzeit in der Stadt Pinneberg herrsche.

Die SPD will Bürgermeisterin Urte Steinberg per Antrag auffordern, „unverzüglich Gespräche mit dem Roten Kreuz aufzunehmen, um das ehemalige DRK-Heim sofort zu übernehmen“. Grundlage solle ein rechtsverbindlicher Vertrag sein, der einen Kaufpreis festschreibe und in dem das Rote Kreuz den endgültigen Verzicht auf jegliche Ansprüche bestätige. Unabhängig von den Verhandlungen sei sofort zu prüfen, wie teuer die Sanierung des Gebäudes am Rehmen komme. Weitere Unterkünfte seien in einem ehemaligen Kindergarten in der Straße Horn sowie in einem Gebäude in der Elmshorner Straße 193 zu schaffen, so die SPD in dem Antrag

Pinnebergs Stadtsprecher Marc Trampe, der sich im Rathaus um das Thema Flüchtlinge kümmert, wurde von dem SPD-Vorstoß kalt erwischt. Die Einladung zu der Sondersitzung des Hauptausschusses sei sehr kurzfristig auf den Tisch gekommen. Trampe bestätigte am Mittwoch, dass auch in der Stadtverwaltung über eine Einigung mit dem DRK diskutiert werde. „Es gibt keine Denkverbote mehr.“ Die rechtliche Prüfung laufe. Die Abkehr von der dezentralen Unterbringung sei dem steigenden Druck geschuldet: „Kleinere Unterkünfte bedeuten hohen Planungsaufwand bei wenig Ertrag“, so Trampe. Bürgermeisterin Urte Steinberg werde während der Ratsversammlung am Donnerstagabend ausführlich Stellung beziehen.

Die Grünen hatten bereits vor Monaten gefordert, das DRK-Heim mit knapp 100 Zimmern und weitgehend intakten Sanitäranlagen für die Unterbringung von Flüchtlingen zu nutzen. Sie waren jedoch mit ihrer Initiative gescheitert. DRK-Kreischef Reinhold Kinle hatte sein Angebot, sich auch bei der Betreuung der Asylbewerber zu engagieren, erst kürzlich erneuert – trotz anhaltender Fehde mit der Stadt.