Uta Robbe-Oberhössel und Patrizia Held stellen in ihrem Buch „Stadtgespräche aus Elmshorn“ unbekannte und berühmte Vertreter aus Wirtschaft, Kirche, Kultur, Politik und Gesellschaft vor.

Elmshorn. Ob sie als Kind eigentlich aufgrund ihres verkürzten Armes gehänselt wurde? „Nein, überhaupt nicht. Ich weiß nicht einmal, ob ich es überhaupt wahrgenommen habe. Ich hatte wunderbare Eltern, die mir vermittelt haben, dass ich alles kann“, sagt Brigitte Fronzek.

Die frühere Elmshorner Bürgermeisterin ist von Geburt an behindert. In dem gerade erschienenen Buch „Stadtgespräche aus Elmshorn“ (Gmeiner-Verlag, 14,99 Euro)spricht sie sehr offen über ihre Behinderung. Sie sei immer Meinungsbildnerin gewesen. Als traumatisch erlebte sie als Heranwachsende hingegen die Tanzschulzeit. Sie sei mehrmals wegen ihrer Behinderung sitzengeblieben. „Aber ich habe die Zeit durchgestanden. Ich bringe alles zu Ende“, so Fronzek, die im Gespräch mit Autorin Uta Robbe-Oberhössel eine sehr persönliche Seite offenbart.

35 Elmshorner der Gegenwart und Vergangenheit stellen Uta Robbe-Oberhössel und Patrizia Held in ihrem Buch vor. Berühmtheiten wie Tennislegende Michael Stich, der seine sportliche Karriere im Elmshorner Lawn-Tennis-Club, dem größten und ältesten Tennisverein des Kreises Pinneberg, begann. Dort sorgte er schon vor seinem ersten Spiel in der Oberliga bei Victoria Hamburg 1985 für eine Legende, die sich seitdem hartnäckig hält. „Ich hatte mir von meinem Onkel Geld geliehen, weil ich großen Appetit auf Erdbeerkuchen hatte“, erzählt der spätere Wimbledon-Sieger. Vor Beginn des Matches verdrückte er sieben Stücke Torte – und gewann mit seiner Mannschaft 9:0.

Die Buchautorinnen stellen auch Menschen aus der Krückaustadt vor, die zwar keine Berühmtheit erlangt haben, den meisten Elmshornern dennoch aus dem Alltag bekannt sein dürften, wie zum Beispiel Straßenkehrer Hans-Hermann Timm. Der städtische Angestellte sorgt mit seinem Wägelchen für saubere Grünanlagen und Gehwege in der Stadt und findet dabei auch Kurioses wie Gehwagen oder Gebisse. „Jeder hat ihn morgens schon einmal bei der Arbeit gesehen“, meint Uta Robbe-Oberhössel. „Es sind die Menschen, die der Stadt ihr Gesicht geben.“

Von der Anfrage des Gmeiner-Verlages bis zum Erscheinungstag am 8. Oktober vergingen anderthalb Jahre. Eine Zeit in der viel geschah, auch Trauriges. Zwei der Gesprächspartner können die Buchpremiere leider nicht mehr miterleben. „Bärbel Boltzen, die Woche für Woche ihre frische Ware auf dem Buttermarkt anbot, und Jürgen Kröger, der erste Vorsitzende von Tru un fast, starben, bevor das Buch erschien“, sagt Uta Robbe-Oberhössel. „Der Tod ereilte ihn während eines Telefonats, das er in Vereinsangelegenheiten führte.“ Beide hätten jedoch noch den druckfertigen Text gelesen und sich auf die Veröffentlichung gefreut. „Wir hoffen, dass wir ihnen ein kleines Denkmal setzen konnten“, sagt Patrizia Held.

Die Journalistinnen spannen einen weiten Themenbogen, sie sprachen mit Vertretern aus Wirtschaft, Kirche, Kultur, Politik, Gesellschaft, mit Jung und Alt, Mann und Frau, mit und ohne Migrationshintergrund. Auch historische Figuren, die in der Vergangenheit Elmshorn maßgeblich mitgestaltet haben, sind in dem Buch vertreten. Die Auswahl fiel nicht leicht.

„Wir wollten eine gute Mischung und haben uns auf einem Stück Tapete mögliche Gesprächspartner überlegt“, sagt Patrizia Held. Dabei kamen die Frauen auf mehr als 200 Kandidaten. „Wir hätten noch so viele weitere Menschen vorstellen wollen, mussten uns aber auf 35 festlegen, die stellvertretend für alle Elmshorner stehen.“

Patrizia Held und Uta Robbe-Oberhössel förderten auch Überraschendes zutage. So offenbart Wirtschaftsförderer Thomas Becken, kein typischer Beamter zu sein. Nicht weil er wochentags zum Vegetarier werde, sondern weil in ihm eigentlich das Herz eines Rockers schlage. So erfährt der Leser im Buch, dass Beckens Band Chariad, deren Musik an die Skorpions erinnert, Mitte der 90er-Jahre sogar in der RTL-Serie „Sylter Geschichten“ zu hören war. Er ließ es sich nicht nehmen, sein Talent bei der Buchtaufe am Freitagabend in der Buchhandlung Heymann unter Beweis zu stellen. Dort sorgte er als Gitarrist für musikalische Unterhaltung.