Kreis Pinneberg. 45.000 Menschenaus dem Kreis Pinneberg arbeiten in Hamburg. Baumschulgemeinde hat als einzige mehr Ein- als Auspendler.
Das Arbeiten am Wohnort ist für die Menschen im Kreis Pinneberg die Ausnahme. Von den 115.992 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die hier leben, haben 63.593 Beschäftigte ihren Arbeitsplatz nicht im Kreisgebiet. Etwa 45.000 von ihnen fahren jeder Tag zur Arbeit nach Hamburg. Dies ist das Ergebnis aktueller Erhebungen der Kreis Pinneberger Wirtschaftsförderungsgesellschaft und der Bundesagentur für Arbeit
Zieht man die Zahl der Einpendler aus anderen Kreisen (18.323) und aus Hamburg (12.500) von den im Kreis Pinneberg Beschäftigten ab, ergibt sich, dass nur 21.576 der Beschäftigten hier leben und arbeiten. Das ist weniger als jeder fünfte. Für Harald G. Schroers ist dies „die typische Aufgabenteilung einer Metropole mit ihrem Umland“, die belege, „dass das Wohnen hier billiger ist als in Hamburg“. Es zeige aber auch, in welchem Ausmaß man abhängig von funktionierenden Verkehrswegen sei, so Schroers. „Mobilität ist das A und O und die Grundlage unseres Wohlstandes.“
Davon können die Zehntausenden Arbeitspendler, die mit Auto, Bahn oder Bus zur Arbeit fahren, ihr Lied singen. Der Stau auf der A23 jeden Morgen in Richtung Hamburg ist Ausdruck der täglichen Blechlawine. Zwischen 6 und 9 Uhr fahren im Durchschnitt jede Minute fast 100 Fahrzeuge an der Anschlussstelle Halstenbek-Krupunder vorbei.
Anzahl der Fahrgemeinschaften stieg während des Lokführer-Streiks um 10 Prozent
Viele der 63.593 Auspendler nutzen auch den öffentlichen Nahverkehr und sind auf gute Zug- und Busverbindungen angewiesen. Wenn es da hakt, steigen viele Menschen trotz der Staugefahr doch wieder ins Auto um. Das zeigt das Pendlerportal des Kreises Pinneberg, wo sich 16.000 Fahrgemeinschaften gebildet haben. Deren Zahl ist während des jüngsten Bahnstreiks um zehn Prozent hochgeschnellt.
Für Wirtschaftsförderer Schroers ist die Pendlerbeziehung mit Hamburg – „der Kreis Pinneberg ist Teil des Hamburger Arbeitsmarkts“ – auf die Siedlungsstruktur übertragbar. „Viele Pinneberger fühlen sich als Hamburger.“
Wer aus Hamburg ins westliche Umland fahre, könne vielerorts an der dichten Bebauung nicht erkennen, wo die Hamburger Stadtgrenze verläuft und nur an den Ortsschildern erkennen, ob er schon in Halstenbek, Rellingen oder Schenefeld ist. „Das ist ein fließender Übergang“, sagt Schroers. Die Verflechtung komme den Kommunen auch zugute, indem sie so mehr Einkommenssteuer einnähmen, sagt Elmshorns IHK-Chef Paul Raab.
„Rellingens Wirtschaft zieht die Einpendler an“
Von der Nachbarschaft zu Hamburg profitiert insbesondere auch die Gemeinde Rellingen, die als einzige der 48 Kommunen des Kreises Pinneberg auf dem Festland einen Pendler-Überschuss aufweist, der bei 4679 Auspendlern und 5529 Einpendlern eine Differenz von 850 Arbeitskräften ergibt. Für Rellingens Wirtschaftsförderer Harald Poppner ist dies das Ergebnis der starken Wirtschaftskraft des oft verklärend Baumschulgemeinde genannten Ortes. „Die Wirtschaft zieht die Einpendler an.“ 1800 Unternehmen habe Rellingen, das mit einem Gewerbesteuerhebesatz lockt, der um ein Drittel unter dem von Hamburg liegt und auch im Vergleich zu allen Städten im Kreis Pinneberg niedriger ist. 2014 nahm Rellingen 11,3 Millionen Euro Gewerbesteuern ein. Die Kaufkraft jedes Haushalts liegt im Monatsdurchschnitt bei 2876 Euro und damit um 460 Euro über dem Landesdurchschnitt und um 400 Euro über dem von Hamburg.
Zudem tue Rellingen viel, um als Wohnort attraktiv zu sein und mehr Wohnraum für junge Familien zu schaffen, sagt Poppner. So sei die Gemeinde seit 2004 um 2300 auf 14.300 Einwohner gewachsen.
Auch die Wirtschaftskraft im Kreis wächst rapide, wie Schroers sagt. So ist die Zahl der Arbeitsplätze seit 2006 um 8700 oder 11,7 Prozent auf 83.333 gestiegen. Tendenziell, so die Prognose des Wirtschaftsförderers, werde der Auspendlerüberschuss sinken.