Pinneberg. Ein Zahlungsaufschub bis zum 15. September soll Pinnebergs 100-Millionen-Projekt retten. Ein Investor ist scheinbar abgesprungen.

Marcel Graff steht auf dem Balkon seines Büros im Hamburger Stadtteil Barmbek. Knapp 20 Kilometer nordwestlich liegt Pinneberg. Die Stadt, in der 42-Jährige in aller Munde ist. Spätestens seit Februar 2015, als der Geschäftsführer des Bildungsträgers Wabe mit seinem Konzept für einen XL-Campus samt Vier-Sterne-Hotel aufwartete. Seit vergangener Woche bangt Pinneberg um das 100-Millionen-Euro-Projekt. Irritationen um Grundstücksgeschäfte sind der Grund. Graffs für das Projekt gegründete Gesellschaften sind in Zahlungsrückstand geraten. Die Stadt wartet auf 2,6 Millionen Euro. Stimmt die Politik während der Ratsversammlung an diesem Donnerstag zu, bekommt der Wabe-Chef einen Zahlungsaufschub – bis zum 15. September. Acht Wochen Luft für ein ehrgeiziges Bauprojekt, das nicht zu einer Luftnummer werden soll. „Ich glaube weiterhin an unser Konzept“, sagt Graff. Mit seinen Banken sei er auf einem guten Weg. „Wir bekommen die Finanzierung hin.“

Mit den Gründen für die aktuellen Schwierigkeiten hält Graff nicht hinterm Berg. Ein Investor sei ausgestiegen, was zwangsläufig zu neuen Überlegungen geführt habe. Die Life School, die als Partner für den Bau einer Internationalen Schule parat gestanden habe, sei mittlerweile nicht mehr im Boot. „Wir haben uns daraufhin entschieden, die Schule allein zu bauen.“ Für die Wabe bedeute das inklusive Turnhalle eine Investition von rund 50 Millionen Euro. Andere Bausteine des XL-Campus könnten nur mithilfe finanzkräftiger Investoren folgen – woraus er auch nie ein Geheimnis gemacht habe. Diesbezügliche Gespräche liefen. Der angesehene Hotelier Gert Prantner, Geschäftsführender Gesellschafter der RIMC International Hotel Resort Management und Consulting mit Sitz in Hamburg, sei weiterhin bereit, als Betreiber einer Vier-Sterne-Herberge einzusteigen. Auch an dem Ziel, eine Akademie für Erzieher auf dem 37-Hektar großen Areal der ehemaligen Eggerstedt-Kaserne anzusiedeln, werde festgehalten.

„Die Schule geht noch 2016 an den Start“

Eine ausstehende Kaufrate für das der Internationalen Schule zugedachte Grundstück hat Graff Ende vergangener Woche überwiesen. 1,5 Millionen gingen bei der Stadt Pinneberg ein. Für den Wabe-Geschäftsführer ein klares Signal, dass es weitergeht. Zumal bereits mehr als 500.000 Euro in die Gesamtplanung investiert worden seien. „Die Schule geht noch 2016 an den Start“, verspricht Graff. Sie werde nicht nur teurer, sondern auch größer als zunächst angedacht. Auf Sicht werde mit 1100 Kindern geplant, 300 davon untergebracht in dem angeschlossenen Internat. „Es gibt bereits 60 Anmeldungen“, weiß Peter Nagel-Langenkamp, der bei der Wabe für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. Von den ursprünglichen Plänen, den Gebäudebestand auf dem ehemaligen Kasernen-Areal in Eggerstedt zu nutzen, musste die Wabe sich mittlerweile verabschieden. „Nicht machbar“, so Graff. Stattdessen werde komplett neu gebaut. Stand jetzt werde die Internationale Schule 2018 fertiggestellt.

Nach Abendblatt-Informationen hat die Stadt Pinneberg Erlöse aus den Grundstücksverkäufen an die Wabe sowie an deren Tochtergesellschaften bereits in den aktuellen Haushalt eingeplant. Platzt das Campus-Projekt könnte der Etat somit ins Wanken geraten. Wie aus Rathauskreisen verlautet, droht jedoch auch für diesen Fall keine Haushaltssperre, da unerwartete Grundstücksgeschäfte Geld in die Kasse gespielt haben.

Hinterfragt werden dürfte im Fall des Scheiterns allerdings, ob es legitim war, das Geld von der Wabe fest einzuplanen. Oder ob betreffende Kaufverträge zum Zeitpunkt der Haushaltsplanung nicht etwa Ausstiegsklauseln beinhalteten.

Auf die vertrauliche Verwaltungsvorlage, in der das weitere Vorgehen skizziert werden soll, warteten Pinnebergs Politiker am Mittwoch noch. Es gibt jedoch Signale, dass eine Mehrheit der Volksvertreter bereit ist, den Zahlungsaufschub bis 15. September abzunicken. Der Rat tagt von 18.30 Uhr an im Ratsaal an der Bismarckstraße.