Der Wirtschaftsförderer Stefan Krappa spürt eine Aufbruchstimmung, setzt auf kostenloses W-Lan und plädiert für die Ausweisung großflächiger Gewerbeareale.
Pinneberg. Stefan Krappa ist umgezogen. Vom ersten in den zweiten Stock des Pinneberger Rathauses. Sein Büro teilt er mit Handwerkern, die derzeit noch Schäden ausbessern. Das passt irgendwie. Denn es sind viele Baustellen, die Krappa beackern muss. Oder eben beackern darf, denn mit dem Beginn der Rodungsarbeiten für die Westumgehung, der voranschreitenden Entwicklung des Areals der ehemaligen Eggerstedt-Kaserne und der Weichenstellung für eine Bebauung des Rehmenfelds rückt der Hamburger in den Fokus – er soll Firmen anlocken. Und plädiert dafür, sich ehrgeizige Ziele zu setzen. Eines davon ist die Verdoppelung des Gewerbesteueraufkommens.
Dass das einer der wenigen Hebel ist, die katastrophale Finanzlage der Kreisstadt in den Griff zu bekommen, dürfte kaum jemand bestreiten. 15,5 Millionen Euro führen die in Pinneberg beheimateten Firmen jährlich ab – viel zu wenig im Vergleich zu Nachbarkommunen wie Rellingen und Quickborn. Für Krappa Grund genug, ein Ausrufezeichen zu setzen: „Geht es etwa um das Rehmenfeld, plädiere ich dagegen, dort in großem Umfang Wohnungen zu bauen.“ Gewerbe müsse her. An Anfragen von Unternehmen fehle es nicht. „Es muss uns jetzt darum gehen, auch größere Flächen auszuweisen.“
Als Stefan Krappa im Jahr 2009 seinen Job in Pinneberg antrat, hatte er es zunächst nicht leicht. Manch einer unterstellte ihm seinerzeit, nur wegen seines Drahts zur damaligen Bürgermeisterin Kristin Alheit zum Zuge gekommen zu sein. Mit der hatte er in Hamburgs SPD zusammengearbeitet. Alheit ist längst weg. Sie verabschiedete sich 2012 als Sozialministerin nach Kiel. Krappa blieb in der Kreisstadt. Und bekommt jetzt, da Potenzialflächen baureif gemacht werden, Gelegenheit, sich als Wirtschaftsförderer zu beweisen.
Wir verlassen sein Büro, steigen aufs Dach des Rathauses. Krappa lässt den Blick schweifen. Ein Lächeln huscht über sein Gesicht, als er Baukräne erblickt. Gleich gegenüber, an der Friedrich-Ebert-Straße, zieht die Volksbank ein Büro- und Geschäftshaus hoch. Dort wird eine große Drogeriekette angesiedelt, nebenan soll ein Areal zum Verweilen entstehen – der Ebert-Platz. Eine halbe Körperdrehung und das Areal des früheren Kreishauses gerät ins Blickfeld. Dort errichtet der Rendsburger Investor Michael Demandt Wohnhäuser, und um die Ecke baut die Wohnbaugenossenschaft GeWoGe. „Ich erkenne ein positives Investitionsklima“, sagt Krappa, der 2014 auch Rückschläge in Kauf nehmen musste. Etwa die Abwanderung des Unternehmens Höhne. Der wichtige Gewerbesteuerzahler war mit seinen 35 Mitarbeitern nach Kaltenkirchen gezogen. In Pinneberg hatte Krappa der Firma aus Mangel an Gewerbeflächen seinerzeit kein adäquates Grundstück für eine Erweiterung anbieten können.
Auch das Aus für die private Fachhochschule Akad hatte im Herbst 2014 für Schlagzeilen gesorgt. Der Bildungsträger im Herzen der Kreisstadt konzentriert sich künftig auf E-Learning. Für das 2002 fertig gestellte Akad-Gebäude am Rathaus gibt es bis heute keinen Nachmieter. Es steht seit Januar leer. Vermieter ist die Albrecht Vermögensverwaltungsgesellschaft. Laut Krappa ist ein Umbau, der die Ansiedlung von Einzelhandel möglich macht, denkbar. Möglich, dass Textilanbieter oder Dienstleister in den Standort investieren. „Alle Beteiligten ziehen an einem Strang“, so Krappa. Es gebe Begehungen, Makler seien involviert. „Aber es gibt noch keine Ergebnisse.“
Womit ein weiteres Spielfeld des Diplompolitologen in den Fokus rückt: der Brennpunkt Innenstadt. Die Ansiedlung des Bekleidungsunternehmens H&M am Lindenplatz ist für den Wirtschaftsförderer ein positives Signal. Auch die Vollvermietung des Einkaufszentrums PIZ weise den Weg. Sorgenkind bleibe der Fahltskamp, in dem viele Geschäfte leer stünden. „Eine schwierige Lage“, räumt Krappa ein. Er hofft, den Bereich zwischen Lindenplatz und Bahnhofstraße zu einer Art Gastro-Meile umgestalten zu können.
Für den März plane Bürgermeisterin Urte Steinberg, ihre Quartiers-Gespräche mit Grundeigentümern und Mietern fortzusetzen. Dabei könnte ein Steckenpferd Krappas auf die Tagesordnung kommen. Er kann sich vorstellen, die City voranzubringen, indem kostenloses W-Lan auf den Weg gebracht wird. So könne die Verweildauer potenzieller Kunden in der City erhöht werden. „Wir führen Gespräche mit Anbietern“, sagt Krappa. Er könne sich auch vorstellen, mit den Stadtwerken zu kooperieren.
Apropos Internet. Für Krappa ist die Zweigleisigkeit bei der Vermarktung ein möglicher Schlüssel für den örtlichen Handel. Es gebe in der Kreisstadt einige Unternehmen, die diesbezüglich Vorreiterfunktion übernähmen. Kleine und mittelständische Firmen, die sowohl auf klassischen Vertrieb als auch Online-Strategien setzten. „Zukunftsweisend“, nennt Krappa das.