Krach des alten Wedeler Kraftwerks sorgt für Ärger in der Nachbarschaft. Anwohner sind sauer und werfen Aufsichtsbehörde Untätigkeit vor. Bei Vattenfall verweist man auf zahlreiche Maßnahmen.
Wedel. Es kehrt einfach keine Ruhe ein im Wedeler Wohnviertel neben dem Kraftwerk. Obwohl sich die Anwohner seit 2012 über zunehmenden Lärm des in die Jahre gekommenen alten Meilers beschweren, Messungen die Grenzüberschreitungen bestätigen und die zuständige Aufsichtsbehörde Gegenmaßnahmen verordnete, tut sich aus Sicht der Anwohner nichts. Das Brummen, das vielen Nachbarn sogar im entfernten Rissen den Schlaf raubt, ist weiterhin zu hören.
„Es hat sich nichts getan“, sagt Sandra Mohr. Die Wedelerin wohnt im Hellgrund und damit in unmittelbarer Nachbarschaft zum Kraftwerk. Sie ist eine von vielen, die Anfang des Jahres die Situation als unerträglich anprangerten. Eine Lärmmessung gab ihr und anderen Geplagten Recht. Sie ergab am Hellgrund eine Überschreitung des nächtlichen Richtwertes von bis zu sieben über den erlaubten 40 Dezibel ergeben. Betreiber Vattenfall versprach Abhilfe. Auch das zuständige Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) in Flintbek erließ anschließend eine Anordnung, die das Unternehmen zur Umsetzung von Lärmschutzmaßnahmen bis Ende August verpflichtete.
Obwohl das Unternehmen Vattenfall während der Kraftwerkswartung im Sommer auch an dem geforderten Schallschutz arbeitete, ist die Stimmung im Wohnviertel alles andere als friedlich. Ganz im Gegenteil. Der Krach um den Krach ist heftiger geworden. Es gibt zahlreiche Beschwerden, vor allem auch über lärmende Schiffsentladungen der Kohle am Tage. Anwälte wurde eingeschaltet und sogar eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Mitarbeiter der Aufsichtsbehörde eingereicht.
Warum es nicht leiser wird um den Kraftwerkslärm? Es könnte daran liegen, dass wichtige Bausteine für weniger Schall vom Werk fehlen. Denn laut Vattenfall-Sprecherin Barbara Meyer-Bukow wurden während der jüngsten Wartung zwar zahlreiche Maßnahmen gegen den Lärm ergriffen. So seien gegen das nächtliche Brummen Schalldämpfer bei der Luftansaugung und bei der Abluftleitung installiert, Rohrleitungen isoliert, Scheiben stärker verglast und im Inneren der Turbinenhalle eine provisorische Lärmschutzwand errichtet worden.
Allerdings ging es an der Nordseite der Halle nicht voran, aus der die Geräusche scheinbar stammen. „Die Prüfung der technischen Machbarkeit für die Lärmoptimierung der Glasfassade sowie den Bau einer zusätzlichen Lärmschutzwand hat sich verzögert“, sagt Meyer-Bukow. Somit könnten die Arbeiten erst bei der kommenden Wartung im Sommer 2015 umgesetzt werden. Das hieße für die Anwohner ein Jahr länger Lärm. Das Merkwürdige: Bei der zuständigen Überwachungsbehörde weiß man von diesem Zeitplan nichts.
Den Kommunalpolitikern reicht es jetzt. SPD und Grüne haben einen Antrag für die Sitzung des Bau- und Umweltausschusses am Donnerstag, 25. September, gestellt. Sie fordern umfangreiche und kontinuierliche Messungen von einem unabhängigen Institut, am besten aus einem anderen Bundesland, zur Überwachung des Kraftwerks, für das eigentlich doch das LLUR zuständig ist. Mitarbeiter der Aufsichtsbehörde sind zur öffentlichen Sitzung im Wedeler Johann-Rist-Gymnasium, Am Redder 8, geladen worden. Von 18 Uhr an sollen sie Rede und Antwort stehen. Auch Vertreter von Vattenfall werden anwesend sein.
Das stößt bei einigen Anwohnern besonders sauer auf. Die Wedeler Rolf Schmersahl und Kerstin Lueckow, die auch Mitglied der Bürgerinitiative gegen das geplante neue Kraftwerk sind, kritisieren die Nähe zwischen Vattenfall und der Aufsichtsbehörde. Anlass ist eine Lärmmessung im August, bei der das LLUR Beschwerden der Anwohner über zu laute Schiffsentladungen nachgehen sollte. Die ergab vier Dezibel über dem erlaubten Tageswert. Lueckow und Schmersahl sind sich sicher, das Ergebnis wäre höher ausgefallen, wenn Vattenfall nicht von der Messung gewusst hätte und so Geräusche abstellen konnte.
Die Anwohner fühlen sich im Stich gelassen und werfen der Aufsichtsbehörde Untätigkeit vor. Das kann Martin Schmidt, Sprecher des LLUR, nicht nachvollziehen. Er verweist auf zahlreiche bereits von Vattenfall umgesetzte Schritte, unter anderem wurde die Sirene am Ladekran am Hafen ausgetauscht. Die neue passe sich dem Umgebungslärm an. Zudem werde geprüft,, wie die Geräusche der sogenannten Laufkatze und den Abwerfern gedämpft werden könnten. „Es ist unstrittig, dass es zu laut ist. Da lässt auch keiner locker, bis es behoben ist. Aber es ist eben nicht von heute auf morgen umsetzbar“, so Schmidt und er verspricht: „Wenn die Maßnahmen alle umgesetzt sind, dann werden wir selbstverständlich auch unangekündigte Messungen durchführen.“
Das ist zumindest ein kleiner Trost für die Anwohner. „Ich will doch nur vernünftige Messungen und dass die Grenzwerte eingehalten werden und man sich an die Auflagen hält“, sagt Kerstin Lueckow. „Gegen den Betrieb des Kraftwerks habe ich nichts.“