Pinneberg. Knipst das Finanzamt der Stadt die Weihnachtsbeleuchtung aus? Wirtschaftsgemeinschaft soll für Anschaffung Steuern zahlen und klagt.

Zunehmend verödende Innenstädte. Abnehmende Bereitschaft der Grundstücksbesitzer, in das Erscheinungsbild der City zu investieren. Das sind Probleme, die das Pact-Gesetz lösen sollte. In Pinneberg steht das Projekt, das auf Landesebene im Juli 2006 mit großen Worten vorgestellt worden war, vor dem Aus. Und womöglich betrifft das nicht nur die Kreisstadt. Denn das Finanzamt hat offenkundig Interesse daran, über die Erhebung von Steuern zu verdienen.

Die Rede ist von einer Gesamtforderung, die sich auf etwa 20.000 Euro summieren könnte. Für Pinnebergs Wirtschaftsgemeinschaft, die sich als Aufgabenträger zur Verfügung gestellt hatte, ist das Grund genug, jetzt die Notbremse zu ziehen. Zudem haben die Kaufleute Klage gegen den bereits zugestellten Steuerbescheid eingereicht. „Wir haben unsere Anwälte eingeschaltet“, bestätigt deren Vorsitzender, Hermann Kunstmann. „Es wird zunächst keinen neuen Pact für Pinneberg geben.“

Die Forderungen des Fiskus haben alle Beteiligten völlig überraschend getroffen. Allein für die Jahre 2010 und 2011 sollen laut Wirtschaftsförderer Stefan Krappa insgesamt 4500 Euro eingetrieben werden. Zahlen soll das Geld die Wirtschaftsgemeinschaft. Deren Kasse wird jedoch nicht nur von den 60 in der Innenstadt beheimateten Pact-Profiteuren gefüllt. Sondern Mitgliedsbeiträge der Gemeinschaft kommen zu einem großen Teil auch von Pinneberger Unternehmen, die außerhalb der City angesiedelt sind.

„Wir führen ein eigenes Konto für den Pact“, sagt Susan Burmester, Geschäftsstellenleiterin der Kaufleute. Der Vorwurf, es werde Geld verdient, sei zudem komplett aus der Luft gegriffen. „Wir sind nur als Treuhändler zwischengeschaltet, geben das von der Stadt eingetriebene Geld weiter.“ Das bestätigt auch Pinnebergs Wirtschaftsförderer Stefan Krappa, bei dem sämtliche Abrechnungen liegen. Auch er hat kein Verständnis für die Forderungen des Finanzamtes.

Die von den Pact-Mitgliedern erhobenen Beiträge würden komplett in die von dem Geld angeschaffte Weihnachtsbeleuchtung investiert. „Da gibt es kein Geld auf der hohen Kante“, bestätigt Krappa. Kunstmann ist derzeit keine andere Kommune in Schleswig-Holstein bekannt, bei der das Finanzamt einen City-Pact besteuern will. Er pflegt einen engen Draht zur Industrie- und Handelskammer, die der Wirtschaftsgemeinschaft in diesem Fall ihre Unterstützung zugesagt habe. „Auch der Städtebund wird eingeschaltet“, so Burmester.

Der Plan B lautet: Grundstücksbesitzer und Kaufleute sollen Beleuchtung retten

Das Prinzip des Pacts, das auf dem Konzept amerikanischer Business Improvement Districts aufsetzt, ist in einem Gesetz geregelt. Zunächst wird eine zu finanzierende Maßnahme definiert, etwa die Überdachung einer Fußgängerzone oder – wie in Pinneberg – das Anschaffen der Weihnachtsbeleuchtung. Ein Finanzierungsplan wird erarbeitet. Anschließend legt die Stadt den Geltungsbereich fest, in dem Grundstücksbesitzer herangezogen werden. Die Stadt ist es auch, die Abgaben erhebt, das Geld eintreibt und die Verwendung der Mittel prüft. Das Geld wird an einen Aufgabenträger weitergegeben, der die Maßnahmen realisiert. Die Laufzeit ist auf fünf Jahre beschränkt. Anschließend kann ein neuer Pact aufgelegt werden.

Der wäre in Pinneberg auch sinnvoll. Schließlich muss die vor fünf Jahren angeschaffte Weihnachtsbeleuchtung gepflegt, gelagert und im Winter installiert werden. Wie das jetzt bezahlt werden soll, ist unklar. „Wir wissen nicht, ob es in diesem Jahr eine vollständige Beleuchtung geben wird“, sagt Wirtschaftsförderer Stefan Krappa. „Es wäre schlecht für die City, wenn es dunkel bleibt.“

Kunstmann hingegen ist optimistisch, die Innenstadt-Kaufleute auch ohne Pact an einen Tisch zu bekommen. Auf Basis der Freiwilligkeit. „Ja, wir haben einen Plan B in der Tasche.“ Man werde sowohl Grundstücksbesitzer als auch Kaufleute bitten, die Beleuchtung für 2015 zu retten.

Ob es auf lange Sicht doch noch einen Folge-Pact geben wird, kann derzeit keiner sagen. Kunstmann will zunächst juristisch Klarheit haben. Krappa spricht von einem Musterprozess, der geführt werden könnte. Susan Burmester befürchtet eine Hängepartie: „Solch ein Verfahren kann sich zwei oder drei Jahre hinziehen.“ Sollte Pinneberg in dem Rechtsstreit den Kürzeren ziehen, stünden sämtliche Pact-Prozesse in Schleswig-Holstein auf der Kippe. Burmester: „Offenbar war das Gesetz nicht ausgereift.“