Datenautobahnen sind die neue Infrastruktur und ein wichtiger Standortfaktor, wenn es um Neubürger geht. Das haben viele Kommunen im Kreis Pinneberg erkannt, die auf Glasfasertechnik setzen. Tangstedter Bürger zögern noch.
Tangstedt/Kreis Pinneberg. Endspurt in der Gemeinde Tangstedt (Kreis Pinneberg). Bis Ende dieser Woche sollten sich dort 500 Haushalte (60 Prozent) bereit erklären, das Breitband-Angebot des Norderstedter Stadtwerke-Unternehmens wilhelm.tel anzunehmen. Nur dann wird das Dorf an die Glasfaserleitung angeschlossen, die wilhelm.tel ohnehin nach Rellingen gelegt hat und die das schnellste Internet ermöglicht. Bislang liegen aber nur halb so viele Verträge vor, bilanziert Tangstedts Bürgermeister Detlef Goos, FDP. „Ich bin sehr enttäuscht von meinen Mitbürgern. Es besteht die Gefahr, dass Tangstedt seine Zukunft verschläft.“
Damit das nicht passiert, hat Goos mit Gemeinderatskollegen Hauswurfsendungen in jeden Briefkasten im Dorf geworfen, um auf das einmalige Breitband-Angebot hinzuweisen, dass für eine monatliche Gebühr ab 40,90 Euro Euro neben dem freien Internetsurfen mit 100 Megabit pro Sekunde, hochauflösendes Fernsehen und eine Telefonflatrate möglich macht. Am heutigen Mittwoch, 15., und am Freitag, 17. Oktober, werden unschlüssige Bürger jeweils in der Zeit von 16.30 bis 19 Uhr noch mal eingehend von den Experten von wilhelm.tel beraten. „Der gesamte Gemeinderat steht voll dahinter“, sagt Bürgermeister Goos. „Das ist unsere Chance für die Zukunft.“
Sollte es die erhoffte Resonanz in der Gemeinde geben, könnte Tangstedt in naher Zukunft auch das kostenfreie mobile Surfen im Internet bekommen, kündigt wilhelm.tel-Chef Theo Weirich an. In Norderstedt, wo die Stadtwerketochter 1998 begann, das gesamte Stadtgebiet für 60 Millionen Euro mit Glasfaserkabel auszurüsten und jetzt einen Marktanteil von 85 Prozent besitzt, besteht seit einem Jahr ein fast flächendeckendes mobiles Internetangebot, für jedermann kostenlos. Auch dies würde sich für Tangstedt dann realisieren lassen können, sagt Weirich.
Wilhelm.tel ist nicht nur Vorreiter dieser Technologie, sondern auch regionaler Marktführer. Mit Partnerfirmen wie den Stadtwerken Neumünster oder dem Wohnungsunternehmen Saga in Hamburg versorge sein Unternehmen inzwischen 400.000 Kunden mit Internet, TV und Telefon, berichtet Weirich. Auch im Kreis Pinneberg ist wilhelm.tel stark vertreten. So liefert es die Vorsignale und Produkte für die Glasfaserleitungen an die Stadtwerke-Töchter in Pinneberg (pinnau.com), Quickborn (tel.quick) und Halstenbek (GWHtel). In Rellingen wird gerade jedes Haus angeschlossen. Über Neumünster sollen 2015 die vier Dörfer des Amtes Hörnerkirchen für 4,2 Millionen Euro Breitband erhalten. Und am Kauf der Breitbandsparte des Abwasserzweckverbandes in Hetlingen, die verkauft werden muss und etwa 2500 Kunden in Holm, Heist und Hasloh mit Internet versorgt, sei wilhelm.tel sehr interessiert, so Weirich.
Für Tangstedts Bürgermeister Goos spricht auch die räumliche Nähe des Anbieters für dieses Angebot. Statt über Callcenter irgendwo in Süddeutschland verbunden zu werden, erhielten die Kunden in Tangstedt einen ortsnahen Service. Weirich verspricht: „Wir würden noch in diesem Jahr die ersten Haushalte ans weltweite Datennetz in Tangstedt anschließen.“
In Rellingen sind sie da schon weiter, berichtet der Büroleitende Beamte Uwe Goldt. Acht Millionen Euro investiere die Großgemeinde in dieses Projekt. Das Glasfasernetz, das Rellingen gehört, werde an wilhelm.tel verpachtet, das es für die Gemeinde mit seinen Produkten betreibt. „Die Nachfrage ist sehr gut.“ Mit 2000 Verträgen sei eine Anschlussquote von 40 Prozent erreicht, die ersten Kunden seien am Netz. Am 30. Oktober werde den Bürgern dazu eine öffentliche Zwischenbilanz gegeben, kündigt Goldt an.
In Halstenbek, wo GWHtel 11,5 Millionen Euro ins Glasfasernetz investiert, binden sich nach Angaben des Werkleiters Uwe Lamberti 60 Prozent der Haushalte an das gemeindeeigene Breitbandnetz binden. Lamberti: „Wir sind unserer Zeit voraus.“ Auch Quickborns Werkleiter Panos Memetzidis ist sehr zufrieden mit der Entwicklung. Von den 3000 Kunden, die Verträge mit tel.quick unterschrieben haben, seien jetzt 2200 Haushalte am Netz. „Das wächst gut.“ Zwischen 50 und 60 Prozent schwanke der Zuspruch.
In Barmstedt, wo die dortigen Stadtwerke mit ihrer Tochter Xitylight im Alleingang die Stadt und das Umland mit Sparrieshoop, Heede und anderen Dörfern mit Glasfaser ausrüstet, gebe es jetzt 2350 Kunden, sagt Werkleiter Fred Freyermuth. „Jeden Monat kommen 65 neue Kunden hinzu.“ Nächstes Jahr sollen Hemdingen und Bevern ans Breitbandnetz angeschlossen werden.
In Elmshorn werden nur die beiden großen Gewerbegebiete mit Glasfaser ausgerüstet, sagt Werkleiter Sören Schuhknecht. Dafür sei das Tochterunternehmen E.net gegründet worden. Eine halbe Million Euro wird investiert. Einzig Wedel schließt sich nicht diesem Glasfasertrend der anderen Stadtwerke an. Dort hätte ein flächendeckender Ausbau 60 Millionen Euro gekostet, sagt Werkleiter Adam Krüppel. Wedel setzt nun auf eine kostengünstigere Lösung mit Hilfe einer aufgerüsteten Kupferkabel-Technologie. 1300 Haushalte in Wedel können aber dennoch das Glasfasernetz von wilhelm.tel nutzen, das dort die Adlershorst-Häuser angeschlossen hat.