Rellingen . Die Rellinger Gleichstellungsbeauftragte Dorathea Beckmann hat vieles bewirkt. Sie íst die dienstälteste ihrer Zunft im Kreis.
Als Dorathea Beckmann am 15. Juni 1995 ihr Amt als Gleichstellungsbeauftragte antrat, war Rellingen die letzte Kommune im Kreis Pinneberg, die das Landesgesetz umsetzte und diese Position schuf. Zwei Jahrzehnte später ist die mittlerweile 58-Jährige die dienstälteste ihrer Zunft im Kreis Pinneberg – und die Vorgeschichte längst kein Thema mehr.
Mit Händen und Füßen hatte sich die CDU-Mehrheitsfraktion damals dagegen gewehrt, dass eine Kommune von der Größe Rellingens eine hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte einstellen muss. Bis vor das Bundesverfassungsgericht wurde geklagt – und verloren. Etwas verloren fühlte sich Dorathea Beckmann auch an ihrem ersten Arbeitstag. Doch schnell war der damals 38-Jährigen klar, an welchen Stellschrauben sie drehen musste. Innerhalb der Verwaltung, wo sie kraft Amtes an allen Personalentscheidungen beteiligt ist. Und auch außerhalb. An vielen dieser Stellschrauben dreht sie noch heute. „In den 20 Jahren hat sich vieles verändert. Aber Veränderungen von Strukturen benötigen Zeit. Und mir geht einiges viel zu langsam.“
Ungleichbehandlung ist immer noch Alltag für Frauen
Aktuell müssten Frauen immer noch in vielen Bereichen unter einer Ungleichbehandlung leiden. „Es gibt keinen gleichen Lohn für gleiche Arbeit, und es gibt viel zu wenig Frauen in Führungspositionen.“ Auch häusliche Gewalt sei nach wie vor ein beherrschendes Thema. Dennoch habe das Interesse an Gleichstellung abgenommen, bedauert Beckmann.
An ihrem ersten Arbeitstag stieß sie auf das Gedenkbuch im Foyer des Rathauses, das an Söhne aus der Gemeinde erinnert, die in den beiden Kriegen als Soldaten ihr Leben ließen. „Da kam mir die Idee, auch an Frauenleben zu erinnern.“ Bereits 1997 regte die Gleichstellungsbeauftragte die Gründung der Projektgruppe Frauen und Heimat an. Sie organisierte 2006 die erste Ausstellung mit 34 Porträts Rellinger Frauen. Dass aktuell die zweite Veranstaltung dieser Art stattfindet (siehe Info-Kasten), ist kein Zufall. „Ich organisiere ein Paket an Veranstaltungen, deren Basis meine Arbeit ist“, sagt Beckmann. Auf diese Weise wolle sie vermitteln, was sie leiste. „Es geht nicht um mich als Person, sondern um die Gleichstellungsarbeit.“
Hunderte Veranstaltungen zu frauenspezifischen Themen hat die 58-Jährige organisiert. „Ich habe immer versucht, thematisch den Nerv zu treffen“, sagt sie. Besonderes Augenmerk habe sie auf die Vernetzung der Frauen gelegt. Um Netzwerke bilden zu können, rief sie den Frauenempfang ins Leben. „Heute gibt es ein starkes Frauennetzwerk in Rellingen.“ 18 Veranstaltungen dieser Art fanden statt. 2015 ist stattdessen ein Empfang zum Thema
20 Jahre Gleichstellungsarbeit geplant.
Lange Nacht der Gleichstellung am 20. Juni
Neuland betritt die 58-Jährige mit der Langen Nacht der Gleichstellung am 20. Juni. Sie wird von der Rellinger Trommelgruppe Tamtam eröffnet, an deren Gründung die Gleichstellungsbeauftragte ebenso beteiligt war wie an der Einrichtung des regelmäßigen Frauenkleidermarktes. Eine Modenschau, für die Studentinnen der Modehochschule Klamotten vom Kleidermarkt umgearbeitet haben, gehört ebenso zum Programm wie A-Cappella-Gesang der „Entfernten Kusinen“.
Mit 19,25 Wochenstunden startete Beckmann 1995. Vier Jahre später wurde die wöchentliche Stundenzahl auf 25 erhöht, ehe sie 2006 auf zehn eingekürzt wurde. Seit 2010 stehen der Gleichstellungsbeauftragten 15 Wochenstunden zur Verfügung. „Diese Zahl schränkt mich ein und verhindert, dass ich neue Projekte anschieben kann“, sagt sie. Ein Angebot für junge Familien und ein Projekt für geschlechtergerechte Erziehung in den Kitas stehen auf ihrer Wunschliste weit oben.
„Es gibt auch nach 20 Jahren noch viel zu tun.“ Das hat die CDU eingesehen. Seit 2006 ist Rellingen nach einer Gesetzesänderung nicht mehr verpflichtet, eine hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte zu beschäftigen. Abgeschafft wurde Dorathea Beckmanns Stelle jedoch nicht. Sie lobt „den großen Rückhalt in der Verwaltung und die guten Arbeitsbedingungen, die mir alle Freiheiten lassen“. Und der Politik bietet sie an, „auch künftig mit mir in den kritischen Dialog einzutreten“.