Pinneberg. Schallschutz-Posse: Bahnanrainer am Düpenau Eck ziehen nicht vor Gericht und fühlen sich von der Stadt im Stich gelassen.
Erst ist nur ein leichtes Rauschen zu vernehmen. Dann schwillt der Lärm an. 280 Mal am Tag. So viele Züge rauschen binnen 24 Stunden an Häusern im Pinneberger Stadtteil Thesdorf vorbei. Diverse davon auch nachts. Die Hoffnung der Neubürger, die seit Monaten Lärmschutz einfordern, ist dennoch auf ein Minimum geschrumpft. Sie fühlen sich im Stich gelassen – auch von der Stadt Pinneberg. Nachdem die Anwohner des Düpenau Ecks noch im April angekündigt hatten, die Bahn auf den Bau einer Wand zu verklagen, ist das nunmehr vom Tisch. Kadir Tokus, der in einer der Neubauten an den Gleisen lebt, begründet das mit den Kosten eines juristischen Verfahrens. Und mit fehlender Geschlossenheit: „Nicht alle waren sich einig, vor Gericht zu ziehen.“
Seit Februar sorgt der Protest der genervten Bahnanrainer für Schlagzeilen. Seinerzeit waren Tokus und seine Nachbarn an die Öffentlichkeit gegangen – auch weil sie um ihre Sicherheit fürchteten. So würden regelmäßig Gegenstände aus dem Gleisbett in Richtung ihrer kleinen Vorgärten geschleudert. Sogar ein Nagel habe sich in einen Schuppen gebohrt, nachdem ein Zug vorbeigerast sei.
Zuspruch hatte es in der Folge reichlich gegeben. Etwa von Politikern. Und von Bürgermeisterin Urte Steinberg. Geschehen ist nichts, wie Tokus betont. „Keiner hilft uns, wir sind enttäuscht.“ Er habe das Gefühl, die Stadtverwaltung wolle „das Problem aussitzen“. Eine letzte Hoffnung setzt Tokus in das Engagement des SPD-Bundestagsabgeordneten Ernst Dieter Rossmann. „Er will alle Beteiligten an einen Tisch holen."
19 Haushalte sind von dem Bahnlärm betroffen
Laut Tokus wären die Anwohner des Düpenau Ecks durchaus bereit, sich an den Kosten eines Schall- und Fangschutzes zu beteiligen. Auch der Bauträger NCC würde 20.000 Euro beisteuern. Aber die Hilfe der Stadt sei vonnöten.
„In der Vergangenheit haben wir verschiedene Hebel in Bewegung gesetzt, die leider noch nicht zum Erfolg für die Anwohner geführt haben“, so Bürgermeisterin Urte Steinberg. Sie habe sich schriftlich an die Bahn gewandt – ohne Erfolg. Als letzte Möglichkeit werde sie das Gespräch mit dem Bauträger suchen und um weitergehende Unterstützung für die Anwohner bitten. In dem Bebauungsplan für das Neubaugebiet seien gesetzliche Auflagen berücksichtigt worden. „Alle weiteren Aussagen zur Realisierung einer Lärmschutzwand stammen von der Bahn. Eine finanzielle Beteiligung seitens der Stadt ist nicht möglich“, so Steinberg weiter.
19 Haushalte sind betroffen. 200.000 Euro haben die Neubürger für ihre jeweils 111 Quadratmeter Wohnfläche hingeblättert. Schon während der Bauplanung war Kritik an dem Projekt laut geworden. Die Grünen hatten 2011 darauf hingewiesen, dass die Wohnhäuser quasi als Lärmschutz für dahinterliegende Bauten dienten. Sie blieben ungehört. Von der Bahn, die wenige Meter entfernt Lärmschutz installiert, ist offenkundig keine Unterstützung zu erwarten. „Von denen hören wir gar nichts mehr“, sagt Tokus – und klingt resigniert.