In Elmshorn verschwinden immer wieder Pflanzen von Gräbern. Verwaltung verdächtigt andere Grabbesitzer und rät zur Anzeige. Auch in Wedel und Pinneberg gibt es immer mal wieder derartige Vorfälle.
Elmshorn. Friedhöfe sind nicht nur ein Ort der Trauer, sondern allzu oft auch ein Platz für Diebe: Auf dem städtischen Friedhof Elmshorn in Kölln-Reisiek werden immer wieder Blumen von Gräbern gestohlen. Erst vor wenigen Tagen wurden frischgesetzte Pflanzen wieder ausgegraben. Dabei handelt es sich längst nicht um einen Einzelfall.
„Wir haben bisher keine Statistik geführt, aber wir beobachten eine deutliche Zunahme von Diebstählen auf dem Friedhof“, sagt Christina Schötzow, als Sachgebietsleiterin bei der Stadt für den Friedhof zuständig. Immer wieder meldeten sich Menschen bei der Friedhofsverwaltung, weil Gräber geplündert worden seien. In der Verwaltung wird vermutet, dass der Grabschmuck von Menschen gestohlen wird, die sich die Pflege der Gräber ihrer eigenen Verwandten nicht mehr leisten können oder auch nicht leisten wollen. „Generell wird immer stärker an Beerdigungskosten gespart“, sagt Schötzow. Immer mehr Menschen würden sich gegen ein Familiengrab entscheiden und einer deutlich günstigeren Urnenbestattung den Vorzug geben.
Für die These, dass Blumen von einem Grab auf ein anderes gesetzt werden, spricht auch, dass Fälle von purem Vandalismus eher selten vorkommen. Den Dieben geht es augenscheinlich nicht darum, die Gräber anderer Menschen zu zerstören. „Auf einem zwölf Hektar großen Friedhof ist es aber auch schwierig, festzustellen, ob sich die Chrysanthemen auf einem anderen Grab wiederfinden“, sagt Schötzow. „Wir können den Friedhof, der den Menschen jeden Tag zugänglich ist, nicht überwachen.“ So bleiben die Verursacher auf dem abgelegenen und weitläufigen Gelände – rund 7500 Grabstellen sind hier angelegt – fast immer unentdeckt und der Geschädigte bleibt auf den Kosten sitzen.
Zudem ist auch die Zahl der sogenannten Sozialbestattungen in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen, wie eine Anfrage der Partei Die Linke beim Statistischen Bundesamt ergeben hat. Demnach bekamen im Jahr 2012 mehr als 22.000 Menschen in Deutschland die Kosten für die Bestattung Angehöriger vom Sozialamt erstattet. Das bedeutet Ausgaben in Höhe von rund 57 Millionen Euro. Damit habe sich die Zahl Sozialbestattungen im Vergleich zum Jahr 2006 um 8700 erhöht.
Der finanzielle Schaden beim Blumenklau ist meistens überschaubar. „Betrüblicher ist die Tatsache, dass die Totenruhe nicht respektiert wird“, sagt Schötzow. Für die Menschen, die sich um die letzte Ruhestätte ihrer Liebsten kümmern, die Gräber mit Gestecken, Blumen und Kerzen schmücken und um ihre Angehörigen trauern, ist es ein Schock. „Es geht nicht um die paar Euro für die Blumen. Es geht um die Verstorbenen und um deren Gefühle“, sagt Schötzow. Sie rät, bei der Polizei Anzeige zu erstatten, wenn der Diebstahl sich wiederholt. Auch die Friedhofsverwaltung sollte darauf aufmerksam gemacht werden, wenn etwas auf dem Grab fehlt.
Auch auf dem Friedhof der evangelisch-lutherischen Gemeinde in Wedel wurden schon Blumen entwendet. Ein besonders beliebter Anlass für eine Diebestour scheint der Totensonntag im November zu sein. „Dann wird bevorzugt der gerade ausgelegte Tannenschmuck geklaut“, sagt Friedhofsverwalter Christoph Stapel. „Tritt das gehäuft in einer Ecke auf, bin ich schon sensibilisiert und schaue genauer hin.“
Aber eine komplette Überwachung des Friedhofs sei nicht möglich. Friedhofs-Besuchern berichteten Stapel zwar, sie hätten die entwendeten Kränze auf einem anderen Grab wiedergefunden. Aber das sei nie gänzlich geklärt werden können. Blumenklau sei aber kein Phänomen der heutigen Zeit, meint Stapel, der seit 1983 als Friedhofsverwalter arbeitet. Er habe das immer wieder erlebt.
Auch in Pinneberg verschwinden immer wieder mal Sträuße oder Pflanzen auf dem Friedhof. „Im Frühjahr wurden die frisch gepflanzten Blumen von einem Grab aus der Erde gerissen“, sagt Hemming Hachmann-Thießen, der den kirchlichen Friedhof in Pinneberg seit zwölf Jahren verwaltet. Ein paar Schritte weiter lagen die Pflanzen im Müllcontainer. „Das sah nach einer persönlichen Racheaktion aus.“ Er kann sich aber auch gut andere Beweggründe für das Plündern von Gräbern vorstellen. „Nicht jeder ist bereit, Geld für Grabschmuck auszugeben, und andere haben es vielleicht auch nicht.“
Eine Häufung derartiger Vorfälle habe es 2010 gegeben, berichtet Hachmann-Thießen. Wie sich herausstellte, hortete eine geistig verwirrte Frau den Blumenschmuck daheim. „Das ganze Zuhause war voller Blumen“, sagt Hachmann-Thießen. Seitdem sei es weitgehend friedlich geblieben. Skurrile Geschichten wusste aber auch schon sein Vorgänger zu berichten. „Der erzählte mir von einem Mann, der einen Strauß Blumen mitgehen ließ“, sagt der Verwalter. Eine Frau beobachtete den Dieb dabei und nahm die Verfolgung auf. Der Mann hatte ein Mitbringsel für eine Geburtstagsfeier gesucht.