Wedel. Betrug, üble Nachrede, Verleumdung: Verprellter Käufer rechnet mit Rathauschef und CDU-Spitze ab. Staatsanwaltschaft prüft Vorwürfe

Er fühlt sich betrogen, belogen und um sein Kaufrecht gebracht: In Udo Möller brodelt es. So sehr, dass der Wedeler jetzt seine Drohung wahr gemacht hat. Er will den Fall Kirchstieg und dessen Begleitumstände vor Gericht klären lassen. Sein erster Schritt: Möller hat Strafanzeige gestellt. Ausgerechnet gegen seinen eigenen Bürgermeister, Niels Schmidt. Zudem will er mit Wedels CDU-Spitze abrechnen. Auch gegen Michael Kissig, Ulrich Kloevekorn und Michael Schernikau liegen Strafanzeigen vor. Möller, der das städtische Grundstück am Kirchstieg mit Hilfe von Investoren erstehen und dort ein Wohnprojekt realisieren wollte, spricht von Betrug, übler Nachrede und Verleumdung. Aus seiner Sicht sei das Verkaufsverfahren für das Filetgrundstück nie fair abgelaufen. „Von Anfang an war klar, wer dieses Grundstück bekommen sollte. Das war Klüngelei“, sagt er. Die Betroffenen weisen die Vorwürfe zurück.

Rückblick: 2013 setzte sich Möllers Bietergemeinschaft im Wettbewerb um das 7000 Quadratmeter große Grundstück gegen drei Mitbewerber durch. Zum Kaufvertrag mit der Stadt kam es nie. Stattdessen wurde monatelang um Zufahrten und die Breite von Rettungswegen gerungen. Möller berichtet zudem von Erschließungskosten, die er damals zahlen sollte, deren Höhe er nicht kannte. Ein Investor sei ihm wegen der vielen ungeklärten Fragen mit der Stadt abgesprungen. Am Ende wurde der Vertrag mit dem knapp geschlagenen zweiten Bieter geschlossen, einem Wedeler Bauunternehmer. Dieser muss heute nicht für die Erschließung aufkommen, die Stadt zahlt. Der Baustellenverkehr soll, wie Möller es wollte, über den Kirchstieg rollen.

Bürgermeister soll Zweifel an Finanzkraft Möllers geweckt haben

„Ich kann nicht ertragen, was da alles gelaufen ist“, sagt Möller. „Ich dachte, dass ich als Bürger dieser Stadt Rechte habe.“ Für seine Rechte will der 68-Jährige jetzt auf juristischem Weg kämpfen. Dass eine Strafanzeige gegen Rathauschef Niels Schmidt vorliegt, bestätigt Oberstaatsanwalt Uwe Dreeßen auf Abendblatt-Nachfrage. „Wir werden die Vorwürfe jetzt prüfen“, so Dreeßen. Und die wiegen schwer.

Konkret wirf Möller Schmidt vor, in internen Gesprächsrunden mit kommunalpolitischen Entscheidungsträgern Zweifel an der Finanzkraft Möllers geweckt zu haben. Dabei beruft er sich auf Aussagen anderer Politiker, unter anderem auf die eidesstattliche Versicherung eines Ex-Ratsmitgliedes. Zudem soll ihn Schmidt betrogen haben, indem Kriterien nicht für alle Beteiligten gegolten, Informationen nicht zur Verfügung gestanden hätten.

Schmidt überraschte die Nachricht von der Strafanzeige am Donnerstag eiskalt. „Ich kenne die genauen Vorwürfe nicht. Ich habe bei der Staatsanwaltschaft die Unterlagen angefordert“, so Schmidt, der von der gestellten Strafanzeige nichts wusste. Der Verwaltungswirt, der seit 2004 die Geschicke im Rathaus lenkt, hat schon manche juristische Auseinandersetzung geführt. Dass er als Bürgermeister nun mit einer Anzeige gegen ihn persönlich konfrontiert wird, ist für ihn neu. Nach Rücksprache mit der Justiziarin des Rathauses wollte er sich zu den Vorwürfen Möllers mit Blick auf das laufende Verfahren und die fehlenden Unterlagen vorerst nicht äußern. Generell sagt er zu den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft: „Ich sehe dem sehr gelassen entgegen. Ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen.“

Anzeigen liegen auch gegen drei Wedeler CDU-Ratsmitglieder vor

Möller wirft nicht nur dem Bürgermeister Lug und Betrug vor. Er hat es auch auf die gesamte CDU-Spitze Wedels abgesehen. Auch sie hat er angezeigt. Betroffen sind Fraktionschef Michael Kissig, der ehemalige CDU-Vorstandschef und stellvertretende Stadtpräsident Ulrich Kloevekorn sowie der Chef des Planungsausschusses und heutige CDU-Vorstandschef Michael Schernikau. Ihnen wirft Möller üble Nachrede und Verleumdung vor, Schernikau zudem Urkundenunterdrückung. Sie sollen das Gerücht um Möllers vermeintlich fehlende Finanzkraft geschürt haben. Auch dafür liegen der Staatsanwaltschaft Versicherung an Eides statt von ehemaligen und derzeitigen Wedeler Ratsmitgliedern vor. Zudem verweist Möller auf eine E-Mail, die Kissig an Kommunalpolitiker verschickte und in der es um Möllers Glaubwürdigkeit und Finanzkraft geht.

„Es ist doch ganz normal, dass wir in interner Runde über solche Dinge diskutieren“, sagt Kissig. Immerhin ginge es um den Verkauf eines städtischen Grundstückes, da sei ein Finanzierungsnachweis nötig und üblich. „Der lag zu diesem Zeitpunkt meines Wissens nach nicht vor.“ Von Verleumdung oder übler Nachweise will Kissig nichts wissen. „Die Vorwürfe sind haltlos. Das Verfahren wird im Sande verlaufen.“ Wütend macht ihn, dass Möller seinen Schritt öffentlich macht: „Strafanzeige darf jeder stellen, das ist legitim. Dies aber der Presse mitzuteilen, dient einzig und alleine dazu, den Ruf des Beschuldigten zu schädigen, ist also selbst eine Art Rufmord.“

Sein Parteikollege Kloevekorn nimmt dagegen die Strafanzeige mit Gelassenheit zur Kenntnis. „Ich bin mir keiner üblen Nachrede oder Verleumdung bewusst. Ich habe keine Ahnung, was das soll“, sagt er kurz. Sein Nachfolger im Amt des CDU-Vorstandes, der auch Urkunden bewusst unterdrückt haben soll, ist überzeugt: „Das ist alles Quatsch.“ Zu den detaillierten Vorwürfen könne er keine Stellung beziehen, weil er sie noch gar nicht kenne, so Schernikau. Möller als Käufer verleumdet oder verunglimpft zu haben, weist er von sich.

Eines ist klar: Möller will die Sache nicht auf sich beruhen lassen. Er schließt weitere juristische Schritte nicht aus.