Gericht liegen zwei Anträge auf Normenkontrollverfahren gegen das Millionen-Projekt auf dem Areal der ehemaligen Eggerstedt-Kaserne in Pinneberg vor.
Pinneberg. Etliche Grundstücke sind verkauft. Die Bagger rollen bereits. Eine neu gebaute Kindertagesstätte hat im Januar den Betrieb aufgenommen. Pinnebergs ehemalige Eggerstedt-Kaserne wird derzeit zu einer Parkstadt mit 250 Wohnungen umgestaltet. Zudem soll Gewerbe angesiedelt werden. Ein 100 Millionen Euro teurer Campus könnte das Ensemble ergänzen. Grundlage der Entwicklung der insgesamt 37Hektar großen Fläche ist der Bebauungsplan 115, der im Frühsommer 2014 von der Politik auf den Weg gebracht wurde. Doch jetzt droht der Stadt damit noch einmal Ungemach.
Im Rathaus sind zwei Anträge auf Normenkontrollverfahren eingegangen. Die Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans wird darin angezweifelt. Bürgermeisterin Urte Steinberg hat die Politik am Donnerstagabend von einer drohenden juristischen Auseinandersetzung in Kenntnis gesetzt. Offenbar befürchten zwei Anwohner einen Wertverlust für ihre Grundstücke, wenn das Parkstadt-Konzept so umgesetzt wird. Einen Baustopp gibt es nach Abendblatt-Informationen trotz der aktuellen Entwicklung nicht.
Rathaussprecher Marc Trampe bestätigte am Freitag, dass zwei Anträge auf Normenkontrollverfahren vorlägen. Der Pinneberger Anwalt Wilhelm Mecklenburg hat sie auf den Weg gebracht. Mecklenburg hatte auch schon Gegner des Baus der Pinneberger Westumgehung vor Gericht vertreten. Er wollte sich am Freitag nicht zu den Hintergründen seines Vorgehens äußern. Er verwies darauf, dass es sich um private Mandate handele. Nach Abendblatt-Informationen soll der Anwalt die Interessen von zwei Anwohnern des dem Kasernen-Gelände benachbarten Drosselwegs vertreten.
Zu den möglichen Folgen einer verlorenen Normenkontrollklage konnte Trampe am Freitag noch nichts sagen. „Wir sind Ende Februar vom Oberverwaltungsgericht informiert worden.“ Man müsse sich jetzt intensiv mit dem Thema befassen. Die Stadtverwaltung habe sechs Wochen Zeit, eine Stellungnahme zu formulieren. „Wir werden die Politik in den kommenden Wochen auf dem Laufenden halten“, so Trampe.
Fakt ist: Das Konzept für eine Parkstadt Eggerstedt ist von Anfang an umstritten gewesen. Vor allem Bewohner der Vogelsiedlung, die unmittelbar an das Areal der 2004 vom Bund geräumten Kaserne grenzt, kämpfen seit Jahren gegen eine geplante westliche Anbindung, die den Ausbau des Eggerstedter Wegs notwendig machen würde. Die Erschließungsstraße, die die Kaserne mit der Landesstraße Schenefeld-Elmshorn verbinden könnte, würde direkt an ihren Vorgärten vorbeiführen. Um die Bürgerinitiative „Bieneh“, die sich seit Jahren für die Interessen der Bewohner der Vogelsiedlung einsetzt, war es zuletzt etwas ruhiger geworden. Vertreter der BI waren jedoch weiterhin in den politischen Sitzungen präsent, wenn es um das Kasernen-Projekt ging.
In Reihen der Pinneberger Politiker gab man sich am Freitag zurückhaltend. „Gut möglich, dass auf dem Gelände schon alle Bauten stehen, wenn das Gericht sich mit dem Fall befasst“, so SPD-Sprecher Herbert Hoffmann. „Es ist schwierig, die aktuelle Entwicklung zu bewerten, aber eine Normenkontrollklage ist zweifellos ein scharfes Schwert“, sagt Uwe Lange, Fraktionschef der Bürgernahen. Denkbar sei, dass der gesamte B-Plan ins Wanken gerate. Ob das bei potenziellen Investoren gut ankomme, sei „zumindest fraglich“, so Lange. „Jeder hat in einem Rechtsstaat die Möglichkeit, diese Mittel auszuschöpfen“, so CDU-Fraktionschef Andreas Meyer. Seine Fraktion werde Einsicht in die Akten beantragen. „Ich hoffe, dass die Stadtverwaltung keine Planungsfehler begangen hat und die Anträge sich somit als gegenstandslos erweisen.“ FDP-Ratsherr Werner Mende fürchtet, dass Investoren abgeschreckt werden könnten, sagt aber: „Sollten Fehler begangen worden sein, müssen die aufgearbeitet werden.“ Er vertraue diesbezüglich auf die Richter.
Die Entwicklung der Eggerstedt-Kaserne ist das größte Bauprojekt der vergangenen Jahrzehnte in der Kreisstadt Pinneberg. Im Westen des Geländes baut die Kieler Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) auf 70.000 Quadratmetern einen neuen Stadtteil mit Einfamilienhäusern, Doppelhaushälften sowie mehrgeschossigen Stadtvillen. Die LEG hatte als Kaufpreis 1,4Millionen Euro an die Stadt überwiesen, übernimmt zudem die innere Erschließung. Im Osten des einstigen Bundeswehr-Standorts werden Gewerbeflächen vermarktet.
Ein zentrales Teilstück ist den Planungen des Bildungsträgers Wabe vorbehalten. Auf 73.000 Quadratmetern soll ein Campus mit Privatschule, Sporthalle, Schwimmbad und mehreren Gästehäusern entstehen. Auch ein Internat sowie Konferenzräume gehören zum Konzept. Gert Prantner, einst Direktor des angesehenen Hotels Vier Jahreszeiten in Hamburg, plant nördlich des XL-Campus ein Vier-Sterne-Hotel mit bis zu 110 Betten. Die Gesamtinvestitionen belaufen sich auf voraussichtlich 100 Millionen Euro. Nach einem für 2016 angepeilten Baubeginn könnte der Campus im Jahr 2019 fertig gestellt sein. Die Projektplaner um Wabe-Chef Marcel Graff hatten kürzlich allerdings deutlich gemacht, dass sie zügig Klarheit brauchen, um das Projekt umsetzen zu können.