Elmshorn. Ein Blick hinter die Kulissen bei der NDR Bigband vor dem Auftritt im Elmshorner Reitstall beim Schleswig-Holstein Musik Festival.
„Check eins, Check zwei“, ertönt es aus der Ecke der Reithalle. „Thorsten, spielst du bitte noch einmal die Trompete?“ Stephan Leppkes, Produktionsingenieur und Ton-Berater der NDR Bigband kontrolliert am Mischpult den Sound der Instrumente. Es ist 17.30 Uhr, zweieinhalb Stunden vor Konzertbeginn in Elmshorn. Zeit für den Soundcheck mit der 17-köpfigen Band. Für die Tontechnik ist die Probe vor dem Konzert mit so vielen Musikern unentbehrlich. Leppkes ist schließlich verantwortlich dafür, dass das Publikum am Ende die Solisten so hört, wie sie auf der Bühne klingen. „Es ist ganz entscheidend für mich, wie viele Leute sich das Konzert angucken“, sagt Leppkes. „Die Menschen mit Kleidung schlucken Schall.“
Das Konzert in der Reithalle im Rahmen des Schleswig-Holstein Musik Festivals (SHMF) ist seit langem ausverkauft, Leppkes kann sich auf ein großes Publikum einstellen: Etwa 800 Besucher strömen zu ihren Plätzen, jeder Stuhl wird besetzt sein. Vom Trubel hinter den Kulissen bekommen die Gäste nichts mit. Neben Pferdestall und Sektstand genießen die Bigband-Fans die entspannte Atmosphäre.
Bei Chefdirigent und Bigband-Leiter Jörg Achim Keller ist kurz vor Konzertbeginn nur noch Small-Talk mit seinen Musikern angesagt. „Das Warten nervt nicht nur beim Busfahren, sondern auch hinter der Bühne.“ Ein Einschwören seiner Musiker bringt seiner Meinung nach nichts mehr. „Wenn einem etwas im Vorfeld schon schwer fällt, wird es auf der Bühne auch nicht einfacher sein“, sagt Keller.
Kontrabassist Detlev Beier hat sich draußen vor der Konzerthalle mit einem Stuhl auf eine Grünfläche gesetzt. Vor der Hektik und vor dem Auftritt zieht er sich am liebsten zurück. „Jeder sucht sich seinen Platz“, sagt der NDR-Bigband-Musiker. „Der eine sucht die Ruhe, der andere trinkt einen Kaffee oder geht eine Zigarette rauchen.“
„Proben sind dazu da, gezielt den Finger in die Wunde zu legen“
Auch bei einem Spaziergang findet der 57-Jährige Entspannung. „Das ist das Beste, um die Konzentration auf das Konzert zu bekommen“, so der Kontrabassist. „Das ist eine sehr subjektive Vorbereitung, das handhabt jeder anders.“ Detlev Beier übernimmt seit 30 Jahren die Vertretung des Kontrabassisten in der Band, die 2013 sogar mit dem Echo Jazz Award für eine Produktion mit dem italienischer Jazz-Pianist Stefano Bollani ausgezeichnet wurde. Ein bisschen Aufregung sei nach all den Jahren an Bühnenerfahrung trotzdem zu spüren. „Ich fühle eine gesunde Spannung vor dem Auftritt, aber ich bin nicht so nervös, dass es mich beim Spielen hemmt.“
Um souverän auf der Elmshorner Bühne spielen zu können, hat das Musiker-Team vier Tage lang geübt. „Proben sind dazu da, gezielt den Finger in die Wunde zu legen“, so Jörg Achim Keller. „Ich möchte jedem Musiker die Chance geben, die Stellen zu spielen, die noch unsicher sind.“ Eine so große Truppe wie die NDR Bigband zu koordinieren ist jedoch kein leichtes Unterfangen. Ohne Regeln und Konzentration ist ein erfolgreiches Spielen kaum möglich. „Es ist auf der einen Seite ganz deutlich hierarchisch“, sagt der Chefdirigent. „Beim Proben habe ich das Sagen, in einer Band, die mit so vielen unterschiedlichen Jazz-Charakteren besetzt ist, ist das nötig.“ Hinter der Bühne sei es die Aufgabe des Leiters, für Sicherheit zu sorgen. „So kann jeder locker und mit Freude auf der Bühne agieren.“
Die Veranstaltungen des Schleswig-Holstein Musik Festivals liegen dem Orchester am Herzen. „Das SHMF ist eines der wichtigsten, wenn nicht sogar das wichtigste Festival, auf dem wir spielen“, sagt Dirigent Keller. „Es ist ein wichtiger Moment für uns, es ist das letzte Konzert vor Saisonende.“ Nach dem Auftritt in Elmshorn geht es für die Band erst einmal in die Ferien. Die versammelte Mannschaft aus Orchester und Technikteam räumt die Reithalle und fährt zurück nach Hamburg – mit einem Reisebus und zwei Lastwagen.