Uetersen. Grabsteine zerstört: Politiker und Anwohner sind schockiert. Uetersens Bürgermeisterin entschuldigt sich für die Fehlleistung.

Nur noch die großen sandige Placken erinnern an das, was einmal hier lag. Scheinbar soll hier Gras über die Sache wachsen. Zumindest lassen das die Samen vermuten. Die zahlreichen Grabsteinplatten, die im Cäcilie-Bleeker-Park in Uetersen am Wegesrand seit etwa 20 Jahren lagen und an alte Zeiten erinnerten, in denen der Park noch Friedhof war, sind alle weg. Sie sind Opfer einer städtischen Pflegeaktion geworden, bei der scheinbar einiges schiefgelaufen ist. Klar ist: Der kleine Park an der Bleekerstraße sieht seither zumindest gepflegter aus. Klar ist auch, dass die Aktion ein Nachspiel haben wird: Denn die abtransportierten, teilweise bis zu 600 Jahre alten Grabsteine sind zerstört, unwiderruflich zerschmettert. Da der Park als Kulturdenkmal gilt, prüft nun die Denkmalschutzbehörde in Kiel den Fall.

Um den Pflegeaufwand für die Mitarbeiter des städtischen Bauhofes und die damit einhergehenden Kosten geringer zu halten, wurden die historischen Grabsteine nicht nur ohne Rücksprache entfernt, sondern auch gleich zum Steinmetz gebracht und dort vernichtet. Das bestätigen sowohl die Pinneberger Kreisverwaltung als auch Bürgermeisterin Andrea Hansen auf Nachfrage. Wie viele Grabplatten genau in den Schredder kamen, welche erhalten blieben und warum ist noch völlig unklar. „Der Vorgang wird gerade hausintern und mit der Unteren Denkmalschutzbehörde aufgearbeitet“, erklärt Hansen, die wie die Denkmalschutzabteilung des Kreises von etwa 100 zerstörten Grabsteinplatten ausgeht.

Empörung in der Rosenstadt

„Ich bin fassungslos. Das ist ein Kulturfrevel“, sagt Elsa Plath-Langheinrich. Die Uetersenerin setzt sich seit Jahrzehnten für das historische Kulturgut das Stadt ein und verschaffte sich am Dienstagnachmittag vor Ort einen Eindruck von dem Verlust. Im Park an ihrer Seite hatte sie Ute Harms, Leiterin des Uetersener Museums Langes Tannen. „Allein stehe ich das nicht durch“, so Plath-Langheinrich, die gern auch Schüler über das Areal führte und ihnen die Geschichte des Parks sowie die Bedeutung der Grabsteine näherbrachte.

Empört reagieren auch die Kommunalpolitiker. „Ich bin entsetzt“, sagt Bernd Möbius (Grüne). Er fordert am Dienstag eine „lückenlose Aufklärung“ von der Verwaltung. Das verlangt auch CDU-Fraktionschef Andreas Stief. Er kritisiert die Bürgermeisterin dafür, dass es von ihr keine Informationen nach dem Bekanntwerden gegeben habe. Aufgeklärt werden müsse, wer den Abtransport veranlasst und wer davon gewusst habe. Die Grabsteine hätten nicht nur eine historische Bedeutung für Uetersen, sondern auch einen emotionalen Wert für einzelne Personen. Grünen-Fraktionssprecher Thorsten Berndt sieht „übereifrige Mitarbeiter des Bauhofes“ am Werk. Er könnte sich eine Tafel vorstellen, die an das verlorene Grabsteinensemble erinnern soll.

Früher war der Park ein Friedhof

Jahrzehntelang war der Park Friedhofsgelände. In den 90er-Jahren ging der Friedhof in den Besitz der Stadt Uetersen über. Die Pläne, das Gelände in einen attraktiven Park mit Aufenthaltsqualität zu verwandeln, scheiterten bislang am Geld. Auch an der Pflege musste gespart werden.

Der Wunsch nach einem gepflegteren Äußeren des Cäcilie-Bleeker-Parks führte zu dem folgenschweren Fehler. Und ausgerechnet Plath-Langheinrich brachte den Stein ins Rollen. Wie die Anwohnerin berichtet, hatte sie sich seit Sommer vergangenen Jahres vehement für eine bessere Pflege des Parks eingesetzt. Vor etwa zwei Wochen kam es zu einem Ortstermin mit Vertretern des Bauhofes und zu dem Missverständnis in Sachen Grabsteine. Laut Plath-Langheinrich ging es darum, wie die Pflege des Parks einfacher gestaltet werden kann, aber nie darum, die Steine zu zerstören. Das kam scheinbar anders an.

Als eine Woche später die Mitarbeiter des Bauhofes für drei Tage anrückten, dachte sich die Anwohnerin nicht, dass jemand auf die Idee käme, die Grabsteine, die Teil des als Kulturdenkmal geltenden Parks waren, pflegeleicht ganz zu entfernen. „Das kann doch keiner ahnen“, sagt Plath-Langheinrich, die sich Vorwürfe macht, die Arbeiter nicht überwacht zu haben.

Das ist allerdings Aufgabe von anderen. Uetersens Verwaltungschefin Andrea Hansen gibt zu, dass sämtliche Sicherheitsmechanismen innerhalb der Stadtverwaltung in diesem Fall nicht gegriffen hätten. „Die Entsorgung der Grabplatten war eine Fehlleistung, die uns allen wehtut“, sagt sie. So etwas passiere, wenn Anforderungen immer mehr steigen, aber die Stellen gekürzt werden, beim Bauhof von 40 auf heute etwa 20 Stellen. „Die Haushaltskonsolidierung mit ihren Sparzwängen vermindert nicht die Wahrscheinlichkeit von persönlichen Fehlern, sondern sie erhöht sie“, so Hansen. Sie hat ihre Mitarbeiter nun angewiesen, dass alle Arbeiten in historischen Bereichen bei ihr über den Schreibtisch gehen müssen. Zudem soll ein Konzept für die Umplanung des Parks her.