Sanierungsstau macht erfinderisch: Eine Pinneberger Schule könnte geräumt werden, damit Handwerker ihrer Arbeit nachgehen können.
Pinneberg. Mangelnder Brandschutz, feuchte Räume, die stockende Sanierung des Innenhofs: Am Theodor-Heuss-Gymnasium in Pinneberg wächst seit Jahren der Frust. Schüler planen jetzt ihr Exil. Jeweils zwei Wochen vor und nach den Sommerferien könnten sie ihre Klassenzimmer räumen, um Platz für ersehnte Handwerker zu schaffen. Eine Protestaktion, die Frauke Runden von der Pinneberger Schulallianz ausdrücklich als Angebot an die Stadt verstanden wissen will. In dem leeren Gebäude könne über einen längeren Zeitraum ungestört und konsequent an der Beseitigung von Baumängeln gearbeitet werden. Unterrichtet würde etwa im Klövensteen. „Dort könnten Zelte aufgestellt werden“, so Runden. Schulleiter Matthias Beimel steht hinter der Aktion.
Eltern, die mit Köpfen schütteln. Ratsmitglieder, die sichtlich konsterniert sind. Eine Szene, die sich am Donnerstagabend abspielte. Gerade war auch dem Letzten klar geworden, dass Pinnebergs Stadtverwaltung es erneut nicht geschafft hat, ihren Job gemäß den Erwartungen zu erledigen. Eigentlich sollte in der kommenden Woche über den aktualisierten Schulsanierungsplan beraten werden. Doch daraus wird nichts. „Wegen Krankheitsfällen können wir die Unterlagen erst am 6. März versenden“, so Bürgermeisterin Urte Steinberg.
Sozialdemokrat Reinhard Matthies zeigte wenig Verständnis. Er kritisierte die „erneute Verzögerung“. Es habe klare Zusagen gegeben. Es müsse möglich sein, der Politik endlich verlässliche Daten zukommen zu lassen. Manfred Stache, Ratsherr für die Grünen & Unabhängigen, ließ ebenfalls Luft ab: „Wir müssten diesen Schulsanierungsplan nicht erneut beraten, wenn das notwendige Personal im Rathaus rechtzeitig zusammengezogen worden wäre.“ Es sei unverkennbar, dass die Politik „auf alles, was die Verwaltung liefern sollte, zu lange warten muss“.
Auffällig ist die ungewohnte Einigkeit der Ratsfraktionen, wenn es um die Arbeit der Stadtverwaltung geht. Das wurde deutlich, nachdem Sozialdemokrat Herbert Hoffmann die Hängepartie um eine seit 2009 ausstehende städtische Eröffnungsbilanz auf die Agenda hob. Andere Kommunen hätten vorgemacht, dass dergleichen kein Hexenwerk sei: „Wir erleben momentan zu oft, dass Vorhaben scheitern“, so Hoffmann. „Warum schafft Pinneberg es nicht, diesen Bericht fertig zu stellen“, fragte auch SPD-Fraktionschefin Angela Traboldt. Die Verwunderung in den Reihen der Politik sei groß. „Dieses Hinhalten nervt unheimlich, das ist blamabel für die Stadt Pinneberg.“
CDU-Fraktionschef Andreas Meyer sprach von „großem Ärger und Frust“. Der Politik seien die Hände gebunden: „Hier geht es eindeutig um Verwaltungshandeln.“
Seit Januar ist bekannt, dass Pinneberg in einem Haushalts-Dilemma steckt. Wegen zu hoch prognostizierter Einnahmen muss der bereits im Dezember verabschiedete Etat für 2015 Ende März erneut beraten werden. Statt Planungssicherheit herrscht große Ungewissheit – vor allem an den sanierungsbedürftigen Schulen. Selbst wenn es in der nächsten Sitzung der Ratsversammlung eine politische Mehrheit für den Haushalt gibt, wird weitere Monate gezittert werden. Das Innenministerium muss das Zahlenwerk genehmigen, bevor Geld ausgegeben werden darf. Und die Haushaltshüter werden den Etat penibel überprüfen, da die hoch verschuldete Stadt sich gegenüber dem Land zu einem knallharten Sparkurs verpflichtet hat. Pinneberg ist nur bedingt Herr über seine Finanzen.
Über den neuen Zeitplan für die Schulsanierung sollte am 3. März im Umweltausschuss diskutiert werden. Dessen Vorsitzender Jürgen Jacob (CDU) will jetzt eine Sondersitzung anberaumen, um noch vor der für Ende März geplanten Haushaltsberatung Klarheit über 2015 notwendige und realistisch umzusetzende Investitionen in Schulen zu bekommen. „Ziel ist es, am 18. März gemeinsam mit dem Schulausschuss zu beraten“, so Jacob. Eine geprüfte Eröffnungsbilanz, eigentlich Voraussetzung für eine saubere Etat-Planung, wird dann noch nicht vorliegen.
Pinnebergs Schulallianz, in der Vertreter aller Bildungseinrichtungen im Stadtgebiet organisiert sind, erhöht seit einem Jahr stetig den Druck auf Politik und Stadtverwaltung. Zweimal wurde bereits für konsequente Sanierung der Pinneberger Bildungseinrichtungen demonstriert. Sprecherin Runden berichtet von „ungebrochener Solidarität“. Klare Forderung bleibe, dass sämtliche 2014 verschobenen Sanierungen im kommenden Jahr nachgeholt würden. Derzeit werde sogar darüber nachgedacht, die Stadt zu verklagen. „Denn es gibt ein Recht auf verkehrssichere Ausstattung und Schulen, die dem Lernen dienen“, sagt Runden.