Ein Jahrzehnt stand das Projekt der Familie Greve mit einer geplanten Investition von 100 Millionen Euro still. Jetzt sollen in Halstenbek 128 Wohneinheiten entstehen. Politiker sehen die Pläne kritisch.
Halstenbek. Im April 2004 knallten im Halstenbeker Rathaus die Sektkorken. Damals kündigte die Hamburger Familie Greve eine gigantische Investition in der Baumschulgemeinde an. Auf einem 100.000 Quadratmeter großen Gelände zwischen Gärtnerstraße, Eidelstedter Weg und Seemoorweg sollten ein Fachmarktzentrum, mehrere Möbelhäuser, eine Seniorenresidenz und Bürobauten mit 30.000 Quadratmetern Nutzfläche entstehen. 100 Millionen Euro wollte Greve in die Erweiterung der Wohnmeile stecken, die Gemeinde rechnete mit 1000 neuen Arbeitsplätzen und Gewerbesteuereinnahmen in Millionenhöhe.
Ein Jahrzehnt später ist klar: Die Gemeinde hat sich verrechnet, es ist Ernüchterung eingekehrt. Die Fläche, die von der eigens gegründeten Halstenbek Immels GbR erworben wurde, liegt bis heute brach. Statt für Gewerbe wird das Areal als Baumschulland genutzt.
Investor Greve präsentiert neue Pläne
Aber immerhin ist nach jahrelanger Funkstille zwischen Gemeinde und Greve wieder etwas Bewegung in die Sache gekommen. „Greve-Statthalter“ Ralph Knist präsentierte kürzlich im Hauptausschuss hinter verschlossenen Türen neue Pläne des Investors. Und die stoßen, im Gegensatz zu den Versprechungen von vor zehn Jahren, bei den Kommunalpolitikern auf ein geteiltes Echo.
Wie das Abendblatt erfuhr, hat sich der Investor komplett von seinen bisherigen Ideen verabschiedet. Im Fokus steht nun eine Wohnbebauung zur Refinanzierung. 128 Wohneinheiten will Greve angrenzend an den Eidelstedter Weg errichten, einen Teil als Geschossbauten, den Rest als Einzel- und Doppelhäuser. Ein Grüngürtel sowie ein Mischgebiet sollen die Wohnbauten vom angrenzenden neuen Gewerbegebiet abschirmen. In diesem Abschnitt ist Greve bereit, der Gemeinde ein Mitspracherecht bei den anzusiedelnden Firmen einzuräumen. Dazu könnte eine Erschließungs- und Vermarktungsgesellschaft gegründet werden, an der die Gemeinde eine Minderheitsbeteiligung erwirbt.
Und von Seiten des Investors soll es weitere Zugeständnisse gegeben haben. Etwa die Bereitschaft, im neuen Wohngebiet eine Kindertagesstätte zu errichten. Und auch die Botschaft, dass öffentlich geförderter Wohnraum unter bestimmten Bedingungen möglich wäre, soll Knist gestreut haben. Der Greve-Repräsentant will auf Abendblatt-Anfrage keinen Kommentar abgeben. Er wolle die begonnenen Verhandlungen nicht stören, sagt er. Und auch Bürgermeisterin Linda Hoß-Rickmann gibt sich zugeknöpft. „Mein Wunsch ist es, dass diese Flächen für kleines, mittelständisches Gewerbe, bestehend aus Zukunftstechnologien, genutzt werden“, sagt sie. Doch weil alle Planungen bei Null beginnen und noch umfangreiche Verhandlungen erfolgen müssten, sei mit einem ersten Spatenstich frühestens in vier Jahren zu rechnen.
Doch ob diese Rechnung aufgeht? Bei der geforderten Zahl von 128 Wohneinheiten müsste die Gemeinde rein statistisch gesehen mit einem Zuzug von 140 bis 160 Kindern rechnen. „Dass der Investor eine Kindertagesstätte bauen will, ist ja schön. Aber sobald die Kinder in die Schule kommen, haben wir wieder ein ungelöstes Problem“, sagt Gudrun Gabriel-Schröder, Fraktionschefin der Grünen.
Schon jetzt laufe die Gemeinde ihrer Infrastruktur, was Kindergarten- und Schulplätze angeht, hinterher. „128 Wohneinheiten in diesem Gebiet sind viel zu viel.“ Gabriel-Schröder sieht die Pläne des Investors „als Basis, über die man reden kann“. Schließlich sei die Fläche angrenzend an die Wohnmeile prädestiniert für die geballte Ansiedlung kleiner- und mittelständischer Betriebe. Das wirke der Zersiedlung der Gemeinde entgegen. Gabriel-Schröder: „Wir sind bereit, darüber weiter nachzudenken.“
Das will auch die CDU. Deren Fraktionschefin Kirsten Sajitz bezeichnet die Wohnbebauung als „Kröte, die die Gemeinde schlucken muss“. Allerdings nicht in diesem Maß. Sajitz: „Eine moderate Bebauung mit 60 bis 80 Wohneinheiten ist für unsere Fraktion möglich“. Einer gemeinsamen Erschließungs- und Vermarktungsgesellschaft mit Greve stehe die Union skeptisch gegenüber. Ihr wäre es lieber, die Gemeinde würde die Flächen erwerben und komplett in Eigenregie vermarkten.
Einen Ankauf der Flächen seitens der Gemeinde würde auch FDP-Fraktionschef Volker Dannhauer begrüßen. „Aber wir können ja niemandem zum Verkauf zwingen“. Er freue sich, dass sich beim Greve-Projekt wieder etwas tut. „Alles weitere müssen die Verhandlungen zeigen.“ Die Anzahl der geforderten Wohneinheiten hält er für zu hoch. SPD-Fraktionschef Christoph Bittner hält die gemeinsame Gesellschaft mit Greve für eine mögliche Option. Die Gemeinde benötige dringend zusätzliche Gewerbesteuereinnahmen – und das so schnell wie möglich. Vor 2020, so prognostizierte Bittner im Gemeinderat, werde die Greve-Fläche kaum für einen Geldzufluss in die klamme Kasse der Gemeinde sorgen, weil noch umfangreiche Gutachten und Verhandlungen erforderlich seien.