Im Gartenbauzentrum in Ellerhoop werden mit viel Aufwand Kesselbäume für die Landesgartenschau in Eutin angezüchtet. Dabei kommt es vor allem auf die richtige Veredelung an.
Ellerhoop. Wenn im April 2016 die Landesgartenschau in Eutin beginnt, werden die Ellerhooper Kesselbäume im Küchengarten des Schlossparks bestimmt so manch zweiten Blick herausfordern. Zu ungewöhnlich ist ihre Form: Der Stamm ist kurz, denn schon nach etwa 35 Zentimetern spreizen sechs Äste gleichmäßig, einen rechten Winkel zur Seite und einen nach oben, ab und geben dem Baum so ein Aussehen, das an Sektgläser erinnert. „Die muss man jedes Jahr neu schneiden, damit sie ihre Form behalten“, sagt Dietmar Nass, Leiter der Norddeutschen Fachschule für Gartenbau in Ellerhoop, der die Kesselbäume zusammen mit seinem Kollegen Peter Hendricks sowie seinen Schülern für die Landesgartenschau in Eutin anzüchtet.
28 dieser Kesselbäume lassen Nass und Hendricks im Gartenbauzentrum auf dem Gelände der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein heranwachsen. Es sind ein paar Birnen- oder Pflaumenbäume dabei, hauptsächlich aber Apfelbäume. „Die machen sich auch am besten“, sagt Nass. Der zwei Hektar große Küchengarten des Eutiner Schlosses soll historisch möglichst genau werden. Die Landschaftsarchitektin Kathrin Franz aus Leipzig hat die Pläne sorgsam ausgearbeitet. Sogar die Obstsorten sind größtenteils genau die Gleichen wie früher. Doch da gibt es ein Problem. „Alte Sorten sind sehr anfällig für Baumkrebs. Wenn dadurch nur einer der Hauptäste abstirbt, kann ich den ganzen Baum wegschmeißen“, erklärt Nass. Deshalb habe er bei der Auswahl der Bäume darauf geachtet, nur krebsresistente oder kaum anfällige Obstsorten zu nehmen. Zwei Bäume hat er schon durch Baumkrebs verloren.
Um möglichst alles richtig zu machen, besuchte Nass einen Vortrag des Franzosen Jacques Becalletto, der für die Kulturen im königlichen Gemüsegarten von Schloss Versailles verantwortlich ist. Dort, wo Nass’ Kesselbäume ihre kulturellen Wurzeln haben. Denn was heute für einen Obstbaum ziemlich merkwürdig anmutet, war zur Zeit von Ludwig XIV. bis Anfang des 19. Jahrhunderts Gang und Gebe. „Am Anfang war es wohl einfach der Spaß an den verschiedenen Formen, der den Reiz von Formobst ausmachte“, sagt Nass. Dabei gibt es durchaus einen praktischen Sinn. Dank des besonderen Schnittes bekommen die Äpfel viel Licht, dass sie zum guten Gedeihen brauchen. Doch mit der Zeit mussten selbst Obstbäume sich dem wirtschaftlichen Druck unterwerfen und die schönen Formhölzer verloren wegen ihrer sehr aufwendigen Anzucht mehr und mehr an Bedeutung, bis sie verschwanden und die Menschen sie vergaßen.
Im Sommer 2008 trat das Landesamt für Denkmalpflege an Nass heran, ob man Kesselbäume irgendwo kaufen könne. Schon damals plante die Stiftung Schloss Eutin, der das Schloss gehört, den Küchengarten zu renovieren. An die Landesgartenschau, die erst 2012 an Eutin vergeben wurde, dachte damals noch keiner. Gekauft werden konnten die Bäume zwar nicht, aber angezüchtet. Nass musste gar nicht lange überlegen, ob er dieses für ihn völlig neue Terrain betreten möchte. „Ich dachte mir: Interessante Sache, das machen wir“, erinnert er sich. Ihm ging es dabei weniger um das Obst als um den Baum an sich. „Ich habe vorher selber noch nie davon gehört“, so Nass. Seit das Vorhaben der Landschaftsarchitektin, im Eutiner Küchengarten Kesselbäume anzulegen, bekannt geworden ist, bemerkt allerdings er eine Renaissance des Formobsts. „Der Bedarf wächst wieder“, sagt er. So werden Nass’ und Hendricks Fortschritte mit großem Interesse von Betreibern anderer Schlossgärten verfolgt, die ebenfalls Kesselbäume anpflanzen möchten.
Das Schneiden könne jeder Baumschuler machen, sagt Nass. Komplizierter sei dagegen die richtige Veredelung des sogenannten Wildlings, den späteren Baumstamm, der am Anfang der Anzucht allerdings noch eher an einen dünnen Ast als an einen richtigen Baum erinnert. Durch die Veredelung würde vor allem das Wachstum des Baumes bestimmt. Das Tempo ist vergleichsweise moderat, denn ein Kesselbaum wird gerade mal zwei Meter groß. Immer wieder wird er neu beschnitten. Die gerade mal ein Jahr alten Veredelungen kommen ebenfalls aus dem Kreis Pinneberg; vom Hof von Hermann Cordes, der eine Baumschule in Holm betreibt.
Es ist nicht der erste Beitrag von Nass und der Fachschule für Gartenbau für eine Landesgartenschau. Schon 2011 habe man in Norderstedt teilgenommen und auch für Eutin plane man einen eigenen Garten. Für den Küchengarten sind die Bäume mittlerweile so weit ausgewachsen, dass Nass und Hendricks sie im neuen Jahr umsetzen können. Das wird wohl im Herbst geschehen, zuerst müssen in Eutin noch Wege im Garten anlegt werden, bevor die Bäume an ihren vorgesehenen Platz transportiert werden können. Doch Vorsicht: Die Krone darf nicht auseinander brechen. In diesem Falle wäre die jahrelange Arbeit umsonst gewesen. (hspmr)