Harald Braun schreibt in seinem Roman „Das Gummistiefelgefühl“ über seinen Versuch, in Horst als überzeugter Städter ein glückliches Landei zu werden. Gerade erscheint sein neuer Roman „Scheunenherzen“.

Horst/Elmshorn. „Der zweite August 2003 war der miserabelste meines Lebens.“ So beginnt Harald Braun seinen stark biografisch beeinflussten Roman „Das Gummistiefelgefühl“. An diesem Tag beginne das neue Leben des Hamburgers in der Pampa – genauer gesagt in Horst an der Grenze zum Kreis Pinneberg, das er im Buch kurzerhand Haasenbüttel umtauft. „Im Nachhinein habe ich die Handlung etwas verfremdet“, sagt Braun.

Der Journalist und Buchautor hatte vor elf Jahren seine überteuerte Altbauwohnung in Eppendorf gegen ein reetgedecktes Bauernhaus mit Garten eingetauscht, obwohl ihn schon die Aufzucht und Pflege von Hund und Katze an seine „Landmann-Grenzen führen“, und auch das Rasenmähen vor dem Haus käme einer echten Prüfung gleich, wie er sagt. „Bevor ich Zucchini aus dem eigenen Gemüsebeet erntete, fände eher der nächste Kirchentag auf der Reeperbahn statt.“ Seine praktischen Talente seien überschaubar.

Doch die romantische Aussicht auf kuschelige Abende mit Freundin Anna (Im wahren Leben heißt seine Frau Sabine und besteht darauf, nicht Anna zu sein.) vor dem Kamin, gemeinsames Erdbeeren und Äpfel pflücken und lässiges Lümmeln in der Sonne, lassen ihn die eigenen Zweifel vergessen. Blöd nur, dass Anna da nicht mitzieht und Harald auch noch seinen Job verliert.

Auch im wahren Leben musste Braun diese Erfahrung machen. Bis 2005 arbeitete er für Magazine, zuletzt als stellvertretender Chefredakteur für die Frauenzeitschrift Amica, bevor diese eingestellt und er freigestellt wurde. Er wechselte in die Selbstständigkeit, arbeitet als Textchef für Park Avenue, schrieb mehrere Romane (Die Verräter, Grauzone – lässig älter werden) und Reiseberichte für Zeitschriften wie Brigitte Woman und Geo.

Keine Harmonie zu zweit also in Haasenbüttel. „Stattdessen konnte ich nur einen Typen beobachten, der in der Einöde hockte und nach ein paar Monaten Isolationsfolter anfing, die Bäume in seinem Garten zu umarmen“, heißt es im Buch. Seine Bilanz nach sechs Wochen Landleben fällt eher bescheiden aus. Zufällig kennengelernte Nachbarn: fünf. Nachbarn, mit denen er mehr als drei Sätze gewechselt hatte: zwei. Nachbarn, bei denen er sich vorstellen kann, sich mit ihnen anzufreunden: null. Auf dem Hoffest wird der „neue Stadtaff’ vom Klöterkamp“, wie ihn ein rustikaler Landwirt vorstellt, eher etwas unsanft in die Dorfgemeinschaft geschubst. Und dann ging es irgendwie doch ganz schnell. „Schon nach fünf oder sechs Jahren war ich so weit: Das Leben auf dem Land in Haasenbüttel fühlte sich total normal an.“

Ganz so lange brauchten Braun und Horst dann doch nicht. Nach einem Jahr hatte er sich akklimatisiert. Der 54-Jährige schätzt die gute Nachbarschaft und das Leben in Einklang mit Natur und Tier. Denn mittlerweile leben auch Hund und Katze auf dem Hof. Außer zwischen November und März. Denn die Trostlosigkeit von Haasenbüttel/Horst „bei minus drei Grad und Nieselschnee im Dunkeln übertrifft jedes Weltuntergangsszenario in der Stadt“, so Braun. Dann packen er und Sabine die Koffer und fliegen nach Australien in die Sonne. „Arbeiten kann ich von überall“, sagt er, so auch seine Frau, eine selbstständige Fotografin.

Nach mehr als 20.000 verkauften Exemplaren war der Bastei-Lübbe-Verlag mit dem Vorschlag an Braun herangetreten, eine Fortsetzung zu schreiben. In seinem diesmal rein fiktiven Schleswig-Holstein-Roman „Scheunenherzen“, der in der vergangenen Woche erschien, wird der abgebrannte Harald gegen eine hübsche Gage Kandidat in der Landwirte-Kuppel-Show „Scheunenherzen“, einem schamlosen „Bauer sucht Frau“-Abklatsch nach Drehbuch. Auch dieses Mal prallen Vorurteile von Städtern und Dörflern aufeinander, als die durchgeknallte Filmcrew das beschauliche Haasenbüttel stürmt, während Anna einen Monat lang drei angeblich heiratswilligen Kandidatinnen weichen soll. Ganz nebenbei deckt der Romanheld einen Etikettenschwindel auf einem Geflügelhof auf. Da sag doch mal einer, auf dem Land sei nichts los.