Kreis Pinneberg. Städte und Gemeinden ringen um Lösung zur Unterbringung von Asylbewerbern. Kreis Pinneberg prüft Sammelunterkunft.

Der Winter steht vor der Tür, die Zahl der Flüchtlinge ist anhaltend hoch und um nötige Unterkünfte in den Städten und Gemeinden wird gerungen. Für Unruhe sorgte daher die Ankündigung des Landes, dass sich die hohe Zahl an Asylbewerbern, zurzeit 1600 laufende Asylverfahren im Kreis Pinneberg, noch einmal deutlich erhöhen wird. Schon Mitte des Monats sollen es 100 Menschen pro Woche sein – so viel, wie im gesamten Jahr 2010 in den Kreis Pinneberg kamen. Das stellt die Verwaltungen, die für die Unterbringung verantwortlich sind, vor große Herausforderungen. Am Mittwoch trafen sich deshalb die Bürgermeister und Amtsleiter zu einem Krisengespräch im Elmshorner Kreishaus.

„Seit letzter Woche wissen wir, dass wir mit einer Vervierfachung der Zuweisung von Flüchtlingen seitens des Landes im Vergleich zum Vorjahr rechnen müssen“, so Landrat Oliver Stolz. Für die Kommunen bedeutet das vor allem Probleme. Denn der Wohnungsmarkt ist leergefegt, Wohncontainer sind kaum mehr zu bekommen, und der Neubau von Notunterkünften kostet Zeit. „Die unmittelbare Versorgung in den nächsten Wochen scheint mir weitgehend gesichert“, sagt Stolz. Allerdings räumt er mit Blick auf die avisierten Zuweisungszahlen ein: „Sie übersteigen jegliche bisher realistische Planung und Möglichkeiten der Kommunen.“ Deshalb wolle sich nun auch die Kreisverwaltung einbringen und die einst auf Eis gelegten Pläne zur Schaffung von zentralen Sammelunterkünften erneut aufnehmen: „Wir erkennen Handlungsbedarf, kurzfristig Unterbringungsmöglichkeiten zu schaffen, wir reden hierbei vorsorglich über bis zu 2000 Plätze.“ Wie, wann und wo diese Plätze geschaffen werden sollen, ist aber noch unklar.

Klar ist, dass in vielen Städten die angestrebte dezentrale Unterbringung nicht mehr möglich ist. Wedels Bürgermeister Niels Schmidt sagt: „Die Zahl der wöchentlichen Zuweisung für Wedel wird sich verdoppeln. Wir müssen jetzt über unkonventionelle Maßnahmen nachdenken.“ Was das bedeutet, konkretisierte er auf Nachfrage: „Wir sprechen nicht von Enteignung. Es geht darum, dass Standards, die wir gestern für richtig gehalten haben, angesichts der Situation nicht zu halten sind.“ Ziel sei es, die Unterbringung in Turnhallen und Zelten zu verhindern. „Das wird für viele Kommunen und auch für Wedel schwierig.“ Unter anderem wird nun die Umwidmung von gewerblich genutzten Flächen geprüft.

Ähnlich sieht es in Schenefeld aus. Auch hier wird die Zahl von bislang etwa fünf auf bis zu zehn Asylbewerber pro Woche steigen, die die Stadt unterbringen muss. Auch hier wird die Umwidmung von Büroräumen aber auch die Schaffung von neuen Unterkünften geprüft.

Pinneberg beherbergt aktuell 280 Flüchtlinge. Ab Mitte September kommen mindestens 15 pro Woche hinzu. Schon jetzt müssen 131 Asylbewerber in Hotels untergebracht werden. Rathaussprecher Marc Trampe sucht nach Lösungen: „Es gibt kein Denkverbot mehr.“ Gut möglich, dass Trampe der Politik vorschlagen wird, künftig auf zentrale Unterbringung zu setzen.

Die Stadt Quickborn, die bislang 210 Flüchtlinge in 28 angemieteten oder gekauften Objekten dezentral untergebracht hat, rechnet bis Ende des Jahres mit 300 Flüchtlingen. „Diese Woche kamen fünf, nächste Woche sind es acht weitere“, sagt Thomas Glindemann, stellvertretender Fachbereichsleiter. „Wir stellen seit Juli einen sprunghaften Anstieg fest.“

130 Flüchtlinge sind derzeit in Tornesch untergebracht, erklärt die stellvertretende Leiterin des Sozialamtes Katja Koch. Ursprünglich wurde davon ausgegangen, dass bis Jahresende 15 bis 20 hinzukommen. Jetzt werden es wohl 40 bis 50 werden, ergänzt Sven Reinhold. Bisher konnten die Flüchtlinge über Wohnungsbauunternehmen und gewerbliche Anbieter untergebracht werden. In der Verwaltung wird auch über eine zentrale Unterbringung nachgedacht. Mit dem Thema befasst sich der Hauptausschuss am 14. September in nicht-öffentlicher Sitzung.

In Barmstedt konnten die 100 Flüchtlinge bislang dezentral untergebracht werden. Aber bald könnte es „eng werden“, glaubt Bürgermeisterin Heike Döpke. Der geplante Neubau an der Feldstraße müsse nun schnell umgesetzt werden. „Wir brauchen dringend weitere Unterkünfte, denn der Flüchtlingsstrom reißt nicht ab.“

Elmshorns Bürgermeister Volker Hatje sieht die Entwicklung mit Besorgnis: „Sollten die Prognosen zutreffen, geht das weit über die Grenze des Möglichen hinaus, auch was die Belastung der Mitarbeiter betrifft.“ Trotz knappem Wohnraum wolle man am Prinzip der dezentralen Unterbringung festhalten. „Wir wüssten zum jetzigen Zeitpunkt auch nicht, wo wir eine Sammelunterkunft einrichten könnten.“