Wedel. Ende des Jahres soll Entscheidung über Kraftwerksneubau in Wedel fallen. Kleine Variante und Stellingen als Alternativen.

Lange hat es gedauert, doch knapp ein Jahr, zahlreiche Gesprächsrunden und Hunderttausende Euro später, ist das umfangreiche Gutachten zur Hamburger Fernwärmeversorgung fertig. Was das mit Wedel zu tun hat? Viel. Denn in dem 100 Seiten starken Werk geht es vor allem um die Zukunft des Kraftwerkstandorts in Wedel und um das dort geplante 500 Millionen Euro teure neue Innovationskraftwerk. Gegen dieses Bauprojekt hatte sich in Wedel vor allem unter betroffenen Anwohnern massiver Widerstand formiert. Ein Bürgerentscheid und zahlreiche Klagen gegen den genehmigten Bebauungsplan waren die Folge.

Das Gutachten, in dessen Entstehung Vertreter aller Hamburger Parteien sowie zahlreiche Verbände eingebunden wurden, gilt als Fingerzeig für die ausstehende Entscheidung, ob in Wedel wirklich gebaut wird oder nicht. Nach dem durch einen Volksentscheid beschlossenen Rückkauf der Netze muss diese Entscheidung nun vom Hamburger Senat getroffen werden. Damit dieser eine Grundlage hat, sollte das Gutachten her. Für das umfangreiche Werk zur zukünftigen Wärmeversorgung der Hamburger Haushalte, die bislang von Wedel aus sichergestellt wurde, rollten die Experten das Verfahren noch einmal von vorn auf.

Weniger Proteste in Stellingen vermutet

Das Ergebnis: Nach Prüfung zahlreicher Standorte und der näheren Untersuchung von 19 Flächen in Hamburg läuft es einmal mehr auf ein Rennen zwischen den beiden Standorten Stellingen und Wedel hinaus. Allerdings bringen die Gutachter als Alternative für das Innovationskraftwerk in Wedel eine kleiner dimensionierte Anlage ins Spiel. Zusammenfassen lässt sich das Gutachten in etwa so: Soll es vor allem schnell gehen, dann treibt man die bereits vorangeschrittenen Planungen fürs Innovationskraftwerk in Wedel voran. Ist allerdings der politische Wille für eine andere Technologie als Gas da oder eine kleine Anlage gewünscht, spricht viel für den Standort Stellingen. Letzterer wird auch mit Blick auf die Gegenwehr der Nachbarschaft positiver bewertet. Dort vermutet man deutlich weniger Proteste.

Die beiden Standorte waren bereits vor knapp drei Jahren im Entscheidungsprozess um den Neubau immer im Gespräch. Für Wedel gab den Ausschlag, dass dort bereits ein Kraftwerksstandort etabliert ist und die Fernwärmeleitung bereits existiert. Auch das wird weiterhin positiv für den Standort beurteilt. Hinzu kommt, dass für das geplante Gaskraftwerk bereits eine Baugenehmigung vorliegt. Das spart Zeit – so viel Zeit, dass alle Alternativen, auch kleinere Kraftwerke, laut Gutachter deutlich später ans Netz gehen würden. So würde der Wechsel des Standortes oder der Technologie zum Beispiel von Gas- zu Biomasse etwa zwei Jahre Zeit kosten. Zeit, die man mit dem Weiterbetrieb des Wedeler Kohlekraftwerks überbrücken müsste. Das geplante Wedeler Gaskraftwerk könnte laut Gutachten 2019 schon Wärme produzieren.

Entscheidung soll Ende 2015 fallen

Ein längerer Betrieb des alten Meilers? Das hört Wedels Bürgermeister Niels Schmidt ungern. Auf eine Entscheidung aus Hamburg, wie es in Sachen Kraftwerk weitergeht, wartet man im Rathaus gespannt. Denn die Entscheidung hat direkte Auswirkungen auf Wedels großes Zukunftsprojekt, den neuen Businesspark. „Ein Gaskraftwerk ist sehr viel verträglicher mit unseren Entwicklungsplänen auf dem Businessareal“, erklärt Schmidt.

Das neue Gerwerbegebiet grenzt direkt ans Kraftwerksareal am Tinsdaler Weg an. Ein Problem ist das Ammoniaklager des Kohlekraftwerks, das die Nutzung von Teilen des Businessparks einschränkt. Denn in der Nähe des Ammoniaklagers gelten verschärfte Aufenthalts- und Sicherheitsregeln. Doch gerade vom Verkauf der Filetgrundstücke an der Elbe verspricht sich Wedel Einnahmen für die klamme Stadtkasse. Zudem will man hierher große Unternehmen samt Gewerbesteuer locken.

„Über einen verlängerten Betrieb des Kohlekraftwerks sind wir nicht glücklich“, so Schmidt, der sich auf genau diesen Fall aber schon seit längerem eingestellt hat. „Da sich alle Zeitpläne nach hinten verschoben haben, kann man davon ausgehen, dass das Kohlekraftwerk länger am Netz bleiben wird.“ Das Gutachten und seine Ergebnisse kennt Schmidt aber nicht. Denn die Stadt war in den Prozess nicht miteinbezogen worden. Schmidt nimmt den Platz auf der Zuschauerbank trotz der sonst so oft beschworenen Zusammenarbeit in der Metropolregion gelassen: „Es geht um ein energiepolitisches Thema in Hamburg. Zwar ist Wedel davon betroffen, aber das ist eine Hamburger Entscheidung.“

Die soll Ende 2015 fallen. „Eine Entscheidung, ob in Wedel ein Ersatzkraftwerk im bislang geplanten Umfang gebaut werden soll oder nicht, soll noch in diesem Jahr fallen. Das Gutachten soll der Entscheidungsfindung dienen“, erklärt Jan Dube als Sprecher der zuständigen Hamburger Behörde für Umwelt und Energie.