Pinneberg. Nach Wirbel um zu hohe Kita-Zuschüsse soll trotz katastrophaler Finanzlage zu viel Geld an einen Sportverein geflossen sein.
Die finanziell arg gebeutelte Stadt Pinneberg könnte Steuergelder in fünfstelliger Höhe verschleudert haben. Seit dem Jahr 2008 soll einem in der Kreisstadt beheimateten Sportverein ein zu hoher Betriebskostenzuschuss gezahlt worden sein – Jahr für Jahr die auf 12.000 Euro festgelegte Maximalförderung. Und das, obwohl ein Blick in die seitens des Vereins vorgelegten Abrechnungen genügt hätte, um die Zahlungen an den tatsächlichen Bedarf anzupassen. In Reihen der Politiker spricht man von Versagen der Stadtverwaltung. Die Rede ist von bis zu 50.000 Euro, die zuviel gezahlt worden sein könnten. Offen ist, ob das Geld von dem Verein, es handelt sich um den SC Pinneberg, zurückgefordert werden könnte.
Rathaussprecher Marc Trampe bestätigte gestern auf Abendblatt-Anfrage interne Ermittlungen: „Wir prüfen den Sachverhalt derzeit und werden die Politik über konkrete Zahlen informieren.“ Erörtert werde auch, ob eventuell zu viel gezahltes Geld im Nachhinein wieder eingefordert werden könne. Das wiederum könnte den Pinneberger Sportclub in seinen Grundfesten erschüttern und womöglich dessen Existenz gefährden.
Claus Ricke ist Vorsitzender des Clubs. Man habe sich nichts vorzuwerfen: „Wir haben Jahr für Jahr unsere Abrechnungen an den zuständigen Fachbereich gesandt.“ Sollte die Stadt jetzt Geld zurückfordern, werde er sich wehren. „Wir haben investiert, Kredite laufen noch, die Folgen einer solchen Forderung wären für uns gar nicht auszudenken.“
Den Ball ins Rollen brachte die CDU-Fraktion in Pinneberg. Aus Reihen der Christdemokraten war nachgehakt worden, weil sich der Zuschuss an den SC Pinneberg über Jahre nicht veränderte. Parteichefin Natalina Boenigk fand am Dienstag deutliche Worte: „Wir erwarten Aufklärung, offenbar ist der Stadt permanent Schaden entstanden“, so die Bürgervorsteherin. Das Geschehen passe ins Gesamtgefüge und das Bild, das die Stadtverwaltung abgebe. Offenkundig gebe es im Rathaus derzeit dringenden Handlungsbedarf: „Wir erwarten, dass Verantwortliche benannt und zur Rechenschaft gezogen werden.“ Im Zweifel dürfe Bürgermeisterin Urte Steinberg nicht vor personalrechtlichen Konsequenzen zurückschrecken. Letztere könnten sich gegen die für Bildung, Soziales, Kultur und Sport zuständige Fachbereichsleiterin Traudchen Perrefort richten. Deren Fachbereich rückte kürzlich schon einmal in den Fokus, weil die Politik auch im Bereich der Kita-Förderung Verschwendung wittert. Vermutet wird, dass Hunderttausende Euro verloren gingen, weil Betriebskostenzuschüsse in den vergangenen Jahren unvermindert gezahlt wurden – obwohl Land und Bund ihre Förderung bei der Betreuung von Krippenkindern massiv ausgeweitet haben. Es sei versäumt worden, die gleichzeitige Kürzung städtischer Mittel vorzuschlagen. Auch in diesem Fall wird intern ermittelt.
Die sozialdemokratische Fraktionschefin Angela Traboldt jedenfalls fällt derzeit eigenem Bekunden zufolge „von einer Ohnmacht in die nächste“. Offenbar seien Verantwortliche im Pinneberger Rathaus derzeit hoffnungslos überfordert. Traboldt spricht von „Chaos ohne Ende“ und vermutet angesichts der mutmaßlich zu hohen Vereinsförderung mangelndes Controlling. „Uns steht das Wasser finanzpolitisch bis zum Hals, wir zermartern uns den Kopf, wo gespart werden kann“, so die Sozialdemokratin. „Und dann sowas.“ Sollte sich der Verdacht einer zu hohen Zahlung an den SC Pinneberg erhärten, sei denkbar, gegen Verantwortliche ein Verfahren wegen grober Fahrlässigkeit einzuleiten. „Schließlich geht es hier um Steuergelder“, so Traboldt.
Nach seinem Eindruck vom Zustand der Pinneberger Stadtverwaltung befragt, ringt FDP-Fraktionschef Werner Mende zunächst mit den Worten. „Eine Hiobsbotschaft nach der anderen, das kann doch alles nicht mehr wahr sein“, sagt er dann. Anscheinend sei es notwendig, an gewissen Stellen Personal auszutauschen. „Pinneberg gibt viel Geld für Imagekampagnen aus, aber wir schaffen es nicht, das Übel an der Wurzel zu packen.“
Sollte Pinneberg tatsächlich über mehrere Jahre Geld verschwendet haben, weil Vereinszuschüsse ungeprüft gezahlt wurden, dürfte das Nachfragen aus Kiel nach sich ziehen. Seit die Stadt 2012 wegen ihrer katastrophalen Haushaltslage unter den Rettungsschirm des Landes Schleswig-Holstein schlüpfte, steht Pinneberg unter Beobachtung. Das Land unterstützt die klamme Kreisstadt mit Millionen, fordert jedoch im Gegenzug eisernen Sparwillen. Pinneberg rechnet für 2018 mit dem Ansteigen der Gesamtverschuldung auf 200 Millionen Euro.