Kreis Pinneberg. Veranstaltungszentrum Drostei noch immer ohne Lift: Menschen mit Handicap müssen draußen bleiben. Das könnte sich bald ändern.

Brigitte Oehrlein liebt die Kunst. Nur zu gern würde die 68-Jährige Ausstellungen in Pinnebergs Landdrostei besuchen. Doch das kann sich die Rentnerin abschminken. Denn Brigitte Oehrlein hat ein Handicap. Knie und Hüfte wollen nicht mehr so recht. Die steilen Treppen des Kreiskulturzentrums stellen somit eine unüberwindliche Hürde dar. Seit vielen Jahren wird darüber diskutiert, den Barockbau an der Dingstätte barrierefrei zu gestalten – bislang ohne Ergebnis. Geht es nach Axel Vogt, dem kürzlich eingesetzten Behindertenbeauftragten des Kreises, kommt jetzt Bewegung in die Angelegenheit.

Gisela Meyer-Hahn steht vor der Drostei und schüttelt mit dem Kopf. Die Pinneberger Künstlerin hat schon vor vielen Jahren Alarm geschlagen, weil gehbehinderte Menschen hier draußen bleiben müssen. „Jeder Steuerzahler sollte Zugang zur Kultur haben“, sagt Meyer-Hahn. Sie hat sich an Axel Vogt gewandt, nachdem der im Frühjahr für zwei Jahre zum Behindertenbeauftragten des Kreises bestellt worden war. Vogt kümmert sich um die Belange von 22.000 Menschen mit Handicap. Und der hat bereits reagiert, das Gespräch mit den Verantwortlichen gesucht. „Mögliche Varianten einer Umgestaltung wurden erörtert“, sagt Vogt. In Frage komme aus Gründen des Denkmalschutzes nur der Einbau einer Fahrstuhls ins Gebäudeinnere. Ihm sei zugesagt worden, zwei mögliche Varianten zu prüfen. „Gerade für Menschen mit Behinderungen ist Teilhabe am Kulturbetrieb unheimlich wichtig“, sagt Vogt.

Kreissprecher Oliver Carstens bestätigt, dass sich die Politik nach den Sommerferien mit der Thematik befassen soll. Eine Verwaltungsvorlage werde derzeit erarbeitet. Zu entscheiden sei, ob das Gutachten eines Architekten in Auftrag gegeben werden soll. „Die aktuelle Situation ist sehr unglücklich, der Kreis würde es sehr begrüßen, wenn ein Fahrstuhl eingebaut werden könnte.“ Allerdings müsse zunächst geklärt werden, ob die Statik des Gebäudes einen derartigen Eingriff zulasse. Den Anbau eines Lifts im Außenbereich des denkmalgeschützten Hauses schließt Carstens aus. Über die Kosten eines Fahrstuhl im Inneren will der Kreissprecher nicht spekulieren.

Die 74-jährige Wanda Kahl würde es freuen, wenn nach Jahren der Diskussion endlich ein Durchbruch erzielt würde. Sie habe sich kaum eine Ausstellung entgehen lassen, als sie noch mobiler war. Steile Treppen machten es ihr jedoch mittlerweile unmöglich. Ingrid Lässig, die als an Folgeschäden von Kinderlähmung leitet und sich beim Schenefelder Kunstkreis engagiert, geht es ähnlich. „Die Nutzung der Toiletten im Obergeschoss ist für mich nicht möglich,“ sagt sie.

Gisela Meyer-Hahn will sich weiterhin dafür einsetzen, dass auch Menschen mit Handicap in den Genuss kultureller Veranstaltungen in Pinnebergs Drostei kommen. Sie verweist auf den Kulturdialog des Landes Schleswig-Holstein, in dem derzeit Leitlinien der Förderung erarbeitet werden. In einem Grundsatzpapier ist der ungehinderte Zugang zur Kultur festgeschrieben.

Das ist ein Tenor, dem Jens Bollwahn ohne Abstriche folgen kann. Der Geschäftsführer der Stiftung Landdrostei hat kürzlich Gespräche mit den Denkmalschützern geführt. „Wir wollen diesen Fahrstuhl, ich glaube nicht, dass es am Geld scheitern wird.“ Es sei wichtig, dass jetzt Geld für ein Statik-Gutachten bereitgestellt werde. Bollwahn geht davon aus, dass die Expertise mindestens 10.000 Euro kosten wird. Sollte der Architekt grünes Licht geben, ist Bollwahn optimistisch, dass Fördergelder von der Europäischen Union einzuwerben sind. „Wir werden dann alles tun, den Haushalt des Kreises zu schonen.“

Vogt und Meyer-Hahn wollen auf jeden Fall am Ball bleiben

Axel Vogt will in jedem Fall am Ball bleiben. Er sei einmal im Monat zum Jour fix in der Kreisverwaltung. „Ich will wissen, wie es weitergeht, werde auch in diesem Fall penetrant sein“, sagt der Behindertenbeauftragte des Kreises Pinneberg. Auch Künstlerin Gisela Meyer-Hahn will den Finger in die Wunde legen, wenn sich nichts tun sollte. Ein Engagement, das die 79-Jährige Inge Schmidt, die gern Kammerkonzerte in der Drostei sieht, begrüßt. „Das ist ein wunderbares, für viel Geld restauriertes Haus“, sagt sie. Eines, das in Zukunft allen Menschen zugänglich sein müsse.