Nach einen Jahrzehnt, in dem die CDU an der Macht war, dreht sich das Verhältnis. Erstmals wollen SPD, Grüne und FDP gemeinsam einen Haushalt verabschieden. Der Ausbau der K 22 wurde gestrichen.
Kreis Pinneberg. Das hat es im Kreis Pinneberg noch nicht gegeben. Am 17. Dezember werden zum ersten Mal SPD, Grüne und Liberale gemeinsam einen Haushalt verabschieden. Der 700-Millionen-Euro-Doppelhaushalt wird gleich für zwei Jahre, nämlich 2015 und 2016, gelten. Die drei Fraktionschefs Hannes Birke, SPD, Thomas Giese, Grüne, und Klaus G. Bremer, FDP, nennen ihre Koalition, die sich bereits bei der Abstimmung zum Nachtragshaushalt Anfang des Jahres angekündigt hat, „ein Bündnis der Vernunft“. Mit Blick auf die notwendige Konsolidierung seien die vereinbarten Grundsätze der richtige Weg für die politisch-inhaltliche Umsetzung.
Damit ist die CDU erstmals seit einem Jahrzehnt nicht mehr an den Schalthebeln der Macht im Kreis Pinneberg. Zwischen 2003 und 2008 regierte die Union allein mit absoluter Mehrheit, danach bis 2013 mit der FDP, mit der sie auch noch den Doppeletat für 2013/14 verabschiedet hatte. Das ist nun vorbei. „In vielen Punkten sind wir meilenweit entfernt von der CDU“, begründet Bremer den Kurswechsel seiner Fraktion. Etwa bei der Bezuschussung der Elmshorner Vereine, wo die CDU einige bevorteilen wolle.
Dieser plötzliche Machtverlust auf Kreisebene scheint bei der CDU auch persönliche Wunden geschlagen zu haben, wie sich auf der jüngsten Kreistagssitzung zeigte. Ständig wurde Bremer attackiert, der sich wehrte: „Solange der CDU-Abgeordnete Philipp Lohse auf Facebook behauptet, die CDU habe die FDP gefressen wie die AFD die Piraten, kann ich die CDU nicht ernst nehmen.“ Die CDU-Abgeordnete Kerstin Seyfert schickte noch während der Kreistagssitzung die Eckpunkte der CDU zum Haushalt, die diese auf einer Klausurtagung beschlossen hätte, an die regionalen Medien. Doch eine Mehrheit wird sie dafür kaum finden.
Sie habe diese noch nicht einmal gesucht, wundert sich Grünen-Fraktionschef Giese. Ganz bewusst hätten die Grünen nach der Kommunalwahl 2013 keine konkrete Koalitionsaussage getroffen und sich für Zweckbündnisse in einzelnen Fragen ausgesprochen. So verabschiedeten die Grünen das Konzept zur Wirtschaftsförderung mit der CDU gegen die SPD. „Aber beim Haushalt kann man mit der CDU ja nicht reden“, sagt Giese. „Die finanzpolitische Vernunft hat diese Dreier-Koalition notwendig gemacht.“
Auch die Pattsituation der bisherigen Lager spreche für die Ampel-Koalition. Schwarz-Gelb und Rot-Grün stünden sich in gleicher Zahl gegenüber, erklärt Bremer. „Aber es ist unzumutbar, den Kreistag abhängig zu machen von den drei Abgeordneten der Linken, Piraten und KWGP.“
Inhaltlich wolle das Dreier-Bündnis jene Verwaltungsteile stärken, die in engem Kontakt zum Bürger stehen, wie bei der Jugendhilfe oder den Schulen, erläutert Giese. Der Mehrbedarf für 21 Stellen in der Kreisverwaltung mit ihren 607 Personalstellen, die 1,6 Millionen Euro kosten würden, solle im Rahmen eines Gesamtbudgets eingespart werden, kündigt Birke an.
Für die Unterhaltung der Kreisstraßen sollen jährlich 650.000 Euro bereitgestellt werden. Alle Investitionsvorhaben stünden unter dem Vorbehalt, dass nur dann Geld eingestellt wird, wenn sie kassenwirksam werden, erläutert Birke. Das heiße konkret für den Ausbau der Kreisstraße 22 zwischen Tornesch und Uetersen: Nur wenn zeitgleich ein rechtsverbindlicher Planfeststellungsbeschluss, ein Vertrag mit der Deutschen Bahn für die Untertunnelung und die Zusage des Landes vorlägen, 70 Prozent der Kosten zu tragen, würden Kreismittel dafür eingestellt. All das fehle für die K 22, zumal zwei Anwohner die notwendigen Grundstücksverkäufe weiterhin ablehnten. Somit würden auch die Planungskosten für diese Straße aus dem Verwaltungsentwurf gestrichen, sagt Giese. Die CDU will dagegen 14 Millionen Euro für die K 22 bereitstellen.
Zudem möchte die Ampel-Koalition die freien Träger, die Kreisaufgaben übernehmen, besser stellen. Sie sollen für Personal und Sachkosten eine dreiprozentige Erhöhung ihrer bisherigen Zuschüsse erhalten, sofern dies mit den Auflagen des Konsolidierungsvertrages mit der Landesregierung vereinbar sei, der die freiwilligen Leistungen des Kreises bis 2018 unter Kuratel stellt.
Aber dem Kreis Pinneberg geht es finanziell etwas besser. Für die Jahre 2015/16 rechnet die Verwaltung nach jahrelangen Durststrecken mit einem Überschuss von 5,1 Millionen Euro. Allerdings wird bis Ende 2016 wegen der enormen Investitionen in die Kreisberufsschulen Pinneberg und Elmshorn (25 Millionen Euro), Rettungsleitstelle (4,9 Millionen) und Kreisfeuerwehrzentrale (4,5 Millionen Euro), der Schuldenstand von 68 Millionen auf 99 Millionen Euro anwachsen.