In Eigenregie wollen Kaufleute und Bürger die Rosenstadt attraktiv machen. Um ihren Plan in den kommenden Jahren umzusetzen, brauchen sie Spendengeld.
Uetersen. Carsten Schwenn einfach keine Lust mehr auf Uetersens Dornröschenschlaf. Und etliche Kaufleute der Rosenstadt haben ebenfalls die Geduld mit ihrer Stadt verloren. Weil die Stadt ihrer Ansicht nach nicht „in die Puschen“ komme und zunehmend an Attraktivität verliere, nehmen Händler und Bürger die Zukunft der Stadt nun selbst in die Hand. Die Stadt toleriert das.
In der Fußgängerzone haben Schwenn, Rudolf Lavorenz und weitere Händler eigenmächtig hunderte Blumen in die Rondells im Innenstadtbereich gepflanzt, Sitzbänke gezimmert und montiert, Aschenbecher für Bürger aufgestellt. Die wenig einladenden öffentlichen Toiletten werden in Eigenregie frisch gestrichen, Stromkästen werden mit bunten Motiven verschönert. Selbst Bäume werden in Form geschnitten. Was die Stadt zu dem ganzen sagt, ist Schwenn, Lavorenz und rund 30 Händlern in Uetersen inzwischen ziemlich egal. Sie wollen, dass ihre Stadt wieder vorzeigbar wird.
„Wir wollen Uetersen endlich wieder auf Vordermann bringen“, sagt Lavorenz. Der 66-jährige hat sich regelmäßig mit den knapp 30 Uetersener Kaufleuten getroffen, um Ideen für ein lebenswerteres Uetersen zu erarbeiten. Dies, weil es nach Ansicht der Kaufleute notwendig ist. Uetersen hatte einst einen über die Region hinauseilenden guten Ruf, erinnert sich Lavorenz. Eine lebenswerte, aktive und saubere Stadt war die Rosen- und Hochzeitsstadt in den Augen vieler Menschen. Das jetzige Image sei ein deutliches Gegenteil. „Uetersen hat viel von seinem einstigen Charme verloren“, sagt Schwenn diplomatisch.
Und das wollen beide nun ändern. Uetersens Kaufleute haben in den vergangenen Monaten einen Katalog mit Aktionen erstellt, die aus ihrer Sicht angegangen werden müssten, um die Stadt aufzupolieren. Eigentlich sollte vor Wochen mit der Stadt über die Aufwertungsaktionen gesprochen werden, denn sie sollte einige Arbeiten übernehmen. Doch daraus sei, so Schwenn, nichts geworden. „Die Stadt sagt immer, es geht nicht, weil. Wir haben dann gesagt, wenn die Stadt nicht mitmacht, machen wir es eben alleine“, sagt der 53-jährige Schwenn.
Doch ganz so destruktiv, wie Schwenn es darstellt, sei die Stadt nicht, meint Bürgermeisterin Andrea Hansen. „Wir tolerieren die Aktionen und ich finde es toll, was hier in Eigenregie gemacht wird“, sagt sie. Vieles von dem, was die Bürger nun machen, würde die Stadt gerne selbst in die Hand nehmen, dafür fehle der finanziell angeschlagenen Stadt momentan aber einfach das Geld. „Unser Bauhof kann das nicht leisten, was Herr Schwenn hier macht. So etwas kann hier derzeit nur ehrenamtlich geleistet werden“, sagt sie. Umso höher sei das Engagement von Schwenn, Lavorenz und den Uetersener Kaufleuten einzuschätzen. Außerdem, so Hansen, werde sie von Schwenn im Vorfeld über anstehende Aktionen informiert. Insofern gebe es von Seiten der Stadt auch nichts zu beanstanden. Im Gegenteil: Hansen ermuntert die Bürger mitzumachen, damit die Stadt noch attraktiver werde.
Schwenn hat kürzlich einen Brief an 200 Uetersener Bürger verschickt, in dem diese die aus ihrer Sicht sechs wichtigsten Aufwertungsmaßnahmen ankreuzen können. Dazu gibt es als Dankeschön fürs mitmachen eine Tüte Gummibärchen. „Wir werden die Ergebnisse nun auswerten und dann schrittweise den Katalog abarbeiten“, so Schwenn. Die Liste für mögliche Verschönerungsaktionen ist lang.
Die Aktivisten wollen unter anderem die Brunnen wieder sprudeln lassen, eine funktionierende Weihnachtsbeleuchtung organisieren, mehr WC-Hinweisschilder aufstellen, die Fußgängerzone mit größeren Mülleimern ausstatten und besser reinigen, eine Touristen-Infostation einrichten, einen Fahrradverleih organisieren, Touristenbusse vom Rosarium an den Buttermarkt umlenken, Hundetränkstationen aufbauen, ein Nachtschwimmen im Schwimmbad organisieren, ein Geschäft mit lokalen Delikatessen gründen. Und am Eingangsbereich von Uetersen zwei goldene Ringe oder zwei große Herzen aufstellen, die auf die Hochzeitsstadt hinweisen. Überhaupt: alle Straßen in Uetersen sollen sauberer werden. Und für alle, die sich an den Aktionen mit Spenden beteiligen, soll eine Ehrentafel in der Fußgängerzone aufgestellt werden.
Die meistgenannten sechs Aktionen sollen in einem halben Jahr abgearbeitet sein. Dann würden die nächsten sechs Punkte angegangen. „Das können wir auch schaffen“, sagt Schwenn. Dafür brauchen die Aktiven aber Geld. Weil der Stadt finanziell die Hände gebunden sind und die Kosten für die Verschönerungsaktionen für 2015 voraussichtlich bei 30.000 Euro und mehr liegen werden, wollen Lavorenz und Schwenn Spenden in der Stadt sammeln. In 50 Geschäften in Uetersen sind daher bereits Spendendosen aufgestellt worden, mit denen sich Bürger an der Finanzierung der Maßnahmen beteiligen können, ein Treuhandkonto hat Lavorenz außerdem eingerichtet. Einige Aktionen wollen die Geschäftsleute auch auf eigene Kosten angehen. Das Pressecafé will zum Beispiel öffentliches W-LAN anbieten – eine der aufgelisteten und als überfällig angesehenen Forderungen von Kaufleuten und Bürgern in dem Maßnahmenkatalog.
„Wenn jeder einen Euro hinzugibt, schaffen wir das alles“, glaubt Schwenn. Und Lavorenz ist sich sicher, dass die Stadt langfristig nicht umhin kommen wird, doch bei dem Projekt mitzuziehen. Der bereits erzielte Erfolg, die positive Rückmeldung von Bürgern, das spräche Bände. Selbst wenn es nur ein gemeinsames Müll sammeln sei, an dem sich die Verwaltung freiwillig beteilige – es sei ein klares Signal, dass die Stadtverwaltung mit den Bürgern gemeinsam wieder etwas bewegen wolle. Und es sei ein Zeichen dafür, dass Uetersen aus seinem Dornröschenschlaf aufwacht.
Was halten Sie von der Aktion der Uetersener Geschäftsleute, in Eigenregie ihre Stadt zu verschönern? Und können Sie sich in anderen Städten eine ähnliche Aktion vorstellen? Schreiben Sie Ihre Meinung an pinneberg@abendblatt.de unter dem Stichwort Verschönerungsaktion.