Pinneberg. Es gibt Irritationen um das 100-Millionen-Euro-Projekt. Der Bildungsträger Wabe ist mit den Kaufraten im Rückstand.

Die Stadt Pinneberg muss um ihr ehrgeizigstes Bauprojekt zittern. Es gibt Irritationen um den Bau eines XL-Campus auf dem Areal der Eggerstedt-Kaserne. Das 100-Millionen-Euro-Projekt war Ende Februar präsentiert worden. Offenkundig kämpft der Hamburger Bildungsträger Wabe, der hinter dem Vorhaben steht, jetzt mit Finanzierungsproblemen. Zahlungsvereinbarungen konnten nicht eingehalten werden. Wabe-Geschäftsführer Marcel Graff räumt das ein. Er hofft auf Spielraum und sagt: „Das Gesamtprojekt steht für mich nicht in Frage.“

In der 42.000-Einwohner-Stadt Pinneberg plant die Wabe auf mehr als 70.000 Quadratmetern ein Ensemble, zu dem eine Internationale Schule, ein Internat, Sporteinrichtungen, eine Akademie für Erzieher und Pflegekräfte sowie 330 Parkplätze gehören. Nach der Vorstellung der Pläne hatten Politiker das Konzept als Leuchtturmprojekt gefeiert. Erste Kaufverträge waren zügig unterzeichnet worden. Wabe-Geschäftsführer Marcel Graff hatte sich optimistisch gezeigt, Investoren aus dem Ausland für das Projekt begeistern zu können. Dass die Wabe das Vorhaben allein schultere, hatte er allerdings ausgeschlossen: Ohne Investoren kein XL-Campus.

Im März hatte Graff von einem Bankenkonsortium gesprochen, das im Hintergrund zusammengestellt worden sei. Mit der Akademie für Erzieher und Pflegefachkräfte wolle er nicht nur eigenen Nachwuchs rekrutieren. Vielmehr sollten Fachkräfte aus anderen Ländern fit für den deutschen Markt gemacht werden. Zudem könnten sogenannte Multiplikatoren ausgebildet und anschließend in ihre Heimatländer entsandt werden. Etwa nach China. Auch dort stehe eine in Peking, Shanghai und Hongkong agierende Investorengruppe bereit, so Graff im März.

„Mir scheint, der Zeitplan war zu ambitioniert“

Mit dem bekannten Hotelier Gerd Prantner hatte der Wabe-Chef einen prominenten Mitstreiter vorweisen können. Prantner war 25 Jahre Chef der renommierten Hamburger Nobelherberge „Vier Jahreszeiten“. Er soll ein Hotel mit bis zu 110 Betten betreiben. Auch in Sachen Akademie stünden Partner bereit. Ein Hamburger Krankenhaus habe Interesse, ein Pflegeheimbetreiber ebenfalls, so Graff im Frühjahr. Augenscheinlich hat Graff hoch gepokert. Zu hoch? CDU-Fraktionschef Andreas Meyer hofft das nicht: „Mir scheint, der Zeitplan war zu ambitioniert. Aber Herr Graff hat uns in einem persönlichen Gespräch versichert, dass er an dem Gesamtprojekt festhält.“ Meyer ist bereit, der Wabe mehr Zeit für die Finanzierung zu geben. „Das Konzept für einen Campus macht Spaß.“ Denkbar sei ein Zahlungsaufschub. „Allerdings muss der Zeitraum vertretbar sein.“

Rathaussprecher Marc Trampe kündigte am Freitag in dieser Sache einen Vorschlag der Verwaltung an, der am kommenden Donnerstag von der Ratsversammlung beraten werden könnte. Zu genauen Höhe der Rückstände will Trampe keine Angabe machen: „Es handelt sich um Vertragsdetails, die intern bleiben müssen.“ Nach Abendblatt-Informationen steht die Summe von 3,8 Millionen Euro im Raum. 1,5 Millionen davon sollen am Donnerstag bei der Stadt eingegangen sein. Für CDU-Mann Meyer ein Beweis, dass Graff zahlungswillig ist.

Auch SPD-Bauexperte Gerhard Thomssen ist geneigt, Graff ein wenig mehr Luft zu verschaffen: „Bei solch einem großen Vorhaben können Probleme entstehen, es ist auf jeden Fall einen Versuch wert.“ Es könne schließlich niemandem darum gehen, das Projekt zu gefährden. Andreas Meyer macht kein Geheimnis daraus, das ihn ein Scheitern des Campus-Konzepts schwer enttäuschen würde. „Dann werden wir uns bemühen müssen, die Flächen anderweitig zu verkaufen.“

Mitte Mai hatte Marcel Graff während der Beurkundung eines Kaufvertrags einen Fahrplan formuliert. Nach Fertigstellung der Wabe-Kindertagesstätte, die bereits seit Jahresbeginn in Betrieb ist, sei die Ansiedlung der Internationalen Schule der nächste Baustein, der gesetzt werde. Die Grundsteinlegung sei für Oktober geplant. Ein Jahr später, im Herbst 2016, sollten die ersten Schüler unterrichtet werden. Erste Anmeldungen von Eltern seien bereits eingegangen. Am Freitag machte Graff klar, dass sich an seiner Einschätzung nichts geändert hat: „Die Schule realisieren wir auf eigene Faust, ich habe immer gesagt, dass alle anderen Bausteine nur über Investoren zu verwirklichen sind.“ Top-Hotelier Prantner stehe als Betreiber des Hotels weiter zur Verfügung.